Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters
planmäßig ihre Flughöhe. Die Leuchtschilder über den Sitzen erloschen, hinter dem Vorhang zur Küche hörte er das Klirren des Getränkewagens, zugleich nahm er einen vagen Essensgeruch wahr. Krassners Papiere hatte er in seiner Reisetasche verstaut. Lesen konnte er zu Hause immer noch.
Das muss das gescheiteste Frauenzimmer sein, das mir in meinem ganzen Leben je begegnet ist, dachte Johansson. Ziemlich niedlich ist sie auch, aber trotzdem ist sie mal auf diesen Wirrkopf Krassner reingefallen.
Ich kenn mich mit Frauenzimmern einfach nicht aus, dachte Johansson und seufzte.
XII
Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters
Stockholm, 22. November bis 10. Dezember
Freitag, 22. November
Hedberg war schon sehr früh vor Ort. Er hatte gern Zeit genug, auch wenn es sich, wie in diesem Fall, um eine einfachere Aufgabe handelte. Er und Waltin hatten zusammen zu Mittag gegessen, hatten über Ziel und Begleitumstände diskutiert, Aufgaben verteilt und andere praktische Details geklärt.
»Ich will ganz einfach wissen, was er so treibt«, fasste Waltin die Lage zusammen. »Und wenn du das für mich geklärt hast, soll er nicht erfahren, dass du es getan hast.«
»Er schreibt irgendwas«, sagte Hedberg. »Mehr wissen wir nicht?«
»Vermutlich schreibt er irgendwas, das Ärger machen kann«, sagte Waltin und grinste. »Was gewisse politische Denker für eine mögliche Gefahr für die Sicherheit des Staates halten, was nun wiederum zu deinem und meinem Mitwirken an diesem kleinen Projekt geführt hat.«
»Ja, dann«, sagte Hedberg und stand auf. »Ich lasse von mir hören, so wie ich so weit bin.«
Nach dem Mittagessen war er in die Wohnung zurückgekehrt, die Waltin für ihn besorgt hatte. Es war natürlich viel besser, als in einem Hotel mit vielen Menschen zu wohnen, die einen zur falschen Zeit und am falschen Ort bemerken konnten. Im Hotel bekam man noch dazu eine Rechnung, und wenn man bar bezahlte, konnte man fast sicher sein, dass jemand das komisch finden, Argwohn schöpfen und sich einprägen würde, wie man aussah. Das war fast so gefährlich wie Kreditkarten, die zur reinsten Schnitzeljagd einluden. Aber wer bei Waltin kampierte, bekam nie eine Rechnung, und wenn man im Treppenhaus einem Nachbarn begegnete, dann war das fast schon eine Sensation. Reichlich leer stehende Wohnungen hatte er noch dazu. Hedberg hatte nur selten zweimal am selben Ort wohnen müssen, und der Kühlschrank war immer und überall ganz nach seinem Geschmack gefüllt.
Hedberg hatte zwei Stunden geschlafen. Er ging gern ausgeruht zum Dienst.
Er arbeitete dann einfach präziser. Um sieben Uhr, hatte es geheißen. Dann sollten die Zimmer leer sein, und er würde seinen Auftrag erfüllen können, hoffentlich so schnell wie möglich. Schon um sechs Uhr hatte er sich zum Rekognoszieren eingefunden, und als Erstes sah er den blauen Kastenwagen an einer Stelle, von der aus man den Eingang zum Studentenheim voll im Blick hatte.
Verdammte Amateure, dachte Hedberg gereizt und kehrte zu seinem eigenen Wagen zurück, den er in einiger Entfernung abgestellt hatte. Warum hatten sie sich keinen Unterschlupf besorgt, wo sie sitzen konnten, ohne eine Entdeckung zu riskieren? Er hatte nicht vor, sich fotografieren zu lassen, auch wenn seine ehemaligen Kollegen die Kamera betätigten. Dann erst recht nicht.
*
»Da ist er. Der ist ja verdammt früh dran«, stellte Kriminalassistent Martinsson fest, eine Sekunde, nachdem Krassner mit raschen Schritten das Studentenwohnheim verlassen hatte.
»Achtzehn zweiunddreißig«, stellte Göransson fest und machte eine kleine Notiz auf dem am Armaturenbrett befestigten Block. »Der will wohl einfach nicht zu spät kommen.«
*
»Alles hat doch irgendwie auch sein Gutes«, sagte Hedberg. Zuerst hatte er Krassners Rücken entdeckt, aber da auf der Straße schlechte Lichtverhältnisse herrschten, war er nicht sicher, ob er richtig gesehen hatte. Doch dann war plötzlich der blaue Kastenwagen aufgetaucht und hatte eine neue Position bezogen, knapp hundert Meter hinter dem Mann, der die Straße hinunterlief. Na dann, dachte Hedberg. Keine Rast, keine Ruh.
*
Krassner wollte offenbar zu Fuß in die Sturegatan gehen. Außerdem konnte er sich nicht für eine Straßenseite entscheiden. Und er ging so schnell, dass es keine große Kunst war, ihm aus passender Entfernung zu folgen, obwohl er per Auto beschattet wurde.
»Verdammter Amateur«, schnaubte
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