Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters
Nacht mit diesem Wirrkopf Krassner unterhielt, während Martinsson sich draußen auf der Straße den Schwanz abfror. Außerdem wollte er den Schluss seines Filmes nicht verpassen. Natürlich hatte er ihn schon häufiger gesehen, als er sich überhaupt erinnern konnte, aber er wurde jedes Mal besser und besser. So sei es also, dachte Waltin, schenkte sich noch einen Maltwhisky ein und griff nach der Fernbedienung.
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Sie hatten fast zwei Stunden im Restaurant gesessen, und als sie auf der Straße waren, wollte sie sich verabschieden, wollte sagen, dass sie am nächsten Tag telefonieren könnten, und nach Hause fahren, aber aus irgendeinem Grund kam es dann doch nicht dazu. Stattdessen gingen sie zurück zum Studentenwohnheim, es war ein kurzer Spaziergang, sie hatten sogar einen kleinen Wettlauf gemacht, und als sie das Haus betraten, hatte er sie aus seinen großen Augen und mit seinem sanften Lächeln angesehen und sie zu einem Tee eingeladen. Und sie hatte genickt und war mit ihm zum Fahrstuhl gegangen. Was mach ich denn bloß hier?, überlegte Kriminalassistentin Jeanette Eriksson.
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Wieso erste Stunde?, dachte Martinsson und schielte zu dem in eine Decke gewickelten schnarchenden Bündel hinten im Wagen hinüber. Fast drei Stunden, und während der zwei letzten hatte er wie ein Hund gefroren, obwohl er sich die Beine in eine Decke gewickelt und sich sogar ein paar alte Zeitungen unter den Hintern gestopft hatte, in dem verzweifelten Versuch, die durch den Sitz dringende Kälte zu mildern.
Wie irgendein Scheiß-Penner, dachte Martinsson. Dieser Scheiß-Göransson muss die Konstitution eines Eskimos haben, auch wenn er fast alle Decken im Auto an sich gerissen hatte. Und dieser Scheiß-Junkie, der sich gerade in einer Bonzenwohnung in Östermalm amüsierte. Dem würde er die Arme und Beine ausreißen, sowie er die Nase aus der Tür steckte, und dann … »Scheiße!« Martinsson fluchte laut und hingebungsvoll und drehte zugleich den Zündschlüssel um.
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So wie sie den Korridor betrat, sah sie sie, und in ihrem Kopf gingen sämtliche Alarmglocken los. Was soll das?, dachte sie. Aber glücklicherweise reagierte Daniel sofort, und das gab ihr Zeit zum Überlegen. Es war ein anderer Daniel als der, den sie kannte. Groß, schwarz, bedrohlich, einer, der nicht zurückwich und mit Sicherheit nicht begriff, dass er sich hier der Polizei in den Weg stellte. Verdammt, dachte Kriminalassistentin Jeanette Eriksson, obwohl sie fast nie fluchte, was soll das und was soll ich jetzt tun?
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Der Film war zu Ende. Der Whisky nicht, und es hätte auch noch mehr gegeben, aber danach war Waltin nicht zu Mute. Ein richtig guter Rotwein ist besser, dachte er. Ein milder, samtiger. Man verlor nicht auf dieselbe Weise die Kontrolle, egal, wie betrunken man auch war, aber im Moment hatte er nicht einmal Lust auf Wein. Das Einzige, was er verspürte, war eine leichte Irritation. Vergeudung von Mitteln, dachte Waltin. Jetzt ging es darum, die kleine Jeanette aufzulesen und wichtigere Dinge zu verrichten. Und im selben Moment klingelte das Telefon. Nach zehn, dachte Waltin überrascht, und aus irgendeinem Grund sah er dabei den alten Miesling Forselius vor sich. Wie kann der an meine Privatnummer gekommen sein?, überlegte er sich und nahm den Hörer ab.
»Ja«, sagte Waltin. »Ich höre.«
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»Zum Henker, Martinsson, stell den Motor ab«, sagte Göransson und schob seinen zerzausten Kopf nach vorn. »Wir können hier doch nicht mit laufendem Motor herumstehen, das sollte dir doch klar sein.«
Hoffentlich hast du gut geschlafen, dachte Martinsson, doch ehe er eine richtig tödliche Bemerkung anbringen konnte, wurden sie über Funk angepiepst.
»Ja«, sagte Martinsson und schaltete den Motor aus. »Wir hören.«
»Ihr könnt Feierabend machen, Jungs«, sagte der Kollege per Funk. »Ich hab eben mit dem Alphamännchen gesprochen.«
»Feierabend machen«, sagte Martinsson. Das kann nicht wahr sein, dachte er.
»Genau. Er will, dass ihr aufhört. Und dann will er euch morgen sehen, wann genau, sagt er euch noch.«
Göransson hatte schon die Hand ausgestreckt und den Zündschlüssel umgedreht, obwohl er noch nicht einmal auf den Vordersitz geklettert war.
»Hast du was dagegen zu fahren?«, fragte er.
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»Von wo aus rufst du an?«, fragte Waltin. Jetzt reg dich mal ab, dachte er.
»Von einem Telefon im Foyer des … tja, du weißt«, antwortete Kriminalassistentin
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