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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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Vergünstigungen zu erwirken, wo doch immerhin der Geburtstag des Chefs gefeiert werden sollte. Ehefrauen, Verlobte, Mitbewohnerinnen und ganz normale Freundinnen durften deshalb gratis mitkommen, Blenke selbst wurde die Reedersuite zur Verfügung gestellt, der Preis für Essen und Trinken war gewaltig gedrückt worden, und alles war schon unter Dach und Fach. Mit meiner Frau auf die Finnlandfähre, dachte Wiijnbladh, und die Hoffnungslosigkeit, die ihn plötzlich erfüllte, kannte keine Grenzen.
    Eine Woche zuvor waren sie losgefahren. Die gesamte Abteilung samt Partnerinnen von überaus unterschiedlichem zivilrechtlichen Status sowie dem Geburtstagskind mit Gattin und einem. halben Dutzend ihm nahe stehender Personen, insgesamt waren sie an die sechzig Gäste gewesen, und anfangs war alles nach Programm verlaufen. Zuerst gab es einen Sektempfang, den die Reederei spendiert hatte, einige kürzere Reden und das Überreichen der Geschenke. Blenke hatte sich übrigens sehr über seine Motorsäge gefreut, und so weit war also alles schön und gut gewesen.
    Aber dann war alles wieder so gekommen wie sonst auch. Zuerst hatten die Gäste die Zeit bis zum abendlichen Festmahl frei gestalten können, und allzu viele von ihnen hatten, genau wie Wiijnbladh befürchtet hatte, ihre Zeit auf die übliche Weise verbracht, und das aus den üblichen Gründen. Und als dann die Zeit für das von Wiijnbladh seit Monaten bis ins Detail vorbereitete Festmahl gekommen war, waren alle so laut, dass nur die, die ganz vorne saßen, auch nur ein Wort seiner Rede verstehen konnten. Nach dem Essen war seine Frau verschwunden, wie immer und aus den üblichen Gründen, wie üblich unklar, mit wem und wohin. Und als sie spät in der Nacht in ihre kleine Kabine zurückgekehrt war, hatte er sich schlafend gestellt – wie immer.
    Ich bring sie um, dachte Wiijnbladh, während sie kichernd und beschwipst, stinkend vor Schnaps, Schweiß und Geschlecht, sich auszog, sich in ihre Koje legte, sofort einschlief und bald laut schnarchte. Aber auch er selbst musste irgendwann eingeschlafen sein, denn als er erwachte, lag das Schiff bereits im Hafen. Das verrieten ihm Geräusche und Stimmen und das Wasser, das nicht mehr gegen die Schiffswand schlug.
    Ich muss mal nach dem Wetter sehen, dachte er und zog sich so leise, wie er konnte, an, um sich an Deck zu schleichen. Es war grau und bewölkt und sehr kalt, obwohl Schnee in der Luft lag. Er empfand keine Trauer mehr, sondern nur noch Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung. Ohnmacht natürlich auch, da er einer war, der es nicht einmal schaffte, seine eigene Frau umzubringen. Nicht einmal sie würde er jemals ermorden!
     
    *
     
    Je mehr es auf Weihnachten zuging, umso fester zogen sich die Wolken über Bergs Haupt zusammen. Bei der letzten Besprechung des Jahres – zwischen Weihnachten und Neujahr wurde immer eine Pause eingelegt, da alle ohnehin frei hatten und nie etwas Besonderes passierte – hatte er abermals die Frage nach der persönlichen Sicherheit und dem Sicherheitsbewusstsein des Ministerpräsidenten aufgreifen müssen. Nichtvorhandenes Sicherheitsbewusstsein, dachte Berg, aber das hatte er natürlich nicht gesagt, und zum wievielten Mal er darüber geschwiegen hatte, hatte er glücklicherweise vergessen.
    Die alte Bedrohung gegen den Ministerpräsidenten war noch vorhanden. Außerdem gab es nun neue Bedrohungen und Schreckensszenarien. Die von den Medien hochgekochte Harvardaffäre schien die Besserwisser des Landes in absolute Alarmbereitschaft versetzt zu haben, und nicht ein Tag verging, ohne dass neue Narren gemeldet wurden, die sich dieser Fronde angeschlossen hatten.
    »Ich will ja nicht den Teufel an die Wand malen«, sagte Berg mit unerwarteter Offenherzigkeit, »und ich will keinesfalls behaupten, dass diese Figuren mit dem Schakal oder anderen Berufsterroristen und professionellen Mördern verglichen werden könnten …« Berg legte eine Pause ein, dann fügte er hinzu: »Aber wir dürfen doch nicht vergessen, dass die meisten Attentate gegen hochrangige Politiker und ähnliche Personen normalerweise vom so genannten Durchschnittsirren ausgeführt werden. Von einem einfachen Mann, der mit einfachen Mitteln arbeitet und der leider unangenehme Ergebnisse erzielen kann.«
    »Ich habe erfahren, dass mein verehrter Chef an den Feiertagen keinerlei Bewachung haben will«, sagte der Sonderbeauftragte hinter halb gesenkten Augenlidern und mit seinem üblichen spöttischen Lächeln.
    »Ja«,

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