Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters
tränenblanken Augen die Decke an, und seine Hände umklammerten die Decke, als habe er mit dem Fall eigentlich nichts zu tun und sei nur ein ganz normaler Psychoheini in einem großen Haufen von Unschuldigen.
Das wird klasse, dachte Bäckström entzückt. Schaltete das Tonbandgerät ein, sagte den üblichen einleitenden Spruch auf und musterte den Kanaken freundlich, während er ihm das mitgebrachte Foto vor die Nase hielt.
»Ich kann ja verstehen, dass es dir nicht so gut geht«, sagte Bäckström begütigend und klopfte ihm auf die Schulter. »Aber ich glaube, dass du dich sehr viel besser fühlen wirst, wenn du erst einmal dein Herz erleichtert hast.«
Es war kein schlechtes Foto, es war natürlich eine Farbaufnahme, und alle Details waren klar zu sehen, und es tat dann auch wunderbar seine Wirkung. Die zweijährige Tochter hatte offenbar geschlafen, als der kleine Kanakenpaps hereingekommen war, um ihr noch einmal richtig gute Nacht zu sagen. Sie trug einen weißen Schlafanzug mit großen Schweinchen-Schlau-Figuren, und einem anderen Foto zufolge, das Bäckström am Tatort in einem Album gesehen hatte, war sie richtig niedlich gewesen, wie kleine Kanakenkinder das eben so sind.
Jetzt sah sie nicht mehr so niedlich aus. Ihr liebender Vater hatte offenbar den Lauf seines Elchstutzens durch die Gitterstäbe ihres Bettchens geschoben, die Mündung an ihren Schädel gehalten und abgedrückt. Die Kugel war durch ihren Körper nach unten gejagt worden und am Bauch wieder ausgetreten. Unterwegs hatte sie das gesamte Dünndarmpaket mitgenommen, das wie ein dekoratives blassrosa Knäuel auf ihrem Schlafanzug lag und mindestens anderthalb Schweinchen Schlaus verdeckte. Es war kein schlechtes Foto, wie gesagt, und der Kanake hatte nur ein braunes Ziegenauge darauf richten müssen, um dermaßen ansprechbar zu werden, dass man eigentlich diesen Scheißarzt wegen seiner unhaltbaren Diagnose hätte anzeigen müssen.
Sein Mundwerk hatte wie eine Nähmaschine losgerattert, während Tränen und Schweiß nur so strömten. Er sprach natürlich mieses Schwedisch, über lange Strecken hinweg war er total unbegreiflich, und anfangs hatte er natürlich alle Schuld auf seine Frau schieben wollen, aber Bäckström hatte sein Ziel doch erreicht. Er hatte sich am Tonbandgerät zwar abmühen müssen wie ein Galeerensklave, wenn er sein Verhörsobjekt gerade nicht im Bett hatte festhalten müssen, wo der Kanake doch liegen musste, wenn er wieder gesund werden wollte. Es hatte nur eine Stunde gedauert, alle Details aus ihm herauszuholen. Danach hatte die Schwester hereinkommen dürfen, um dem Arsch zur Belohnung eine dicke Spritze zu verpassen, und als Bäckström gegangen war, hatte er ihm natürlich noch ein paar Worte mit auf den Weg gegeben.
»Ich bin sicher, dass es dir viel besser gehen wird, jetzt, wo du dich ausgesprochen hast«, sagte er freundlich, streichelte den Arm des anderen und lächelte die Krankenschwester traurig an. Ach, ach, wie Leid mussten manche Leute einem doch tun!
Sie hatte ihm offenbar die richtige Menge verpasst, denn als Bäckström ging, starrte der Kanake wieder nur die Decke an. Wie eine Stunde zuvor.
Aber Undank ist der Welten Lohn. Am folgenden Tag war Vollsuff in Bäckströms Zimmer gestürzt und hatte rumgeschrien und sich nicht im Geringsten dankbar gezeigt. Der Kanake hatte nachts, nachdem Bäckström gegangen war, offenbar Selbstmord begangen, obwohl er ja wirklich jede Möglichkeit gehabt hatte, sein bedrücktes Herz zu erleichtern. Also musste Bäckström nun doch Wochenenddienst schieben, und wenn er daran dachte, wie leer seine Kasse nach den Saufereien der letzten Tage war, dann blieb ihm keine andere Wahl, als sich über Weihnachten und Neujahr auf der Wache den Hintern platt zu sitzen. Was für eine Scheißwelt, dachte Bäckström düster. Was für Scheißmenschen es doch gibt, und was für ein Scheißleben sie haben.
Wiijnbladh war schwer beschäftigt gewesen, er hatte dem Festkomitee vorgestanden, und als er nun so langsam alle Einzelheiten in den Griff bekam, hatte dieser fette Großkotz Bäckström angerufen und davon gefaselt, dass er Hilfe bei einem Doppelmord brauchte. Nett, wie er war, war Wiijnbladh natürlich eingesprungen, obwohl er wichtigere Dinge auf dem Programm hatte. Es handelte sich um eine tragische Familiengeschichte. Ein Ehepaar war in Streit geraten, der Mann hatte offenbar eine neue Frau gefunden und wollte sich scheiden lassen, und in ihrem verstörten und
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