Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters
sagte Berg mitfühlend.
»Was heißt schon leicht«, sagte der Sonderbeauftragte vage. »Wer hat schon behauptet, dass man es leicht haben soll, verdammt noch mal.«
Ia, wer hat das behauptet?, dachte Berg und schielte diskret auf seine Armbanduhr.
»Aber um das Thema zu wechseln«, sagte jetzt der Sonderbeauftragte. »Dieser Waltin, der macht mir wirklich Sorgen.«
Und jetzt sah er aus wie immer, wenn auch ohne die mindeste Andeutung eines Lächelns.
An Gründen zu der Unruhe, die der Sonderbeauftragte nicht zum ersten Mal zum Ausdruck brachte, gab es vier. Da war erstens Waltin als Mensch. Einfach und zusammenfassend, ohne ihm begegnet zu sein, ohne genauer sagen zu können, warum oder wer ihn dazu veranlasst hatte, so hatte er kein Vertrauen zu Waltin.
»Ich verstehe, was du meinst«, sagte Berg und stellte fest, dass er sich vager anhörte, als gut war.
Musste jemand wie er denn seinen engsten Mitarbeiter nicht verteidigen?
»Waltin ist ja nicht gerade ein typischer Polizist, wenn man das mal so sagen darf«, fügte er hinzu.
»Schön zu hören«, grunzte der Sonderbeauftragte.
»Aber ich kann doch immerhin sagen«, erklärte Berg, und damit erfüllte er wohl seine Fürsorge als Chef, »dass ich in all den Jahren unserer Zusammenarbeit noch nie einen Grund gehabt habe, ihn wegen seiner Dienstauffassung auf irgendeine Weise zu kritisieren.«
»Denk noch mal nach«, sagte der Sonderbeauftragte.
Der zweite Grund bezog sich auf die so genannte externe Tätigkeit. Der Sonderbeauftragte hatte darüber nachgedacht und war zu dem Schluss gekommen, dass es keine gute Lösung für die an sich ganz legitime Forderung der Sicherheitspolizei war, ihre eigenen Aktionen zu kontrollieren. Ob der Chef dieser Tätigkeit ein guter oder schlechter Mensch war, war im Grunde eigentlich weniger interessant, doch wenn es um Waltin ging, dann konnte das schiefgehen.
»Du würdest das nicht gern ein wenig genauer sagen?«, hakte Berg nach und gab sich Mühe, seine Stimme ganz neutral klingen zu lassen.
»Ich dachte, das könnten wir nach Neujahr besprechen«, sagte der Sonderbeauftragte. »Und das denke ich eigentlich immer noch.«
Das denkst du also, dachte Berg, den plötzlich eine altbekannte Müdigkeit überfiel.
Der dritte Grund hatte mit der Krassner-Affäre zu tun. Egal, ob Krassner nun Selbstmord begangen hatte – als alter Mathematiker wusste der Sonderbeauftragte nur zu gut, dass der Zufall bisweilen eine absolut unerwartete Ernte einfahren kann –, so war es doch eine Geschichte, die ihn mit Verwunderung und bösen Vorahnungen erfüllte. In Krassners nachgelassenen Papieren stand ja nur verwirrter Unfug, aber ganz abgesehen davon, dass er wohl kaum ein angehender Pulitzerpreisträger gewesen war, wies doch wohl nichts in seiner Geschichte darauf hin, dass er dermaßen verwirrt und untauglich gewesen sein könnte? Und wo fanden sich übrigens Spuren seines Onkels, der viele Jahre hindurch beim amerikanischen Nachrichtendienst eine wichtige Position bekleidet hatte? Und das noch dazu an der Botschaft in Stockholm. Denn die hatte er ja unleugbar eingenommen, auch wenn er in Krassners hinterlassenen Papieren vor allem durch Abwesenheit glänzte.
»Keine Spur von dem alten Arsch. Nirgendwo«, sagte der Sonderbeauftragte gefühlvoll.
»Es besteht leider die Gefahr, dass er Unterlagen seines Onkels irgendwo anders aufbewahrt hat«, gab Berg zu, der auch schon über diese Frage nachgedacht hatte. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie sich noch in den Staaten befinden.«
»Es besteht nicht die Gefahr, dass sie unterwegs verschwunden sein könnten?« Der Sonderbeauftragte musterte ihn mit ernster Miene.
»Das glaube ich wirklich nicht«, sagte Berg mit einem gewissen Nachdruck. »Auch wenn ich jetzt in eigener Sache spreche, so glaube ich das nicht. Wir achten auf diese Details immer sehr.«
»Hm«, sagte der Sonderbeauftragte und schien angestrengt nachzudenken.
Der vierte Grund hatte mit einer wenig erfreulichen Geschichte zu tun, und wenn sie zutraf, dann hatte Berg an seinem Busen eine Natter genährt.
Glücklicherweise war die Geschichte zugleich so konkret, dass man sie mühelos überprüfen können sollte. Wenn etwas dran war, dann waren Waltins Tage zumindest bei ihm gezählt. Die einzige Frage, die dann noch blieb, war, was in dem Fall von allen übrigen zu halten war.
»Du willst nicht verraten, woher deine Informationen stammen?«, fragte Berg.
»Ich will einen Mann von deinen intellektuellen
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