Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters
verworrenen Zustand hatte die Frau sich seinen Elchsstutzen geschnappt, war in den ersten Stock gegangen und hatte zuerst ihre kleine Tochter und dann sich selbst erschossen. Normalerweise war es ja umgekehrt, ja, da brachte der Ehemann Frau und Kinder um, aber Wiijnbladh fand ja doch, dass die technischen Spuren ihre deutliche Sprache sprachen, auch wenn Bäckström sich auf diesem Ohr taub stellte. Und da er weder Zeit noch Lust hatte, um den Tag mit Diskussionen zu vergeuden, begnügte er sich damit, sich um seine Arbeit zu kümmern, um sich dann seiner eigentlichen Aufgabe zu widmen, den Feiern zum sechzigsten Geburtstag des Chefs.
Der Chef, der Holger Blenke hieß, war in der Kriminaltechnik sozusagen legendär. Er hatte als Offizier bei der Kavallerie angefangen, das war gegen Ende des Zweiten Weltkriegs gewesen, aber gleich nach Kriegsende hatte er sich dann bei der Polizei beworben. Er hatte sich in der Streife hochgedient wie alle anderen, aber endlich war er dann doch bei der Spurensicherung gelandet, denn er war ein geschickter Mensch, der nicht nur mit Pferden gut umgehen konnte, sondern der ganz allgemein gern mit allerlei Details herumpusselte.
Blenke hatte schon zur Zeit des alten Chefs hier gearbeitet, als die technische Abteilung gegründet worden war, er hatte sich bei dem Alten die ersten Sporen verdient. Man könnte schon sagen, dass es der alte Chef war, der das Terrain urbar gemacht hatte, während Blenke danach die vom Chef umgegrabenen forensischen Schollen verwaltete, dachte Wiijnbladh und notierte diese geniale Formulierung sofort auf seinem Zettel. Denn mitten in allem anderen musste er ja auch noch die Rede zu Ehren des Chefs halten. Leider war der Lebensabend des alten Chefs nicht so harmonisch verlaufen. Im Gegenteil, alles wies darauf hin, dass er im Suff und absolut vorsätzlich im Zusammenhang mit einem ganz alltäglichen Einbruch seinen ältesten Sohn umgebracht hatte, doch da Blenke die Untersuchung vor Ort geleitet hatte, hatte die Sache sich am Ende dann doch in Wohlgefallen aufgelöst. Die Sache war als Unfall abgeschrieben worden, und solche Einsätze zeigten natürlich ganz klar, dass Blenke der selbstverständliche Nachfolger des Alten war. Aber es war natürlich ganz und gar unmöglich, in einer Geburtstagsrede solche wenig launigen Details zur Sprache zu bringen, und Wiijnbladh hatte schon längst beschlossen, sich auf die allgemeineren Ereignisse in der Geschichte der Abteilung zu beschränken. Die waren ja schließlich grundsätzlich interessant, während es sich bei den anderen nur um ganz normalen Klatsch handelte.
Die Vorbereitungen für den großen Tag waren leider nicht ganz reibungslos verlaufen. Unterschiedliche Auffassungen und gegensätzliche Wünsche hatten allenthalben ihren Tribut in Form von Kompromissen gefordert, und zwischendurch hatte Wiijnbladh alles diplomatische Geschick aufbieten müssen, das er überhaupt nur besaß, damit es überhaupt weiterging. Zuerst hatten sie sich wegen des Geschenks gestritten, für das gesammelt werden sollte. Olsson, der sich keine Gelegenheit zum Stänkern entgehen ließ, hatte vorgeschlagen, zu Ehren des Chefs ein Reisestipendium einzurichten, aber beim Gedanken an den möglichen Betrag war diese Idee einfach nur albern. Das Geld würde höchstens für einen Tag in Växjö oder Hudvall reichen, abgesehen davon, dass man an diesen Orten wohl kaum kriminaltechnische Kenntnisse erwerben konnte.
Deshalb hatte Wiijnbladh betont, dass in solchen Fällen selbstverständlich ein persönliches Geschenk angesagt sei und dass es da nur natürlich sei, sich an den Interessen und Hobbys des Chefs zu orientieren. Weshalb man sich zu guter Letzt für eine Motorsäge entschieden hatte. Der Chef besaß nämlich ein kleines Sommerhaus auf Muskö im Süden Stockholms, und in seiner Freizeit fällte er auf seinem Grundstück Bäume.
Danach hatten sie sich an die Planung des eigentlichen Festes gemacht, und nun waren die Mitglieder des Festkomitees erst richtig aneinander geraten. Zuerst hatte Olsson, der sich immer treu blieb, die höchst seltsame Idee entwickelt, man solle den ganzen Tag mit Vorträgen und Diskussionen verbringen, bei denen kriminaltechnische Probleme und Methoden zur Sprache gebracht wurden, aber ein ansonsten einstimmiges Festkomitee hatte ihn glücklicherweise augenblicklich überstimmt, auch wenn der eine oder andere – im Hinblick auf den Zusammenhang – sich nicht so ganz glücklich ausgedrückt hatte.
»Der
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