Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters
wohl vor allem als Reisegesellschaft fungiert, sollte also einer von Bergs Mitarbeitern, wenn auch einer, der in Bergs hoher Pyramide ganz unten angesiedelt war, im Zusammenhang mit einem Einsatz ein Postamt ausgeraubt haben. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, hatte er danach angeblich seine Spuren durch den Mord an zwei Zeugen vertuscht, die ihn erkannt hatten.
Kurz gesagt, es war eine absolut haarsträubende Geschichte, und wie Johansson, der doch nicht grundlos als »echter Polizist« bekannt war, überhaupt in dermaßen unkollegialen Bahnen denken konnte, war das pure Mysterium. Möglicherweise spielte auch hier seine Fähigkeit mit, um die Ecke zu schauen. Aber egal, leider wies allerlei darauf hin, dass er im Grunde Recht gehabt hatte. Das musste sogar Berg zugeben, obwohl ihn das noch immer jedes Mal schmerzte, wenn er daran dachte. Die Ermittlungen waren sehr bald eingestellt worden, der besagte Kollege war nicht einmal vernommen worden und hatte auch nichts von dem gegen ihn gerichteten Verdacht erfahren. Er war auch nicht gefeuert worden, wie immer das auch möglich gewesen war, aber nach einigen weiteren Jahren war er aus freien Stücken aus der Truppe ausgeschieden, und statt in den offenen Einsatz zurückzukehren, hatte er bei der Polizei gekündigt. Was danach aus ihm geworden war, wollte Berg lieber nicht wissen.
Seine eigene Rolle in diesem traurigen Drama war keine, auf die er stolz gewesen wäre, aber er hatte sie doch für seinen Bereich vorteilhaft nutzen und damit die Katastrophe verhindern können, die eingetreten wäre, wenn sie Johansson seinen Willen gelassen hätten. Eigentlich ging es ja auch um viel wichtigere Dinge als einen Polizisten, der niemals hätte Polizist werden dürfen. Es ging um die große Welt, die Berg beschützen sollte, und dafür konnte der Preis niemals zu hoch sein, egal, was passierte. Aber dennoch, der einzige, der mit intakter Ehre aus der Sache herausgekommen war, war Johansson, und das, obwohl ihm doch, wenn man objektive und juristische Maßstäbe anlegte, alles ganz und gar fehlgeschlagen war.
In den folgenden Jahren hatte Berg sich oft Sorgen um Johansson gemacht. Würde der jetzt wie ein tollwütiger Hund durch die Gegend rennen und allen seine Geschichte erzählen, ob sie nun zuhören mochten oder nicht? Würde er, wie so viele Kollegen vor und nach ihm und ganz egal, ob sie im Recht oder im Unrecht waren, die Medien um Hilfe bitten?
Johansson hatte sich genau als der erwiesen, der er nun einmal war, als echter Polizist. Er hatte nie auch nur ein Wort über die Angelegenheit verloren. Er hatte den Mund gehalten und weitergemacht, als ob nichts geschehen wäre. Er hatte in der Organisation Karriere gemacht, die ihn im Stich gelassen hatte. Seine Karriere konnte sich durchaus sehen lassen, und die Art, wie er sie angegangen war, passte sehr gut zu dem Ruf, der ihm schon immer angehangen hatte. Man mochte über Lars Martin Johansson aus Näsäker denken, wie man wollte, aber niemand würde auch nur auf den Gedanken kommen, er sei kein »echter Polizist«. Und es gab viele, die auf schmerzhafte Weise zu dieser Erkenntnis gelangt waren.
Und niemals würde Berg so denken, denn auch er war ein »richtiger Polizist«. Zumindest war er einer gewesen, bis die Bürokratie, die er nun leiten sollte, angefangen hatte, ihn von innen heraus aufzuzehren. Er hatte sich in Bezug auf Johansson alle Mühe gegeben, so weit das im Verborgenen eben möglich gewesen war. Er hatte versucht, zu Johanssons heimlichem Mentor zu werden, seinem »Rabbi«, seinem »Padre«, seinem »Paten«, wie die ausländischen Kollegen solche Beziehungen nannten. Warum gibt es auf Schwedisch eigentlich kein passendes Wort dafür?, überlegte Berg. Weil das Ganze natürlich unschwedisch war und auf jeden Fall nichts, worüber laut gesprochen wurde. Vor allem nicht in solchen Zeiten.
Aber bei Waltin war alles viel einfacher, denn was immer er nun sein mochte, ein »echter Polizist« war er nicht. Berg und Waltin hatten ebenfalls eine gemeinsame Geschichte. Die reichte sogar noch weiter zurück als seine einseitig verborgenen Kontakte zu Johansson. In letzter Zeit hatten sie sich nun leider zum Negativen hin entwickelt, und schon am Tag nach seinem Treffen mit Persson beschloss Berg, es sei nun höchste Zeit, etwas dagegen zu unternehmen. Es ging ja schließlich auf Weihnachten zu.
»Ja, ja, hier sitzen wir wie zwei Vögelchen auf einem Zweig«, sagte Waltin und lächelte verbindlich,
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