Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters
sitzt ja schließlich nur aus purem Zufall hier. Das hast du selbst gesagt.«
Johansson nickte und versuchte so auszusehen, als gelte das Nicken ihr. Dann lächelte er.
»Du willst nicht zufällig Polizistin werden?«, fragte er.
»Nein, dazu hatte ich noch nie Lust«, sagte sie und lächelte auch.
»Ich danke dir sehr für deine Hilfe«, sagte Johansson.
»Das war doch kaum der Rede wert«, sagte sie. »Ruf einfach an, wenn du noch Probleme hast.«
Führe mich nicht in Versuchung, dachte Johansson und fühlte sich plötzlich ziemlich elend.
Was für ein Durcheinander, dachte Johansson. Was soll das alles eigentlich? Zuerst hatte er auf der Wache in Östermalm vorbeigeschaut und Jarnebrings Fotos zurückgebracht. Jarnebring war nicht im Haus, was ihm Zeit und Erklärungen ersparte. Danach war er ins Büro gefahren, und nun saß er in Gedanken versunken hinter seinem Schreibtisch. Was verbindet mich mit dem nunmehr heimgegangenen John Krassner und der hoffentlich noch unter uns weilenden Sarah Weissman?, überlegte er. Krassner und Weissman, beide aus den USA, über die er ansonsten nicht viel mehr wusste, als dass Ersterer tot war und sich vermutlich durch einen Sprung aus seiner Studentenbude das Leben genommen hatte. Und was weiß ich eigentlich über mich selbst?, fragte Johansson sich düster. Wenn ich mal ehrlich bin. Wiklander, dachte Johansson.
»Kannst du mir Wiklander besorgen«, bat Johansson per Haustelefon seine Sekretärin, obwohl sie nur fünf Meter von ihm entfernt im Nachbarzimmer saß. Hab heute keine Lust, durch die Gegend zu rennen, dachte Johansson.
Wiklander war mager und dunkel, groß und durchtrainiert und zehn Jahre jünger als Johansson. Er arbeitete in der Ermittlungsabteilung des Landeskriminalamts und war ein außerordentlich fähiger Polizist. Sollte es jemals aktuell werden, der Verschwiegenheit ein Gesicht zu schenken – was wohl kaum vorstellbar ist, weil es ein Widerspruch in sich wäre dann hätte Wiklander gute Chancen. Jetzt stand er in Johanssons Zimmer und nahm Witterung auf wie ein Suchhund, kurz bevor er von der Leine gelassen wird.
»Was kann ich für den Chef tun?«, fragte Wiklander.
»Eine Telefonnummer herausfinden und feststellen, ob die Adresse stimmt«, sagte Johansson und reichte ihm einen handgeschriebenen Zettel.
»Sarah Weissman«, sagte Wiklander. »Adresse überprüfen und ihre Telefonnummer feststellen. Aber sicher doch«, sagte er und hörte sich fast ein wenig pikiert an. »Sonst nichts?«
»Doch«, sagte Johansson. »Du brauchst nicht so ein saures Gesicht zu machen. Und sorg dafür, dass kein Arsch von dieser Recherche erfährt.«
»Du sprichst von unseren lieben Kollegen«, sagte Wiklander, der wirklich kein Dummkopf war.
»Genau«, sagte Johansson. »Und das sogar in globaler Bedeutung. Und auch sonst keiner.«
»Aber sicher doch«, sagte Wiklander. »Wenn sie überhaupt eine Telefonnummer hat, dann kriegst du sie.«
»Hervorragend«, sagte Johansson.
Eine Viertelstunde später brachte er die ersehnte Telefonnummer. Sie stand auf demselben Zettel, den er von Johansson bekommen hatte, und so, wie Johansson Wiklander kannte, war das auch das Einzige, was es über diese Sache schriftlich gab.
»Das ging aber schnell«, sagte Johansson.
»Aber, aber«, sagte Wiklander verschämt. »Das ist ihre Nummer, und sie stimmt mit der Adresse überein.«
»Erzähl«, sagte Johansson neugierig. »Wie hast du das gemacht?« Er hielt mit fragendem Lächeln seine Armbanduhr hoch.
»Das hab ich vergessen«, sagte Wiklander. »Weiß wirklich nicht, wovon der Chef redet.«
Es wäre das Einfachste, sie anzurufen. Johansson starrte seinen Zettel mit düsterer Miene an. Wie spät mag es dort jetzt wohl sein?, überlegte er. Er schaute auf seine Armbanduhr. Fast zwölf, macht da drüben sechs, dachte er. Wäre vielleicht nicht so günstig, dachte Johansson. Und am nächsten Tag würde er ja sowieso in die USA reisen.
Die Welt wimmelt nur so von seltsamen Zufällen, dachte Johansson und seufzte tief.
Johansson hatte sie nicht angerufen. Dagegen rief Jarnebring abends bei ihm zu Hause an.
Er klang fröhlich und wollte wissen, ob es etwas Neues gäbe.
»Wie viele sollen wir festnehmen und brauchen wir Hilfe vom Einsatzkommando?«, fragte er und lachte schallend dabei.
»Aber, aber«, sagte Johansson. »Ich bin bei Vindeln vorbeigefahren und habe mit ihm geredet, aber der hatte nichts zu bieten.«
»Was du nicht sagst«, erklärte Jarnebring mit gespielter
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