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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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allerlei Vorkehrungen getroffen. Als Schutzschild für ihre Tätigkeiten hatten sie eine private Beratungsfirma im Managementsektor aufgebaut, sie hatten ein Büro in der Stadt, und niemand von den dort Arbeitenden konnte zu den schon damals geheimen Angestellten- und Gehaltslisten der Sicherheitspolizei zurückverfolgt werden.
    Die Kontakte zur Mutterorganisation, die sie überwachen und beschützen sollten, waren natürlich von aller vorstellbaren Geheimhaltung umgeben. Es war eine besondere Gruppe innerhalb der größeren Organisation gebildet worden, die Gruppe für Organisationsschutz, und auf dieser Basis war dann ein Netzwerk aus Gewährsleuten entstanden, das alle Tätigkeitsbereiche abdecken sollte, während zugleich die meisten dieser Gewährsleute hoffentlich nicht wussten, dass sie nunmehr eine doppelte Funktion bekleideten und nicht nur ihre Arbeit verrichteten, sondern auch durch tägliche Rapporte und kontinuierlich geführte Tagebücher, in denen Daten und interne wie externe Kontakte verzeichnet waren, erzählten, was sie und ihre Kollegen taten. Die Gewerkschaft hatte natürlich Einwände gehabt, aber da die Gewerkschaft der Sicherheitspolizei nur ein bleicher Schatten der normalen Polizeigewerkschaft war und da sie wie üblich keine Ahnung gehabt hatte, worum es hier überhaupt ging, war alles nach Plan verlaufen.
    Die externe Gruppe existierte natürlich immer noch, und zwar mehr oder weniger in derselben Form wie anfangs. Ihr Zufluss an Informationen war ebenfalls kräftig angewachsen, aber das hatte seinen Preis gehabt, und der bestand darin, dass jetzt weitere Personen innerhalb der Mutterorganisation von ihrer Existenz wussten. Insgesamt stellte dieser Prozess eine gute Illustration des klassischen Dilemmas jeglicher polizeilichen Sicherheitsarbeit dar. Im Grunde ging es darum, ein Puzzlespiel zu legen, und es muss wohl kaum gesagt werden, dass diese Aufgabe dadurch erleichtert wurde, dass die mit dieser Aufgabe Betrauten Zugriff auf sämtliche Teile hatten. Als Methode war das natürlich eine Katastrophe, wenn man die Puzzelei an sich und zugleich das fertige Bild so vielen wie möglich vorenthalten wollte. Ganz egal, auf welcher Seite sie standen.
    Die wenigen, die von diesen Vorgängen wussten, wussten auch, dass die ganze Konstruktion auf eine Idee des Büroleiters Berg zurückging. Berg war Chef des operativen Büros, hatte aber nie ein Wort über seine Rolle als Urheber verloren, was von seinen Auftraggebern als gutes Zeichen für Diskretion und persönliche Bescheidenheit gedeutet wurde. Berg selbst wusste es besser, schließlich hatte er das ganze Konzept vom bundesdeutschen Sicherheitsdienst übernommen, und zwar bis ins Detail hinein, denn die deutschen Kollegen verfügten über eine lange Tradition in Bezug auf eben diese sicherheitspolitische Arbeit.
    Durch seine historischen Kenntnisse und durch alles, was er über die Arbeit von ausländischen Sicherheitsorganen wusste, hatte Berg auch eine Strategie dafür entwickelt, wie er seine neue Gruppe vergrößern und entwickeln konnte. Sein eigentliches Ziel war ein geheimes Büro oder vielleicht sogar eine eigene geheime Organisation für Verfassungsschutz, die nicht nur die Sicherheitspolizei überwachte und kontrollierte, sondern auch die so genannte offene Tätigkeit innerhalb der Polizei, dazu natürlich das Militär und jede andere staatliche Behörde, private Organisation oder Gruppe, deren Aktionen die höchste politische Macht bedrohen oder beschädigen konnten. Diese Aufgabe bildete ja schließlich den Ursprung aller staatlichen Sicherheitsdienste, war der eigentliche, alles andere überschattende Auftrag. Verfassungsschutz, dachte Berg. Eine hervorragende Bezeichnung, wenn man äußerst behutsam vorgehen musste, wollte man seine Tätigkeit einer Umgebung beschreiben, die zumeist keine Ahnung hatte, sich feindselig gab und jede Chance nutzte, um die Hüter der Demokratie als deren Feinde darzustellen.
    Die schwedische Sicherheitspolizei war, anders als ihre Schwesterorganisationen in West wie in Ost, eine Organisation, die fast nur aus Polizisten bestand. Die schwedische Sicherheitspolizei besaß keinerlei intellektuelle oder akademische Tradition, und Berg vertrat die absolute Überzeugung, dass das auch ihre große Stärke ausmachte. Keine Oberklasseschwuchteln aus Oxford oder Cambridge, die die ganze Nation für eine Nummer in einer schäbigen Absteige in einem Drittland an den Feind verhökern konnten, keine überspannten

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