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Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters

Titel: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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Politiker, wenn es darum ging, sich finanzielle Mittel zu verschaffen. Hier können wir von den Deutschen noch viel lernen, dachte Berg, der sich genau darüber informiert hatte, wie dort mit dem Erbe der heimischen Terroristen gewuchert wurde. Wir haben das noch nicht so gut im Griff, dachte er. Und zu Beginn der achtziger Jahre war deshalb die nächste Organisationsveränderung angesagt.
    Zuerst hatten sie den hauseigenen Teil der Organisation in »Sektion für Werkschutz« umbenannt. Einerseits, weil sich das besser anhörte, ein wenig diffuser, ein wenig breiter, ein wenig schwedischer ganz einfach, andererseits, weil die Arbeitsbelastung gewaltig zugenommen und man unter anderem eine besondere Gruppe eingerichtet hatte, die alle Informationen untersuchen und auf den Punkt bringen sollte, die innerhalb der umfassenden Organisation gesammelt wurden. Keine Möglichkeit durfte auf der Jagd nach neuen Mitteln außer Acht gelassen werden. Das hatte Berg betont, ehe der Startschuss gegeben worden war. Auch, wenn er sich etwas anders ausgedrückt hatte.
    Die externe Gruppe hatten sie behalten. Sie war zwar dermaßen angewachsen, dass sie eine weitere Deckorganisation hatten aufbauen müssen, was seinerseits nun wieder zu Führungs- und Koordinierungsproblemen führte, die im Rahmen einer Stiftung gelöst worden waren, aber die grundlegende Strategie, wie der Aufbau der Arbeit, war dieselbe wie früher.
    Die spezielle »Schreckensszenariogruppe«, die er eingerichtet hatte, Berg dachte oft und voller Stolz an diese Gruppe als an seine eigene Marketingabteilung, hatte ebenfalls einen überaus erfolgreichen Start hingelegt. Zuerst hatten sie sich der Lage auf dem Balkan gewidmet. Seit Anfang der siebziger Jahre war Jugoslawien eine Quelle der Freude für die schwedische Sicherheitspolizei gewesen. Kroatische Extremisten hatten den serbischen Botschafter der Republik erschossen, und danach hatten ihre Genossen sie durch eine Flugzeugentführung hinter den schwedischen Gardinen hervorgeholt, und ganz zum Schluss hatte die schwedische Sicherheitspolizei umfassende Mittel für die Bekämpfung des neuen Terrorismus zur Verfügung gestellt bekommen.
    Aber die Jugoslawen hatten ihnen auch in anderer Hinsicht manchen Gefallen getan. Der Strom der politischen Flüchtlinge war immer größer geworden, und unter denen, die nach Schweden kamen, gab es starke politische Gegensätze und einen netten Einschlag aus normalen Gaunern, die gerne die Nächte durchmachten und in ihren verräucherten Klubs konspirierten. Die für Überwachung, Lauschangriffe und Dolmetscher benötigten Mittel waren vervielfacht worden. Allein die Kosten für die Dolmetscher waren in weniger als fünf Jahren um mehr als zweitausend Prozent gestiegen.
    Aber dann schien die Luft aus der Sache entwichen zu sein, und in düsteren Augenblicken dachte Berg, dass sie die gute schwedische Stubenwärme wohl nicht überlebt hatten. Die Terrorakte, mit denen sie in ihren Prognosen gewinkt hatten, waren ganz einfach ausgeblieben, und während die Jahre vergingen und die Mittel immer weiter stiegen, hatte sich die Gegenseite einfach geweigert, die vielen Gräueltaten zu begehen, die die Sicherheitspolizei ihren politischen Auftraggebern versprochen hatte. Illegale Clubs, grobe Überfälle und die eine oder andere blutige Abrechnung zwischen jugoslawischen Banden waren ja gut und schön, aber in Bergs Zusammenhang reichten sie einfach nicht aus. Die Politiker quengelten schon, und unter den Kollegen in der Arbeit vor Ort machten sich immer mehr und immer lauter werdende Stimmen bemerkbar, die in vollem Ernst behaupteten, die Jugoslawen fielen jetzt in ihr Ressort, und die Sicherheitspolizei solle sich eine andere Beschäftigung suchen.
    Die Lage war nicht gut, die Entwicklung noch schlimmer, und genau in diesem Moment hatte seine neu gebildete Schreckensszenariogruppe »Gruppe für Analyse und Informationsmarketing« sich eingeschaltet und die gesamte Balkanproblematik an sich gerissen. Sie hatten die passenden Teile von vielen alten strategischen Analysen zusammengefügt, die man dem schwedischen militärischen Sicherheitsdienst und dessen ausländischen Kollegen verdankte, da diese seit Jahren den Zerfall der jugoslawischen Republik und ein darauf folgendes totales Chaos auf dem Balkan und auch sonst in Europa verhießen, und mit diesen einfachen Mitteln war ein Bericht mit einem für die Hüter der Nation beunruhigendem Inhalt entstanden, der absolut geheim gehalten wurde,

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