Zwischen Diesseits und Jenseits
schwang.
Für einen Moment sah er recht klein aus. Dann aber streckte er die Schwingen zu den Seiten hin weg, und Father Ignatius wusste nun, dass sich Bruder Pasquale nicht getäuscht hatte.
Aus dem Schatten war tatsächlich eine gewaltige Fledermaus geworden!
***
Er hatte sich darauf einstellen können. Aber es war schon etwas anderes, sie so plötzlich vor sich zu sehen. Sie wirkte tatsächlich wie ein Rochen, der sein Reich unter Wasser verloren hatte, um in den Himmel zu steigen.
Für ihn war er ein mächtiges Untier, das sich durch die Luft schwang und nach einem Ziel suchte. Zwischen den mächtigen Schwingen entdeckte er den recht kleinen Kopf mit Augen, die in einem tiefen Rot glühten.
Noch schwang die Fledermaus über ihm. Das Maul hielt sie offen. Da blitzten die hellen Zähne wie Mini-Dolche, und er wusste, dass sie bereit zum Biss waren.
Einen zweiten Angreifer hatte Ignatius noch nicht gesehen. Er wollte auch nicht auf ihn warten. Diesmal fasste er die Waffe mit beiden Händen an, hob die Arme an und zielte auf das Geschöpf. Er drückte ab, bevor er sich noch in Bewegung gesetzt hatte.
Der Schussknall zerriss brutal die nächtliche Stille im Park. Ein derartiges Ziel war einfach nicht zu verfehlen, auch nicht für einen ungeübten Schützen wie Ignatius, und so sah er, wie die Kugel in die dunkle Masse einschlug und sie auch durchschlug.
Er schaute zu, wie das Wesen in die Höhe gerissen wurde, als hätte es einen Stoß bekommen. Es bewegte hektisch seine Schwingen, es versuchte die Flucht, aber die Kraft des geweihten Silbers war einfach zu stark.
Die letzten Bewegungen glichen mehr einem Taumeln, das dieses Monstrum auch zu Boden zog. Seine Schwingen bewegten sich ein letztes Mal mit heftigen Flatterbewegungen, dann schabte es über den Kies hinweg und blieb wenig später starr liegen.
Ignatius atmete tief durch. Er schaute auf diese dunkle Gestalt und hatte das Gefühl, vor seinen Füßen eine große Pfütze liegen zu haben. Zudem war sie schwarz und schien mit dem Untergrund verschmolzen zu sein wie das Muster auf einem helleren Teppich.
Er wartete noch ab. Dabei blickte er sich in seiner Umgebung um. Wo ein Gegner ist, kann durchaus noch ein zweiter sein, aber den bekam er nicht zu Gesicht. In den Kronen der dunklen Bäume bewegte sich nichts, und auf dem Dach des Pavillons lauerte auch niemand mehr.
Zeit zum Durchatmen.
Mit gezogener Waffe ging er auf seinen besiegten Gegner zu. Father Ignatius zielte auch noch mit der Mündung auf das Wesen, als er direkt neben ihm stand.
Es zerfiel nicht. Aber der Blick der roten Augen war erloschen. Ignatius hob ein Bein an. Mit dem rechten Fuß trat er auf eine der Schwingen.
Er hörte das leise Knirschen. Er spürte keinen Widerstand mehr. Es gab keine Haut, die wie dunkles Leder gewirkt hatte. Es gab nur noch Staub, der sich vor seinen Füßen ausbreitete. Genau das war aus der Schwinge geworden.
Dabei beließ er es nicht. Er trat auch auf die andere und schaute mit Vergnügen zu, wie diese sich ebenfalls in diesen dunklen Staub verwandelte.
Ignatius war zufrieden. Zumindest für den Moment. Aber die Vernichtung der riesigen Fledermaus hatte auf der anderen Seite auch Probleme aufgeworfen, denn er stellte sich die berechtigte Frage, warum dieser Riesenvampir den Park aufgesucht hatte.
Es war ein Angriff auf ihn, auf seine Mitbrüder und zugleich auf die Institution der Weißen Macht gewesen, und das war nicht grundlos passiert. Er ging davon aus, dass es nicht bei dieser einen Attacke bleiben würde. Es konnte so etwas wie eine Ouvertüre gewesen sein, der ein schreckliches Drama folgte.
Das waren bisher nur Theorien, von denen er hoffte, dass sie sich nicht in die Praxis würden umsetzen lassen. Aber glauben konnte er daran nicht. Ignatius überlegte, wie er sich verhalten sollte. Es war kurz vor Mitternacht, überall herrschte Ruhe, und auch der große Park kam ihm jetzt wieder wie ein Refugium vor, in das man sich gern zurückzog und vor sich hinmeditierte.
Ein Angreifer nur!
Aber wer hatte ihn geschickt?
Diese Frage baute sich bei ihm immer stärker auf. Er stand in einem lockeren Kontakt mit John Sinclair. Dabei war er zwar nicht über jeden seiner Fälle informiert, aber er wusste über die wichtigen Bescheid. Jetzt dachte er darüber nach, und er erinnerte sich, dass es einen gewissen Will Mallmann, alias Dracula II, gab, der es geschafft hatte, sich die eigene Welt aufzubauen. Die schreckliche düstere Vampirwelt, in einer
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