Zwischen Diesseits und Jenseits
Sommer der Fall, wenn die Menschen sich im Gartenhaus aufhielten.
Er ging jetzt vorsichtiger weiter. Die Beretta mit den geweihten Silberkugeln steckte nicht mehr in seinem Hosenbund. Er hatte sie in die Hand genommen und hielt sie an der rechten Seite gegen seinen Körper gedrückt.
Auf dem Weg zum Pavillon hätten die Fledermäuse die beste Angriffsmöglichkeit gehabt. Aber sie hielten sich zurück. Der Garten war wie immer. Leer und still.
Beim Laufen drehte sich Ignatius immer wieder zur Seite. Er schaute auch in die Höhe, aber der Himmel blieb ebenfalls still. Von keiner Stelle her bekam er ein Zeichen.
Ignatius musste noch drei Schritte gehen, um das Gartenhaus zu erreichen. An einer Stelle konnte er es betreten. Ansonsten waren die Säulen durch eine hüfthohe Mauer verbunden.
Vier schmale Stühle aus Metall, ein runder Tisch, so sah die Einrichtung des offenen Pavillons aus. Es musste noch gefegt werden, denn der Wind hatte ein paar Blätter hineingeweht.
Father Ignatius überlegte, ob er stehen bleiben oder sich setzen sollte. Letzteres war bequemer, und so nahm er auf einem der Stühle Platz.
Er genoss die Stille. Sie hatte die Geräusche und die Last der normalen Welt vertrieben. So war es immer, wenn er sich in das Gartenhaus zurückzog.
In dieser Nacht allerdings wollte der Genuss nicht so recht aufkommen. Einiges hatte sich verändert. Er konnte es sich einbilden, wollte daran jedoch nicht glauben.
Die Hand mit der Waffe hatte er auf den Tisch gelegt. Nach allen Seiten hin war der Pavillon frei. Ein Angreifer hatte es demnach immer leicht, und darauf stellte sich Ignatius ein. Er rechnete durchaus mit einem Überfall. Wenn sie ihn entdeckt hatten, dann wussten sie auch, wo er sich befand.
In den nächsten Minuten störte nichts die nächtliche Stille. Ignatius wurde allmählich nervös. Normalerweise war er sehr geduldig, aber hier bekam er Probleme. Sich von Feinden umgeben zu fühlen und sie nicht zu sehen, das zerrte schon an seinen Nerven.
Er setzte sich selbst eine Frist. Wenn in fünf Minuten nichts passiert war, würde er den Pavillon verlassen und auf einem anderen Weg wieder zurück zum Haupthaus gehen.
Die Nacht war ruhig und steckte trotzdem voller Botschaften. Er merkte es, als er mit der Stille eins geworden war. Irgendwo passierte immer etwas. Er hörte es rascheln, hin und wieder einen verhaltenen Tierlaut.
Das beunruhigte ihn nicht, denn der Garten wurde gern von Katzen benutzt, die ihn besonders in der Nacht in Beschlag nahmen und manchmal untereinander Kämpfe austrugen.
Ein Blick auf die Uhr!
Drei Minuten der Zeit waren bereits verstrichen, und noch immer hatte sich nichts getan.
Er schaute nach draußen, beobachtete den mit Kies bestreuten Boden – und sah plötzlich den Schatten oder die Bewegung, die über ihn hinweghuschte. Sofort war er wieder voll da.
Das war nicht normal. Es gab keinen Wind, der etwas hätte bewegen können. Diesen Schatten hatte er sich auch nicht eingebildet, er war von oben her auf den Boden gefallen, weil jemand durch die Luft segelte.
Ignatius stand auf!
Er schaute noch mal hin, aber zu sehen war nichts. Kein Schatten mehr. Der Boden schien ihn aufgesaugt zu haben, und er merkte, wie sein Blut schneller durch die Adern floss.
Mit einem Schritt hatte er eine der Säulen erreicht und blieb vor ihr stehen. Er schaute an ihr vorbei auf die Lichtung, aber auch jetzt ließ sich der Schatten dort nicht blicken.
Täuschung?
Nein, denn er sah ihn wieder. Diesmal hatte er damit gerechnet und konnte seine Bewegungen besser verfolgen. Er flog auf ein bestimmtes Ziel zu, und dabei war der Schatten auch stärker geworden, weil er sich mehr dem Boden genähert hatte, aber dort nicht landete.
Ignatius war alarmiert. Zunächst blieb er an der Säule stehen und wartete die nächsten Sekunden ab.
Wieder tropfte die Zeit dahin, ohne dass etwas geschah. Genau das wollte Ignatius nicht gelten lassen. Einen wie ihn führte man nicht an der Nase herum.
Entweder war der Schatten in einer der Baumkronen gelandet oder er hatte sich seinen Platz auf dem Dach des Pavillons ausgesucht.
Er ging von beiden Möglichkeiten aus, als er sich auf den Weg machte.
Ein langer Schritt brachte ihn vom Pavillon weg. Er stand auf dem Kies, drehte sich um die eigene Achse und schaute dabei in die Höhe.
In den Bäumen sah er nichts, aber auf dem Dach des Pavillons nahm er eine Veränderung wahr. Sie wirkte wie ein Buckel, der sich plötzlich bewegte und in die Höhe
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