Zwischen Ehre und Verlangen
aufstehen”, erwiderte sie. “Wieso sind Sie hier?”
“Ihr angeheirateter Vetter hat mich eingeladen, hier mein Glück zu versuchen”, erklärte Jared lächelnd und wies flüchtig auf das neben ihm liegende Angelzeug.
“Hatten Sie Erfolg?” erkundigte sie sich und ließ sich einige Schritte von ihm entfernt im Gras nieder.
“Nein, leider nicht”, gestand er bedauernd. “Aber es ist gut, dass wir uns jetzt getroffen haben, Madam. Was unser gestriges Gespräch in der Gloriette …”
“Die Stimmung war dort gestern Abend sehr romantisch”, unterbrach Amanda ihn. “Ich bin sicher, alles, was Sie gesagt haben, ist darauf zurückzuführen.”
“Nein”, widersprach er ernst. “Aber es wird wohl ein Traum bleiben.”
Amanda wusste nicht, worauf Mr. Brownsmith sich mit der letzten Bemerkung bezog, nahm jedoch an, er befürchte, seine wahre Identität nie zu erfahren. “Manchmal werden Träume wahr”, erwiderte sie ruhig. “Das ist eine Frage der Umstände.” Unvermittelt dachte sie daran, dass er auf ihrer beider Beziehung zueinander angespielt haben könne, und fuhr mit leicht bebender Stimme fort: “Wir sollten uns nicht wieder im Mondschein sehen und über Dinge reden, die zu sehr in der Schwebe sind. Sonst könnte es sein, dass am nächsten Morgen die harte Realität uns desillusioniert.”
“Sie haben recht”, stimmte Jared seufzend zu und bemerkte im gleichen Moment Mrs. Clares gerötete Handgelenke. “Was ist Ihnen widerfahren?” fragte er betroffen.
Der teilnahmsvolle Ton, in dem er gesprochen hatte, überwältigte Amanda so, dass sie die Contenance verlor und aufschluchzte.
Sofort stand er auf, ging zu ihr und hockte sich neben sie. Er ergriff ihre rechte Hand, schaute auf die starke Rötung und presste flüchtig die Lippen zusammen. “Wer war das?” wollte er wissen.
“Humphrey”, antwortete Amanda leise. “Er hat mir einen Heiratsantrag gemacht.”
“Wie bitte? Und dabei hat er Sie so grob angefasst?” Jared ließ Mrs. Clare los, richtete sich auf und sagte gebieterisch: “Warten Sie bitte hier. Ich werde zu ihm gehen und ihm deutlich zu verstehen geben, was ich von …”
“Nein, Sir”, fiel sie ihm ins Wort. “Das würde alles nur noch schlimmer machen.”
“Aber er hat Ihnen wehgetan!”, erwiderte Jared entrüstet. “Jemand muss ihn dafür zur Rechenschaft ziehen!”
“Ich möchte nicht, dass Sie sich einmischen”, bat Amanda inständig. “Glauben Sie mir, er wird so etwas nie wieder tun. Außerdem käme es zu einem höchst peinlichen Skandal, wenn Sie mit ihm in ein Handgemenge gerieten.”
“Ich habe nicht vor, ihm nur einen Nasenstüber zu verpassen, sondern die Absicht, ihn windelweich zu prügeln”, sagte Jared ehrlich.
“Um Himmels willen, unterlassen Sie das!”, erwiderte Amanda bestürzt. “Ich möchte nicht ins Gerede geraten. Im Übrigen wusste ich mich Humphreys sehr erfolgreich zu erwehren.”
“Ach ja? Wie haben Sie das getan?” fragte Jared leicht belustigt.
“Das können Sie sich doch denken”, antwortete sie trocken.
“Nun, wenn Sie ihn dort getroffen haben, wo ich es vermute, dann dürfte er eine Weile außer Gefecht gesetzt gewesen sein”, äußerte Jared auflachend. “Wie schade, dass ich nicht anwesend war und das gesehen habe. Wie ist es dazu gekommen?”
Stockend berichtete Amanda ihm, was zwischen ihr und Humphrey vorgefallen war.
“Er ist ein Tölpel”, befand Jared, nachdem sie zu sprechen aufgehört hatte. “Kein Mann, der etwas auf sich hält, würde sich in dieser Weise seiner Angebeteten erklären.” Erneut hockte er sich hin, hob Mrs. Clares Hand an die Lippen und hauchte ihr einen Kuss auf die Fingerspitzen. “So macht man das”, fuhr er lächelnd fort und begann, mit dem Daumen sacht ihre Hand zu streicheln.
Sie fand seine Zärtlichkeiten wundervoll, fühlte einen wohligen Schauer über ihren Rücken rieseln und stöhnte genussvoll leise auf.
“Sie sehen, dass nicht die geringste Notwendigkeit besteht, so wüst mit einer Dame umzuspringen, wie Mr. Clare das getan hat, wenn man sie von seinen Gefühlen überzeugen möchte”, sagte Jared schmunzelnd.
Verwirrt schaute Amanda ihn an, entzog ihm ihre Hand und senkte den Blick. “Versprechen Sie mir, Sir, dass Sie Humphrey unbehelligt lassen?” fragte sie befangen.
“Ja”, versicherte Jared ihr und richtete sich auf. Er half ihr, sich zu erheben, und erkundigte sich dann: “Können Sie mir sagen, was Coke’s Clippings ist?”
Irritiert schaute
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