Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwischen Ewig und Jetzt

Zwischen Ewig und Jetzt

Titel: Zwischen Ewig und Jetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lucas
Vom Netzwerk:
lang wird es ruhig. »Es gab mal eine Zeit, da konnten wir alles miteinander bereden.«
    Ach ja? Ich muss mir mächtig auf die Zunge beißen, um nicht laut loszulachen. Elefanten, der Dschungel, die Hitze Afrikas: Geredet wurde in der Tat sehr viel. Und sehr viel gelogen. Doch mit einem Mal sehne ich mich nach dieser Zeit zurück. In der es möglich war, in ein Flugzeug zu steigen und nach Afrika zu fliegen, zu Papa. Jederzeit, wenn ich gewollt hätte. »Vielleicht sollten wir wegfahren. Weg von hier. Es wäre schön, weit weg zu fliegen. Am Strand zu liegen. Sonne zu tanken«, sage ich mit Blick in den Regen.
    »Solche Ferien können wir uns nicht leisten, das weißt du doch, Julia. Außerdem hast du gerade mal ein paar Wochen Schule.«
    »Schon gut«, sage ich. Schon gut. Wir sind da. Meine Mutter hält mit quietschenden Reifen, und ich werde, wie immer, nach vorne katapultiert. Ich reibe mir meine schmerzende Schulter und schnalle mich ab.
    »Julia, muss ich mir Sorgen machen?«, fragt meine Mutter, während ich aussteige. Sie hat sich über den Sitz gebeugt und sieht von unten hoch.
    Kurz blitzt vor meinem Geist ein Auto auf, dessen Räder sich drehen und hinter dessen dunkler Scheibe etwas hinauswill … Ich zwinge mich zu einem Lächeln. »Nein, Mama, natürlich nicht. Es ist wirklich nur das Montagsgefühl.« Dann schlage ich die Tür zu.
     
    Nikis Begrüßung ist verhalten, die von Felix auch. Wir drei müssen auf Außenstehende wirken wie die Überlebenden eines Unfalls,
Autounfalls,
nein, blöder Gedanke: Es fällt niemandem auf.
    Die Stunden kriechen.
    In der Pause ist es laut und stickig, weil keiner rausgeht. Vor dem Schulkiosk haben sich lange Schlangen gebildet, es riecht nach feuchten Turnschuhen, Pullis und Kakao. Nur die Kaffee-Ecke ist einigermaßen ruhig: Vorm Büro des Hausmeisters dürfen sich die älteren Schüler mit Koffein versorgen.
    Ich bahne mir mit zwei Brezeln und einem Haselnuss-Joghurt, die ich über meinem Kopf balanciere, einen Weg durch die Pausenhalle, rutschte fast auf dem glatten Boden aus und komme noch mal mit dem Schrecken davon. »Pass doch auf«, fauche ich einen Zwerg an, der mir auf die Füße tritt, dann bin ich endlich in Sicherheit. Denke ich. Denn kurz vor der rettenden Kaffee-Ecke rutscht mir eine der Brezeln aus der Hand und zerspringt in tausend Stücke. Na toll. Meine eh schon angeschlagene Stimmung sinkt auf ihren Tiefpunkt.
    Und dann, als ich mich bücke, um die Reste der Brezel aufzuheben und wegzuwerfen, höre ich Maximilians Stimme. Klar und deutlich direkt hinter der nächsten Säule.
    »Und was gedenkst du, dagegen zu unternehmen?«
    »Wogegen?« Die Stimme, die ihm antwortet, ist die von Felix.
    »Gegen ihn, den Verrückten. Niki Gruft und deine Freundin.«
    »Da muss ich nichts unternehmen.«
    Ich hocke am Boden wie erfroren. Starre auf die Brezel, ohne sie wirklich zu sehen. Einen kurzen Augenblick lang wird es ruhig. Selbst die Stimmen in der Pausenhalle scheinen zurückzutreten.
    »Ich verstehe dich nicht, Felix. Du kannst doch nicht wirklich so naiv sein.«
    »Niemand ist naiv.«
    »Doch, du. Du versuchst mir hier gerade zu verklickern, dass zwischen deiner Freundin und diesem gruftigen Typen nichts läuft. Hast du mal gesehen, wie er sie ansieht?«
    »Sie sieht eben toll aus. Es gibt viele Menschen, die sie ansehen. Wenn ich gegen die alle etwas unternehmen sollte …«
    »Verarsch mich nicht, okay? Ich bin dein Freund, verdammt nochmal. Und diese Nummer im Badezimmer: Julia kriegt es mit der Angst, warum auch immer, und du rufst Niki an?
Niki

    »Sie haben da diese Sache am Laufen, diese … Verbindung. Sie sind eben befreundet.« Felix’ Stimme klingt wütend. »Und ich akzeptiere das.«
    »Ja, aber warum? Ich meine, bei jedem anderen wäre das schon ungewöhnlich, aber ausgerechnet Niki? Du hast dem Typen das Leben zur Hölle gemacht, und jetzt, mit einem Mal, bist du lammfromm? Felix. Ich bin nicht der Einzige, der das nicht versteht.«
    »Interessiert mich nicht.«
    »Sollte es aber. Wir sind deine Freunde.« Und dann, nach einer Pause: »Soviel kann sie nicht wert sein.«
    »Und ob«, sagt Felix. »Ich liebe sie.«
    »Ja, ist mir nicht entgangen.« Wieder eine kleine Pause. »Aber Felix«, sagt Maximilian dann, »hast du vielleicht mal bemerkt, wie
sie ihn
ansieht?«
    Ich springe wie ein Klappmesser aus der Hocke, trete dabei auf die Reste der Brezel, aber das ist mir egal. Mit einem Satz bin ich um die Säule herum, lächelnd, die

Weitere Kostenlose Bücher