Zwischen Ewig und Jetzt
Schule?«
»Das habe ich gehört«, kommt es prompt aus der Küche.
»Wir gehen spazieren. Los, meine Schöne.« Felix zieht mich hoch. »Es ist eine warme, wunderbare Nacht, und vielleicht kann man sogar den Sternenhimmel sehen.«
Vom Sternenhimmel sehen wir eher weniger im dunklen Hausflur, in dem wir hängen bleiben. In dem wir uns küssen. In dem Felix seine Hände unter meinen Pullover schiebt, während ich mein Bein um seine Hüfte schlinge. Und wir beinah das Gleichgewicht verlieren und lachen müssen. Als wir auch noch von hereinkommenden Hausbewohnern gestört werden, die anzügliche Bemerkungen machen, geben wir es auf.
»Ein eigenes Haus hat doch seine Vorteile«, seufzt Felix.
»Ach nee«, erwidere ich, während ich meine Klamotten in Ordnung bringe. Ich sehe ihn an, streiche ihm übers Gesicht. »Felix?«
»Ja?«
»Warum liebst du mich?« Ich weiß es auf einmal nicht mehr.
Felix grinst. »Weil du gut aussiehst, reich bist, intelligent …«
»Nein, mal im Ernst.«
»Ich will jetzt nicht ernst sein.« Er seufzt. »Na gut. Weil … ich weiß es nicht. Weil ich mich im ersten Augenblick in dich verliebt habe, in dem ich dich gesehen hab. War einfach so. Da konnte ich gar nichts dagegen machen.«
Mit einem Klack geht das Flurlicht aus; wir stehen wieder im Dunkeln.
»Jetzt siehst du mich nicht mehr«, sage ich.
»Aber ich kann dich spüren.« Er küsst mich auf den Kopf. »Und riechen.« Er küsst mich auf den Hals. »Und fühlen.«
Ich ihn auch.
Im
Marco
ist noch nicht viel los, und ich bin eine halbe Stunde zu früh. Aber das macht nichts. Da bin ich, da ist die Sonne … und da ist Niki. Er ist auf der anderen Straßenseite. Ich winke ihm heftig.
Er zögert kurz, dann sieht er nach rechts und links und kommt zu mir rüber. Er lässt sich in den Loungesessel neben mir fallen. »Hallo Julia. Allein hier?«
»Noch«, nicke ich. »Aber die anderen kommen gleich.« Mit der Hand schirme ich meine Augen ab, um ihn besser sehen zu können. »Wie geht es dir?«
Niki lacht. »Wie es mir geht? Nach Freitag? Wunderbar. Ich kann Justins Mutter im Moment nicht hören, falls du das meinst. Und glaub mir: Sie fehlt mir kein bisschen.«
Ich richte mich kerzengerade auf. »Das heißt, sie ist weg?«
»Keine Ahnung. Ich habe nur gesagt, dass ich sie gerade nicht mehr hören kann. Vielleicht macht sie nur mal eine Pause.«
»Oder sie ist endgültig gegangen, weil wir sie entlarvt haben.«
Niki beugt sich vor. Wie immer, wenn ich ihn so dicht vor mir sehe, kitzelt mein Magen, fliegt ein Schwarm Schmetterlinge auf. Die ich sofort mit einer Art innerer Fliegenklatsche zu erledigen versuche.
»Du meinst«, sagt er, »nur weil wir sie beim Namen genannt haben, ist sie, puff, verschwunden? So wie Rumpelstilzchen?«
»Rumpelstilzchen?« Der Vergleich kommt mir nun doch etwas weithergeholt vor. »Na ja, so ähnlich.«
Niki lässt sich wieder in den Sessel zurückfallen. »Nun, dann wollen wir mal das Beste hoffen.« Er winkt ab, als ein Kellner kommt, um seine Bestellung aufzunehmen. »Nein, ich muss gleich los. Nur eins noch.« Wieder beugt er sich vor. »Was ist mit dem Testament? Bist du irgendwie weitergekommen in letzter Zeit?«
In letzter Zeit? »Wann denn?« Ich rutsche ebenfalls auf meinem Sessel nach vorne. »Ich wollte Opas Zimmer durchsuchen, leider ist Justin mir zuvorgekommen, wie du ja sicherlich noch weißt. Da sah es aus wie nach einem Bombenangriff. Ich denke nicht, dass ich da noch was finde.«
Nikis blaue Augen blicken ernst. Wenn ich so wie jetzt nah bei ihm sitze, lassen sich die Schmetterlinge nicht mehr verscheuchen. Endlich geht das wieder. Endlich kann ich ihm wieder nah sein, ohne dass Justins Mutter zwischen uns steht.
Niki denkt wohl dasselbe. Sein Blick wird milder, er muss lächeln. »Das ist wirklich schön.«
»Was denn?«
»Dass diese hysterische Kuh endlich weg ist.«
Ich muss ebenfalls lachen, obwohl das ja geschmacklos ist, immerhin reden wir hier von einer Toten.
Niki sieht auf, dann erhebt er sich. »Da hinten kommen deine Freunde«, sagt er. »Sei vorsichtig.«
Ich blinzele hoch in die Sonne, sehe ihn nur als Schatten. »Warum?«
»Verdirb dir nicht den Magen«, sagt er nur. Dann geht er.
Ich verderbe mir gar nichts. Die Sonne scheint, der Geist ist verschwunden, das Leben ist schön. Obwohl es sich eine ganze Weile nicht so anfühlt, als ich Niki nachsehe.
»Oh«, sagt Anni, und ich wende den Blick von ihm ab. »Die anderen noch nicht da?« Sie sieht
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