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Zwischen Himmel und Liebe

Zwischen Himmel und Liebe

Titel: Zwischen Himmel und Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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kniff sie die Augen zusammen und beschloss, zu Flanagan’s aufzubrechen, sobald ihr Vater zu Bett gegangen war.
    Genau wie ihre Mutter würde sie sich in die Nacht davonschleichen.
     
     
    »Bist du sicher, dass das funktioniert?« Opal drückte sich an die Wand der Station im Krankenhaus, und sie rang krampfhaft ihre zitternden Hände.
    Mit unsicherem Blick sah Ivan sie an. »Den Versuch ist es wert.«
    Durch das Glasfenster konnten sie in Geoffreys Zimmer sehen. Er hing an einem Beatmungsgerät, der Mund unter einer Sauerstoffmaske, und um ihn herum piepten verschiedene andere Apparate, an die er ebenfalls mit Schläuchen angeschlossen war. Im Zentrum des ganzen Trubels lag sein Körper, still und reglos, nur seine Brust hob und senkte sich in stetigem Rhythmus. Sie waren umgeben von dem unheimlichen Klang, den nur Krankenhäuser hervorbringen, dem Klang des Wartens, des Schwebezustands zwischen einem zeitlosen Ort und dem anderen.
    Sobald die Schwestern, die sich um Geoffrey kümmerten, die Tür aufmachten, um zu gehen, schlüpften Opal und Ivan zu ihm hinein.
    »Da ist sie«, sagte Olivia, als Opal hereinkam.
    Sofort öffneten sich seine Augen und begannen angestrengt im Zimmer umherzuwandern.
    »Sie ist links von dir, Liebes, sie hält deine Hand«, erklärte Olivia sanft.
    Geoffrey versuchte zu sprechen, ein erstickter Laut unter der Maske. Opals Hand flog an ihren Mund, ihre Augen füllten sich mit Tränen, und der Kloß in ihrem Hals war so dick, dass man ihn von außen sah. Geoffrey benutzte eine Sprache, die nur Olivia verstehen konnte, die Worte eines Sterbenden.
    Sie nickte, auch in ihre Augen traten Tränen, und als sie sprach, hielt Ivan es nicht mehr im Zimmer aus.
    »Er hat gesagt, ich soll dir ausrichten, dass sein Herz geschmerzt hat in jedem Augenblick, den ihr getrennt wart, liebe Opal.«
    Ivan trat durch die offene Tür nach draußen, ging so schnell er konnte den Korridor hinunter und verließ das Krankenhaus.

Siebenunddreißig
    Vor Elizabeths Schlafzimmerfenster in der Fuchsia Lane begann sanft der Regen zu fallen, trommelte wie kleine Kieselsteinchen auf die Scheiben, sodass es sich anhörte, als würden Münzen in einer Spardose durcheinander geschüttelt. Der Wind wärmte seine Stimmbänder für die bevorstehende Nacht auf, und Elizabeth reiste, auf ihr Bett gekauert, in Gedanken zurück zu jener Spätwinternacht, in der sie ausgezogen war, um ihre Mutter zu suchen.
     
     
    Nur die wichtigsten Sachen hatte sie in ihre Schultasche gepackt: Unterwäsche, zwei Pullover und zwei Röcke, das Buch, das ihre Mutter ihr geschenkt hatte, und ihren Teddy. Aus ihrer Spardose hatte sie vier Pfund zweiundvierzig zutage gefördert, und nachdem sie ihren Regenmantel über ihr liebstes Blümchenkleid gezogen hatte und in ihre Gummistiefel geschlüpft war, machte sie sich auf den Weg hinaus in die kalte Nacht. Sie kletterte über die niedrige Gartenmauer, damit das Quietschen des Tors ihren Vater nicht weckte, denn der schlief zurzeit so leicht wie ein Wachhund, der auch im Schlaf noch ein Ohr spitzt. Vorsichtig schlich sie sich an den Büschen entlang, um nicht auf der langen Straße gesehen zu werden, aber der Wind zerrte so an den Zweigen, dass sie ihr Gesicht und Beine zerkratzten und die Blätter ihr feuchte Küsse auf die Haut drückten. Der Wind war bösartig in dieser Nacht, peitschte ihr um die Knie, biss ihr in Ohren und Wangen und blies ihr so hart ins Gesicht, dass sie kaum atmen konnte. Schon nach wenigen Minuten waren ihre Finger, ihre Nase und ihre Lippen taub vor Kälte, und ihr ganzer Körper bis aufs Mark durchgefroren. Aber der Gedanke, ihre Mutter bald wiederzusehen, hielt sie aufrecht und trieb sie weiter.
    Zwanzig Minuten später erreichte sie die Brücke, die ins Städtchen führte. Sie hatte Baile na gCroíthe noch nie um elf Uhr nachts gesehen – eine Geisterstadt, dunkel, menschenleer und still, als wartete sie darauf, etwas zu sehen zu bekommen, was sie dann auf ewig für sich behalten würde.
    Mit Schmetterlingen im Bauch marschierte Elizabeth zu Flanagan’s. Vor lauter Aufregung, bald wieder bei ihrer Mutter zu sein, spürte sie die Kälte nicht mehr. Sie hörte den Pub, bevor sie ihn sah, denn Flanagan’s und das Camel’s Hump waren die einzigen beleuchteten Gebäude. Aus einem offenen Fenster kam der Klang von Klavier, Fiddle, Bodrhán, lautem Singen, Lachen und gelegentlichem Applaus. Elizabeth kicherte leise vor sich hin; es hörte sich an, als würden sich dort alle

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