Zwischen Himmel und Liebe
und die Worte blieben ihr fast im Halse stecken.
»Nicht in diesem Leben, Elizabeth«, bestätigte er ihr das, was sie schon immer gefühlt hatte.
»Daddy«, flüsterte Elizabeth vor sich hin, ehe sie sich umdrehte und zurück in die kalte Nacht hinauseilte.
Die kleine Elizabeth rannte weg vom Pub, spürte jeden Regentropfen, der ihren Körper traf, fühlte den Schmerz in ihrer Brust, als sie die kalte Luft einatmete, und das Wasser von den Pfützen, durch die sie lief, über ihre Beine spritzte. Sie rannte nach Hause.
Elizabeth sprang in ihren Wagen und raste aus der Stadt zu der langen Straße, die zum Farmhaus ihres Vaters führte. Entgegenkommende Scheinwerfer zwangen sie, ein Stück zurückzusetzen und zu warten, bis das andere Auto an ihr vorbei war, ehe sie ihren Weg fortsetzen konnte. Ihr Vater hatte es die ganze Zeit gewusst und ihr nie erzählt. Er hatte ihre Illusionen nicht zerstören wollen, und die ganze Zeit hatte er Gráinne für Elizabeth auf einen Sockel gestellt. Elizabeth hatte geglaubt, ihre Mutter wäre ein fantasievoller, freier Mensch gewesen, den ihr Vater, der Schmetterlingsfänger, erstickt und erdrückt hatte. Jetzt wollte sie nur noch so schnell wie möglich zu ihm, wollte sich entschuldigen, alles wieder gerade rücken.
Als sie den nächsten Anlauf machte, sah sie vor sich einen Traktor gemächlich dahintuckern, zu dieser späten Stunde eine Seltenheit. Kurz entschlossen setzte sie erneut zum Anfang der Straße zurück, stieg aus und begann zu laufen. So schnell sie konnte rannte sie die Straße entlang, die sie nach Hause führte.
»Daddy«, schluchzte die kleine Elizabeth, als sie auf das Farmhaus zulief. Immer lauter schrie sie seinen Namen, und zum ersten Mal in dieser Nacht half ihr der Wind, indem er ihre Worte aufhob und vor ihr her zum Haus trug. Ein Licht ging an. Gefolgt von einem anderen, und dann sah sie, wie sich die Haustür öffnete.
»Daddy!«, rief sie noch lauter und rannte noch schneller.
Brendan saß am Schlafzimmerfenster, starrte in die dunkle Nacht hinaus und nippte an seinem Tee. Gegen alle Wahrscheinlichkeit hoffte er auf die Erscheinung, nach der er sich so inbrünstig sehnte. Alle hatte er davongejagt, hatte genau das Gegenteil von dem getan, was er sich gewünscht hätte, und es war alles seine eigene Schuld. Jetzt konnte er nur noch warten. Darauf, dass seine drei Frauen auftauchten. Aber eine von ihnen würde ganz sicher nicht mehr zurückkehren.
Eine ferne Bewegung zog seine Aufmerksamkeit auf sich, und er setzte sich auf wie ein Wachhund. Da rannte eine Frau auf sein Haus zu! Lange schwarze Haare flogen ihr um den Kopf, und ihr Bild verschwamm, weil der Regen ans Fenster prasselte und in Strömen über die Scheibe lief.
Sie war es.
Langsam stellte er Tasse und Untertasse auf den Boden und stand auf, wobei sein Stuhl nach hinten umkippte.
»Gráinne«, flüsterte er.
Er packte seinen Stock und eilte, so schnell ihn seine Beine trugen, zur Haustür, zog sie auf, starrte angestrengt in die stürmische Nacht hinaus und hielt Ausschau nach seiner Frau.
Von fern hörte er sie keuchen, atemlos von der Anstrengung.
»Daddy!«, rief die Frauenstimme. Nein, das konnte nicht sein, so nannte Gráinne ihn nicht.
»Daddy!«, schluchzte die Stimme.
Der vertraute Ton versetzte ihn zwanzig Jahre in die Vergangenheit zurück. Es war sein kleines Mädchen! Sein kleines Mädchen kam durch den Regen zu ihm gerannt, und sie brauchte ihn.
»Daddy!«, flehte sie wieder.
»Ich bin da«, antwortete er leise, und wiederholte dann lauter: »Ich bin da!«
Er hörte sie weinen und sah, wie sie das quietschende Gartentor aufstieß. Sie war völlig durchnässt, und genau wie er es vor zwanzig Jahren getan hatte, breitete er die Arme aus und drückte sie an sich.
»Ich bin da, du brauchst keine Angst zu haben«, beruhigte er sie, strich ihr übers Haar und wiegte sie sanft. »Daddy ist da.«
Achtunddreißig
An Elizabeths Geburtstag hätte ihr Garten es ohne weiteres mit der Teeparty des verrückten Hutmachers aus Alice im Wunderland aufnehmen können. In der Mitte hatte sie einen langen Tisch mit einer rot-weißen Decke aufgestellt, der sich unter der Last von riesigen Platten mit Cocktailwürstchen, Pommes, Chips und diversen Dips, Sandwichs, Salaten, Aufschnitt und jeder Menge Süßkram bog. Alle Pflanzen waren bis aufs Lebensnotwendige zurückgeschnitten worden, Elizabeth hatte neue Blumen eingepflanzt, und in der Luft lag der
Weitere Kostenlose Bücher