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Zwischen Himmel und Liebe

Zwischen Himmel und Liebe

Titel: Zwischen Himmel und Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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sehen, selbst wenn ich die Augen schloss, ich wusste, dass sie einen winzigen Leberfleck auf der linken Schläfe hat, dass ein Wangenknochen ein bisschen höher sitzt als der andere, ihre Unterlippe breiter ist als die Oberlippe und dass sie am Haaransatz ganz feine Babyhaare hat. Das wusste ich alles ganz genau. Aber ist es nicht komisch, wie die Leute sich verändern, wenn man ihnen direkt in die Augen schaut? Auf einmal sehen sie aus wie jemand ganz anderes. Wenn Sie mich fragen, ich finde, es stimmt, dass die Augen Fenster der Seele sind.
    So etwas hatte ich noch nie gefühlt, aber ich schrieb es der Tatsache zu, dass ich mich noch nie in so einer Situation befunden habe. Ich war noch nie mit einem Menschen in Elizabeths Alter befreundet, deshalb dachte ich, es sind sicher bloß die Nerven. Es war alles eine neue Erfahrung für mich, aber eine, zu der ich mich bereit und fähig fühlte.
    Es gibt zwei Dinge, die mir sehr selten passieren. Erstens bin ich kaum einmal verwirrt, zweitens mache ich mir so gut wie nie Sorgen. Aber während ich an diesem sonnigen Tag in Sams Garten saß und wartete, machte ich mir schon so meine Gedanken. Das verwirrte mich, und weil ich verwirrt war, machte ich mir noch mehr Gedanken. Ich hoffte, dass Elizabeth meinetwegen bei der Arbeit keinen Ärger bekommen hatte, aber das sollte ich schon bald herausfinden, nämlich als die Sonne und ich später an diesem Abend Verstecken spielten.
    Die Sonne versuchte sich hinter Sams Haus zu verkriechen und mich mit Schatten zuzudecken, aber ich sauste im Garten herum und nutzte die letzten Lichtfleckchen aus. Sams Mom nahm gerade ein Bad, nachdem sie im Hinterzimmer zu einem Dance-Workout-Video trainiert hatte, was ausgesprochen unterhaltsam gewesen war. Deshalb machte Sam die Tür auf, als es klingelte. Er hatte strikte Anweisung, niemandem zu öffnen außer Elizabeth.
    »Hallo, Sam«, hörte ich sie sagen. »Ist dein Dad da?«
    »Nein«, antwortete Sam. »Er arbeitet noch. Aber ich und Luke spielen im Garten.«
    Dann hörte ich ihre hohen Absätze die Halle entlangklicken und gleich darauf ihre ärgerliche Stimme. »Ach, er arbeitet also, ja?«, sagte Elizabeth und starrte mich an, die Hände in die Hüften gestemmt.
    »Ja, er arbeitet«, entgegnete Sam verwirrt und rannte davon, um weiter mit Luke zu spielen.
    Wie Elizabeth da so gebieterisch vor mir stand, wirkte sie irgendwie sehr liebenswert, und ich musste grinsen.
    »Was ist denn so komisch, Ivan?«
    »Eine Menge«, antwortete ich vom einzigen Plätzchen aus, das noch Sonne abkriegte. Allem Anschein nach hatte ich das Versteckspiel mit der Sonne gewonnen. »Wenn ein Auto durch die Pfütze rauscht und jemanden nass spritzt, wenn man hier gekitzelt wird« – ich deutete auf meine Seiten –, »außerdem Chris Rock, Eddie Murphy im zweiten Beverly Hills Cop und …«
    »Was reden Sie denn da?« Mit gerunzelter Stirn kam sie näher.
    »Ich beantworte Ihre Frage und sage Ihnen, was komisch ist.«
    »Was machen Sie da überhaupt?« Sie kam noch näher.
    »Ich versuche mich zu erinnern, wie man einen Gänseblümchenkranz macht. Der von Opal sah so hübsch aus«, antwortete ich und blickte zu ihr empor. »Opal ist meine Chefin und hatte neulich einen Gänseblümchenkranz in den Haaren«, fügte ich erklärend hinzu. »Das Gras ist trocken, falls Sie sich setzen wollen«, bot ich ihr an, während ich weiter Gänseblümchen abpflückte.
    Es dauerte ein Weilchen, bis sie sich im Gras niedergelassen hatte. Irgendwie schien es ihr ungemütlich zu sein, und sie machte ein Gesicht, als säße sie auf lauter spitzen Nadeln. Nachdem sie unsichtbaren Schmutz von ihrer Hose geklopft und vergeblich versucht hatte, sich auf ihre Hände zu setzen, damit ihr Hinterteil auch bestimmt keine Grasflecke bekommen konnte, begann sie wieder, mich anzufunkeln.
    »Ist irgendwas los, Elizabeth? Irgendwie hab ich das Gefühl, dass was nicht stimmt.«
    »Wie aufmerksam von Ihnen.«
    »Danke. Das gehört zu meinem Job, aber es ist nett von Ihnen, dass Sie mir ein Kompliment machen.« Mir war klar, dass sie es sarkastisch gemeint hatte.
    »Ich hab ein Hühnchen mit Ihnen zu rupfen, Ivan.«
    »Ich hoffe, es macht Spaß«, versuchte ich zu scherzen, während ich einen Gänseblümchenstiel durch den anderen fädelte. »Hühnchen schmeckt gut, aber man muss es rupfen. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. So ist es nun mal im Leben. Aber man darf nie den Fehler machen, die Arbeit überzubewerten.«
    Verwirrt sah sie mich

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