Zwischen Himmel und Liebe
gehängt und mich gezwungen einzuschlafen, damit es möglichst rasch wieder Morgen werden konnte.« Ihr Lächeln verblasste, und sie kam mit einem Ruck aus ihrer Trance. »Aber das kann ich nicht in ein Spielzimmer einbringen. Kinder wollen Playstations und XBoxen und solche Sachen.«
»Warum erzählen Sie mir nicht von den Dingen, die auf Ihrem Sonntagsplan standen?«
Sie blickte in die Ferne. »Das waren alles hoffnungslos unrealistische Träume. Meine Mutter hat mir versprochen, wir würden uns abends auf die Wiese legen und Sternschnuppen fangen und uns alles wünschen, was uns einfiel. Wir haben davon geredet, bis zum Kinn in einer Badewanne voller Kirschblüten zu liegen, Sonnenregen zu schmecken, um die Wassersprenger herumzuhüpfen, die im Sommer die Dorfwiesen bewässerten, im Mondschein am Strand zu dinieren und dann im Sand den Soft-Shoe-Shuffle zu tanzen.« Elizabeth musste lachen. »Das klingt alles so albern, wenn ich es laut ausspreche, aber so war meine Mutter. Verspielt und abenteuerlustig, wild und sorglos und vielleicht auch ein bisschen exzentrisch. Ständig auf der Suche nach neuen Einfällen, nach neuen Dingen, die sie sehen, schmecken und entdecken konnte.«
»Das muss eine Menge Spaß gemacht haben«, sagte ich voller Ehrfurcht. Sonnenregenschmecken ist ohne jede Frage besser als Klorollenteleskopbasteln.
»Ach, ich weiß nicht«, meinte Elizabeth und schaute wieder weg. »Wir haben ja nichts davon wirklich gemacht.«
»Aber ich wette, Sie haben alles in Ihrem Kopf ausprobiert«, sagte ich.
»Na ja, eins haben wir tatsächlich zusammen unternommen. Gleich nachdem Saoirse zur Welt gekommen war, hat sie mich auf die Wiese mitgenommen, eine Decke ausgebreitet und einen Picknickkorb draufgestellt. Wir haben frisch gebackenes braunes Brot gegessen, noch ganz warm vom Ofen, mit selbst gemachter Erdbeermarmelade« – Elizabeth schloss die Augen und sog tief die Luft ein –, »und ich weiß noch genau, wie das gerochen und geschmeckt hat.« Sie schüttelte staunend den Kopf. »Aber sie hat sich ausgerechnet unsere Kuhweide für unser Picknick ausgesucht, und da saßen wir dann und mampften, während uns lauter neugierige Kühe zusahen.«
Wir lachten beide.
»Aber da hat sie mir gesagt, dass sie weggeht. Sie war zu groß für die kleine Stadt. So hat sie es nicht ausgedrückt, aber ich weiß, dass sie sich so gefühlt haben muss.« Elizabeths Stimme zitterte, und sie schwieg. Nachdenklich blickte sie zu Luke und Sam hinüber, die einander durch den Garten jagten, aber sie sah sie nicht wirklich, und ihre kindlichen Freudenschreie drangen nicht bis in ihr Bewusstsein vor.
»Jedenfalls«, fuhr sie wieder ernst geworden fort und räusperte sich, »jedenfalls ist das sowieso unwichtig. Es hat nichts mit dem Hotel zu tun. Ich weiß nicht mal mehr, wieso ich das alles erzählt habe.«
Es war ihr peinlich. Garantiert hatte Elizabeth noch nie in ihrem Leben laut über all das gesprochen, deshalb ließ ich das Schweigen zwischen uns in der Luft hängen, während es in ihrem Kopf arbeitete.
»Haben Sie und Fiona eine gute Beziehung?«, fragte sie plötzlich, aber sie schaute mich noch immer nicht an.
»Fiona?«
»Ja, die Frau, mit der Sie nicht verheiratet sind.« Zum ersten Mal lächelte sie wieder und schien sich etwas zu beruhigen.
»Fiona spricht nicht mit mir«, antwortete ich, immer noch verwirrt, dass sie mich für Sams Vater hielt. Ich musste unbedingt mal mit Luke darüber reden. Mit dieser Fehlannahme fühlte ich mich gar nicht wohl.
»Ist es zwischen Ihnen schiefgegangen?«
»Es hat nie was angefangen, also konnte auch nichts schiefgehen«, antwortete ich ehrlich.
»Das Gefühl kenne ich gut«, erwiderte sie, verdrehte die Augen und lachte. »Aber wenigstens kam was Gutes dabei raus«, meinte sie und schaute wieder zu Luke und Sam. Sie hatte auf Sam angespielt, aber ich war ziemlich sicher, dass sie Luke dabei anschaute, und das freute mich.
Bevor wir Sams Haus verließen, wandte sich Elizabeth noch einmal an mich. »Ivan, ich habe noch nie mit jemandem über das gesprochen, was ich Ihnen vorhin erzählt habe.« Sie schluckte schwer. »Niemals. Ich hab keine Ahnung, warum ich damit plötzlich rausgeplatzt bin.«
»Ich weiß«, antwortete ich lächelnd. »Vielen Dank, dass Sie mir so viel von Ihrer Meinung gesagt haben. Ich glaube, dafür haben Sie noch einen Gänseblümchenkranz verdient.«
Und das war Fehler Nummer zwei: Als ich den Gänseblümchenkranz über ihr Handgelenk
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