Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwischen jetzt und immer

Zwischen jetzt und immer

Titel: Zwischen jetzt und immer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Dessen
Vom Netzwerk:
ich es zwischen uns bisher noch nie erlebt hatte. Irgendetwas stimmt hier nicht, dachte ich. Und plötzlich fiel mir der Abend im Krankenhaus wieder ein. Als ich so geweint hatte. In Wes’ Armen. Vielleicht war es ihm doch zu viel gewesen. Wir hatten uns seitdem nicht mehr gesehen, nur am Telefon miteinander gesprochen. Vielleicht hatte sich seine Einstellung mir gegenüber geändert und ich hatte es bloß deshalb nicht mitbekommen, weil wir uns jetzt zum ersten Mal seitdem wiedersahen.
    »Ich muss diese eine Sache hinter mich bringen«, sagte er.
    Ich wandte den Kopf ab und starrte auf die Straße, wo gerade ein Auto vorüberfuhr.
    »Du verpasst nichts, glaube mir. Im Gegenteil«, fügte er hinzu.
    Ich spürte, wie ich mich aufrichtete, innerlich wie äußerlich. Mein Körper reagierte sofort, nahm die defensive Haltung ein, die mir an mir selbst so vertraut war. »Ja, du hast bestimmt Recht«, sagte ich. »Ich fahr dann mal wieder.«
    »Moment«, sagte er. »Du kannst mir schon noch kurz erzählen, was bei dir gerade so los ist.«
    »Nicht viel.« Erneut blickte ich auf die Uhr. »Echt, ich muss los. Nach allem, was passiert ist, darf ich nicht riskieren, dass sie mich erwischt. Das wäre echt idiotisch von mir. Außerdem habe ich eine E-Mail von Jason bekommen, die ich beantworten will.«
    »Jason?« Er wirkte total überrascht. »Wirklich?«
    Ich nickte und spielte mit meinem Autoschlüssel. »Er hatsich bei mir gemeldet, ihm geht es gerade nicht so gut. Ich glaube, er würde gern wieder mit mir zusammen sein.«
    »Und du?«
    »Keine Ahnung«, antwortete ich, obwohl ich wusste, dass ich auf keinen Fall wieder mit Jason zusammen sein wollte. »Vielleicht.«
    Wes sah mich jetzt unverwandt an, sah nur mich und sonst nichts. Seine Aufmerksamkeit war ganz und gar auf mich gerichtet. Und genau deshalb drehte ich mich um und lief zu meinem Auto zurück.
    »Macy, jetzt warte doch mal.«
    »Ich muss echt los«, sagte ich über meine Schulter. »Bis dann.«
    »Bleib stehen!« Ich blieb nicht stehen, hörte aber, dass er mir folgte, wusste, dass er seine Hand auf meine Schulter legen würde, bevor er es tat. »Ist alles okay mit dir?«
    »Ja.« Ich ging weiter. »Mir geht’s prima.« Erreichte mein Auto, stieg ein. Wes rührte sich nicht vom Fleck, auch nicht, als ich den Motor anließ und losfuhr. Eigentlich hatte ich gedacht, ich würde mich besser fühlen. Schließlich war ich ausnahmsweise mal diejenige gewesen, die verließ. Nicht immer diejenige, die verlassen wurde. Aber ich fühlte mich nicht besser. Kein bisschen.
     
    Ich war schon beinahe wieder daheim, als ich wendete und zurückfuhr.
    Sein Truck stand natürlich nicht mehr auf dem Parkplatz. Ich hielt vor der Ampel. An der Bank neben mir blinkten abwechselnd die Uhrzeit und die Temperatur: 7:34, 27 o . Mein Blick wanderte zwischen der roten Ampel und den rot blinkenden Ziffern hin und her. Und plötzlich wusste ich, wo ich ihn finden würde.
    Ich brauste los Richtung Waffelcafé. Keine Ahnung, warum, aber auf dem Weg dorthin hatte ich tief im Bauch das sichere Gefühl, dass alles wieder in Ordnung kommen würde. Wahrscheinlich war ich einfach überempfindlich gewesen. Und er hatte derzeit zu viel im Kopf und hatte deshalb so abwesend gewirkt, so angespannt. Vermutlich hatte es überhaupt nichts mit mir zu tun. Eins war allerdings wirklich komisch gewesen: wie er immer wieder auf seine Uhr geschaut hatte. Das hatte ich mir nicht eingebildet. Egal   – trotzdem musste ich ihm unbedingt erklären, warum ich so abweisend gewesen war. Und was er mir bedeutete. Vielleicht wurde ihm das auch wieder zu viel. Aber es war die Wahrheit. Und wir hatten es immer mit der Wahrheit gehalten.
    Als ich auf den Parkplatz vor dem Waffelcafé einbog und seinen Truck dort stehen sah, entspannte ich mich. Ich kriege das hin, alles wird gut, dachte ich, während ich zwei Plätze von ihm entfernt parkte, den Motor abstellte und die Tür öffnete. Schon hier draußen roch es süß, dieser unverwechselbare Duft nach Teig und Zucker. Ich überquerte den Parkplatz. Und während ich auf den hell erleuchteten Eingang zusteuerte, sagte ich mir: Ja, du hast dich wirklich verändert. Dass du hier bist, ist der Beweis. Früher hättest du es einfach laufen, hättest Wes gehen lassen. Doch nun war ich eine andere.
    Auf meinem Weg über den Parkplatz bis zum Rand des Bürgersteigs vor dem Café, ja, beinahe noch bis zur Tür war ich tatsächlich eine andere. Doch dann entdeckte ich ihn. Er

Weitere Kostenlose Bücher