Zwischen jetzt und immer
meinte ich rasch und sah dabei zwischen Caroline und meiner Mutter hin und her. »Ab dem achten, nicht wahr?«
Ich wartete auf Carolines zustimmendes Nicken. Doch bevor sie reagieren konnte, sagte meine Mutter: »Nächsten Sonntag? Am Tag nach der Gala? Ausgeschlossen. Dann sind die Villen gerade eröffnet und die nächste heiße Phase beginnt. Wann hast du das denn beschlossen?«
»Ich habe gar nichts beschlossen, sondern wir.« Als Caroline nun endlich wieder den Mund aufmachte, klang ihre Stimme gefährlich ruhig. »Wir haben das gemeinsam beschlossen, schon vor Wochen.«
Meine Mutter warf mir einen Blick zu. »Unmöglich«, sagte sie und fuhr mit der Hand durch ihr Haar. »Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass ich zu dem Termin Ja gesagt haben soll. Ich kann ab dem achten unmöglich Urlaub machen, es ist zu kurz nach der Eröffnung. Wie schon gesagt, die eigentliche Verkaufsphase fängt dann erst an. Außerdem findet am Montag, also am neunten, eine wichtige Besprechung über die weitere Entwicklung und Planung des ganzen Projekts Wildflower Ridge statt. Bei den Villen alleinwird es ja nicht bleiben. Und das heißt, ich muss hier sein, ich kann nicht wegfahren.«
»Ich fasse es nicht.« Meine Schwester schüttelte ungläubig den Kopf. »Ich begreife dich nicht.«
»Versuch es wenigstens, Caroline. Warum verstehst du mich nicht?«, sagte meine Mutter. »Es ist wirklich sehr wichtig.«
»Nein!«, schrie meine Schwester. Das Wort explodierte förmlich im Raum. »Es ist dein Job und der hört nie auf. Du hast mir versprochen, dass wir zusammen Urlaub machen. Den Zeitpunkt haben wir gemeinsam festgelegt. Ich habe Tag und Nacht gerackert, um es bis dahin zu schaffen. Nicht dass ich mich beschwere – das Haus sollte rechtzeitig fertig werden, damit wir drei eine Woche dort verbringen können. Du hast damals gesagt, ab dem achten sei es dir recht, ab dann hättest du Zeit. Aber es ist dir niemals recht, du hast niemals Zeit. Weil du nie aufhörst zu arbeiten. Den ganzen Sommer lang dreht sich das Leben bloß noch um diese verfluchten Villen. Und was tust du? Zwei Tage nachdem sie endlich fertig sind, willst du den Grundstein für was Neues legen? Meine Güte, du tust wirklich alles, um es zu verdrängen!«
»Um was zu verdrängen?«, fragte meine Mutter.
»Die Vergangenheit«, antwortete Caroline. »Unsere Vergangenheit. Ich bin es leid, so zu tun, als wäre nichts passiert, als hätte es ihn nicht gegeben. Ich ertrage es nicht, dass es kein einziges Foto mehr von ihm gibt, dass du seine Sachen radikal aus dem Haus verbannt hast. Und warum? Weil du unfähig bist zu trauern.«
Die Stimme meiner Mutter wurde leise, fast drohend: »Erzähl du mir nichts von Trauer! Du hast ja keine Ahnung.«
»Doch, ich weiß genau, wovon ich spreche.« Caroline musste ein paar Mal schlucken, bevor sie fortfahren konnte.»Aber ich versuche wenigstens nicht, meine Trauer wegzudrücken. Ich
bin
traurig. Du hingegen versteckst dich zwischen deinen Plänen für Häuser und Villen, weil sie neu sind und perfekt und dich an nichts von dem erinnern, was war.«
»Hör auf!«, sagte meine Mutter.
Caroline achtete gar nicht auf den Einwurf, sondern redete einfach weiter: »Schau dir doch Macy an. Hast du überhaupt eine Ahnung, was du ihr antust?«
Wieder warf meine Mutter mir einen Blick zu. Ich wich unwillkürlich zurück, wollte mich so weit wie möglich raushalten.
»Macy geht’s gut«, sagte meine Mutter.
»Nein, es geht ihr nicht gut. Du behauptest das, aber es stimmt einfach nicht.« Nun warf Caroline mir einen Blick zu, als wollte sie mir signalisieren mit einzustimmen. Doch ich blieb stumm, rührte mich nicht. »Du bekommst überhaupt nicht mehr mit, was in ihr vorgeht. Seit Papas Tod hat sie immer nur versucht es dir möglichst recht zu machen und ist dabei immer unglücklicher geworden. Bis sie in diesen Sommerferien endlich neue Freunde fand und einen Job, der ihr wirklich Spaß machte. Aber dann unterläuft ihr ein einziger, winziger Fehler und du nimmst ihr alles wieder weg.«
»Das eine hat mit dem anderen überhaupt nichts zu tun«, sagte meine Mutter.
»Aber natürlich, das eine hat
nur
mit dem anderen zu tun«, konterte Caroline. »Denn Macy hatte es endlich geschafft, darüber hinwegzukommen. Hast du nicht bemerkt, wie sie sich verändert hat? Selbst mir fiel es auf, dabei bin ich nur ab und zu da. Aber Macy war
anders
. Sie war gerade dabei, sich zu
verändern
.«
»Genau«, sagte meine Mutter. »Sie war
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