Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwischen jetzt und immer

Zwischen jetzt und immer

Titel: Zwischen jetzt und immer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Dessen
Vom Netzwerk:
aufgehorcht hatte: Jason kam am Tag davor zurück. Wenn ich mit meiner Mutter und meiner Schwester ans Meer fuhr, würde ich also wissen, ob er und ich endgültig zusammen oder auseinander waren. Aber jetzt hatten wir erst Ende Juni. In den Villen fehlte noch alles Mögliche, von Fensterrahmen über elektrische Leitungen bis hin zu den Beeten im Vorgarten. Im Haus am Meer musste gestrichen, mussten Böden abgeschmirgelt und neue Einrichtungsgegenstände geliefert werden; unter dem wachsamen Blick meiner Schwester würde dort ein ganz neuer Look entstehen. Das Neue würde neu sein, das Alte ebenfalls. Wieder neu. Was würde ich sein? Zusammen, getrennt, in der Warteschleife oder was? Ich wusste es nicht. Zum Glück hatten wir alle miteinander noch ein bisschen Zeit.
     
    Wes und ich waren jetzt offiziell Freunde. Worüber sich niemand mehr wunderte als ich.
    Zu Beginn hatten wir eigentlich   – mal abgesehen davon, dass wir beide ein Elternteil verloren hatten   – nur eins gemeinsam, nämlich den Job bei
Wish Catering
. Zugegeben, das waren im Grunde schon ziemlich viele und vor allem wichtige Gemeinsamkeiten. Aber was uns jetzt verband, ging weit darüber hinaus. Seit jener Nacht, in der uns das Benzin ausging und wir mutterseelenallein durch die dunkle Pampa marschiert waren, fühlte ich mich in Wes’ Gegenwart einfach wohl. Wenn ich mit ihm zusammen war, musste ich weder perfekt sein noch es überhaupt im Ansatz versuchen. Denn er kannte bereits sämtliche meiner Geheimnisse, wusste, was ich anderen gegenüber verschwieg. Deswegen fiel es mir leicht, in seiner Gegenwart ich selbst zu sein. Das hätte eigentlich nichts Besonderes zu sein brauchen. Doch für mich war es etwas Besonderes. Sehr sogar.
    »Sag mal, warum glotzen die eigentlich so?«, fragte er mich eines Abends, als wir auf dem Verandageländer eines Hauses in Arbors   – dem Viertel neben Wildflower Ridge   – hockten, wo gerade eine Party stieg.
    Ich folgte seinem Blick durch die offen stehende, gläserne Schiebetür und entdeckte in der Küche drei Mädchen, die ich aus der Schule kannte und die uns   – genauer gesagt: mich   – unverhohlen anstarrten. Die drei gehörten zu denen, die nach Schulschluss noch ewig auf dem Parkplatz abhingen, grundsätzlich Sonnenbrillen trugen und ihre Kippen hinter vorgehaltener Hand verstecken zu können glaubten.
    Ich trank einen Schluck Bier. »Ich glaube, sie sind einfach überrascht, mich hier zu treffen.«
    »Ach ja?«
    Ich nickte und stellte meinen Plastikbecher mit Bier auf dem Geländer ab. An den Köpfen der Mädchen vorbei konnte ich im Hintergrund Kristy, Bert und Monica sehen; sie saßen an dem langen Eichentisch im Esszimmer und spielten Münzenschnippen, wobei sie geschickt um die Bierdosen herummanövrierten, die sich dort türmten. Das ausladende Gesteck, das wohl sonst in der Mitte des Tisches prangte, war achtlos an den Rand geschoben worden. Wenn wir in letzter Zeit zu Partys gingen, ergab sich eigentlich immer dieselbe Konstellation: Wes und ich taten uns zusammen und hielten uns etwas abseits des Geschehens auf, während Kristy   – genau wie alle anderen weiblichen Partygäste   – auf Jungsfang ging, mit dem festen Vorsatz, den Supertypen des Abends abzuschleppen. Und Bert versuchte das Gleiche in puncto Mädels, wenn es in der Regel auch nur die sehr verzweifelten Mädchen waren, bei denen er Chancen hatte. Während die anderen also alle ihr Glückversuchten und über das dürftige Angebot klagten, saßen wir zwei »Beziehungspausierer« gemütlich beisammen, quatschten und sahen dem Trubel gelassen zu.
    »Und warum sind sie so erstaunt, dich hier zu sehen?«, fragte Wes. Dabei nickte er einem Typen mit Baseballmütze zu, der gerade vorbeistiefelte und ihn grüßte.
    »Weil sie denken, ich sei die Perfektion in Person.«
    »Du?« Seine Stimme klang so übertrieben verdutzt, dass ich ihm einen ebenso übertrieben entrüsteten Blick zuwarf.
    »Ich meine, äh . . . na ja«, lautete Wes’ nächster Kommentar.
    »Halt bloß den Mund.« Ich schnappte mir mein Bier und nahm noch einen Schluck.
    »Nein, nein, ich finde das sehr interessant«, sagte er.
    Die drei Grazien traten auf die Terrasse und verschwanden in einem ganzen Klumpatsch Leute, die sich ums Bierfass drängten.
    »Erklär mir, was du mit Perfektion meinst«, insistierte Wes.
    »Artig. Lieb. Und zwar schon allein dadurch, mit wem ich sonst meine Zeit verbringe. Jason würde nie auf solche Partys

Weitere Kostenlose Bücher