Zwischen jetzt und immer
gehen.«
»Nicht?«
»Natürlich nicht.«
Darüber musste Wes erst einmal ausgiebig nachdenken. Mir fielen mindestens sechs Mädchen auf der Terrasse auf, die ihn mehr oder minder offen anstarrten. Mit den Augen förmlich verschlangen. Obwohl ich mich allmählich daran gewöhnte, weil es jedes Mal passierte, wenn ich mit ihm zusammen in der Öffentlichkeit auftauchte, verunsicherte es mich nach wie vor. Und es nervte. Wie oft hatte ich mir schon neidisch-finstere Blicke eingehandelt, nur weil ichneben ihm saß! Ich hatte aufgehört, es zu zählen. Wir sind kein Paar, wollte ich jedem dieser Mädchen zurufen, die mich mit zu Schlitzen verengten Augen beobachteten und nur darauf warteten, dass ich zur Toilette musste oder mal kurz zu Kristy rüberging, um eine Runde mit ihr zu quatschen. Denn in dem Moment, da ich Wes’ Seite verließ, ergriffen sie unter Garantie sofort die Chance, sich an ihn ranzumachen. Inzwischen konnte ich allerdings ziemlich genau, und das aus einem Kilometer Entfernung, einschätzen, wer sein Typ war und wer nicht. Das Mädchen in dem engen schwarzen Kleid mit den knallrot geschminkten Lippen, das am Bierfass lehnte? Nein. Die Braungebrannte im Jeansminirock und schwarzen T-Shirt ? Vielleicht. Die da hinten, die sich andauernd »verführerisch« über die Lippen leckte? Igitt. Nein. Nein. Nein.
»Nehmen wir trotzdem mal an, Jason wäre hier«, sagte Wes gerade. »Was würde er machen?«
Ich überlegte kurz, bevor ich antwortete. »Sich vermutlich über den Rauch beschweren. Sich Sorgen machen, ob die Dosen auch ordentlich, sprich umweltfreundlich entsorgt werden. Er ist ein absoluter Recycling-Fanatiker, wenn du verstehst, was ich meine. Und Becky?«
Auch Wes dachte einen Moment über meine Frage nach, fuhr sich dabei mit der Hand durchs Haar. Aus dem Esszimmer drang Kristys lautes, ausgelassenes Lachen. »Sie läge irgendwo in einer Ecke und wäre völlig zu. Oder würde sich im Gebüsch verstecken, um heimlich Gras zu rauchen. Was sie mir gegenüber hinterher standhaft leugnen würde.«
»Aha«, sagte ich.
»Genau – aha.«
Das Mädchen in dem engen schwarzen Kleid ging entschiedenzu langsam an uns vorbei, wobei sie Wes tief in die Augen blickte. »Hallo«, hauchte sie. Er nickte bloß stumm. Hab ich’s doch gewusst, dachte ich.
»Also, echt«, sagte ich.
»Was?«
»Komm, gib zu, irgendwie ist es ziemlich albern.«
»Was?«
Erst jetzt, da ich versuchen wollte es ihm zu erklären, wurde mir klar, wie schwierig es war, die richtigen Worte dafür zu finden. »Du weißt schon, was ich meine«, begann ich. Zum Glück fiel mir Kristys Formulierung ein, die das Wes-Phänomen tatsächlich am besten charakterisierte: »Ich sage nur Bäng.«
»Bäng?«
»Jetzt hör aber auf, Wes. Merkst du wirklich nicht, wie dich alle Mädchen dieser Welt anstarren?«
Er verdrehte bloß die Augen und lehnte sich etwas zurück, die Hände am Geländer abgestützt. »Um noch mal darauf zurückzukommen, dass du angeblich perfekt bist –«
Ich fiel ihm ins Wort. »Mal im Ernst: Wie fühlt sich das an?«
»Perfekt zu sein? Woher soll ich das wissen?«
Ich stieß einen tiefen Seufzer aus. »Ich rede nicht von perfekt, sondern von . . .«
Während ich krampfhaft nach dem passenden Wort suchte, schnipste er einen Käfer von seinem Arm.
». . . schön. Attraktiv. Gut aussehend.« Noch vor zwei Wochen wäre ich an dieser Stelle feuerrot geworden und vor Scham im Boden versunken, so peinlich wäre es mir gewesen. Doch jetzt spürte ich allenfalls ein leichtes Zwicken in der Herzgegend, während ich einen Schluck Bier trank und wartete, dass Wes antwortete.
»Und ich wiederhole: Woher soll ich das wissen?«, meinte er. Gleichzeitig schlenderten die drei Parkplatzmiezen an uns vorbei und musterten uns von oben bis unten. »Sag du’s mir«, fuhr Wes fort.
»Lass stecken.« Dabei imitierte ich Monicas gedehnten Tonfall so perfekt, dass Wes laut auflachte. »Wir sprechen aber nicht von mir.«
»Das wäre aber gut möglich«, antwortete er. Amüsiert warf ich einen kurzen Blick zu Bert rüber, der gerade in Lauerstellung ging, weil eine Gruppe sehr junger, sehr naiver Girlies – schätzungsweise neuntes Schuljahr – das Wohnzimmer betraten.
»Ich bin nicht schön«, sagte ich.
»Natürlich bist du schön, spinnst du?«
Ich schüttelte den Kopf. Er wollte nur meiner Frage ausweichen. »Du bist so was von im Vorteil, schau dich doch mal an: der Prototyp des dunklen, schlanken, großen,
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