Zwischen Krieg und Terror
verweigert Zugeständnisse an die Europäer. Zudem verkleinert sich der Handlungsspielraum weiter, weil die USA das Atomprogramm Irans ablehnen und davon ausgehen, dass dort geheime Militärprojekte betrieben werden. Ãhnlich wie im Vorfeld des Irakkriegs leiten US-Politiker die Gefahr durch iranische Massenvernichtungswaffen aus Analysen der CIA ab. Im November 2004 heiÃt es im jährlichen CIA-Bericht an den Kongress bezüglich des weltweiten Strebens nach Massenvernichtungswaffen: »Iran setzt beharrlich und voller Energie den Plan eines eigenen Programms zur Herstellung von nuklearen, chemischen und biologischen Waffen fort.« 13 Wie in Geheimdienstberichten üblich, werden keine Beweise angeführt. Betont wird jedoch die Unterstützung, die das iranische Atomprogramm in der Vergangenheit vom Netzwerk des pakistanischen Atomwaffenkonstrukteurs Kadir Khan erhalten hat. Im Abschnitt über die iranischen Atomwaffen heiÃt es: »Die Vereinigten Staaten bleiben überzeugt davon, dass Teheran ein geheimes Nuklearwaffenprogramm betrieben hat, das im Widerspruch zu seinen Verpflichtungen als Partei des Atomwaffensperrvertrags steht. ⦠Internationale Untersuchungen und die Inspektionen und Sicherheitsvorkehrungen der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEA) werden Teheran höchstwahrscheinlich davon abhalten, der IAEA gemeldete Anlagen direkt für sein Waffenprogramm zu nutzen, solange Teheran ein Unterzeichner des Atomwaffensperrvertrags bleibt. Allerdings könnte Iran die gleiche Technologie an anderen, versteckten Orten zur militärischen Anwendung nutzen.« 14
Wie ungesichert der CIA-Bericht über die iranischen Massenvernichtungswaffen sein dürfte, wird aus einer Studie zu Geheimdienstberichten ersichtlich, die der ehemalige Richter Laurence H. Silberman und der einstige Gouverneur und Senator Charles S. Robb im März 2005 dem Präsidenten übergeben. 15 Darin wird festgestellt, dass die Arbeit der amerikanischen Geheimdienste unzulänglich sei und eine sichere Beurteilung des iranischen Waffenprogramms nicht zu gewährleisten vermögen. Ein Offizier, der Einzelheiten des CIA-Berichts kennt, bezeichnet die Informationslage über den Iran gegenüber der New York Times als »skandalös«.
Doch Condoleezza Rice, AuÃenministerin und Nachfolgerin Colin Powells, nutzt das Geheimdienstdossier, um Iran zu beschuldigen, ein Atomwaffenprogramm unter dem Deckmantel ziviler Nutzung zu betreiben. Rice macht dabei keine Andeutungen, mit Iran direkt verhandeln zu wollen. Ihre Bemerkungen über die Politik den Iran betreffend bleiben verschwommen, wenn sie davon spricht, dass sich die USA in verschiedenen Foren und mit unterschiedlichen Partnern des Irans annähmen. Und dann verweist sie auf den Präsidenten, der in der Nacht zuvor in seinem Bericht zur Lage der Nation den Iranern zugesichert hat: »Wenn Sie für Ihre eigene Freiheit einstehen, stehen die Vereinigten Staaten an Ihrer Seite.« 16 Aber auch diese Präsidentenworte sind so allgemein, dass die Absichten Washingtons bezüglich Teherans nicht deutlich werden. Sie klingen ähnlich unverbindlich und vage wie Bushs öffentliche Solidarisierung mit den Demonstranten im Jahre 2003.
Dabei spielen sich Politiker und Militärs die Bälle zu. Systematisch wird Iran in Wort und Tat gedroht. John Abizaid, der Chef des amerikanischen Zentralkommandos auf dem Stützpunkt in Doha, der nur dreihundert Kilometer von der iranischen Golfküste entfernt liegt, warnt bereits im November 2004 die Regierung in Teheran: »Man sollte niemals die Schlagkraft der USA zu Wasser und in der Luft unterbewerten.« 17 Auch wenn aufgrund der Stationierung im Irak ungefähr 150 000 Soldaten gebunden seien, hätten die US-Streitkräfte noch genügend Mittel, um einen Konflikt mit Iran auszutragen: »Wir haben eine unglaubliche Macht«, erklärt Abizaid, nachdem Iran wenige Tage zuvor angekündigt hat, sein Programm zur Urananreicherung auszusetzen. Aussagen wie diese sind europäischen Medien höchstens eine kurze Notiz wert. Iranische Zeitungen berichten dagegen in groÃer Aufmachung über derartige verbale Kraftakte.
Auch die von verschiedenen israelischen Politikern periodisch geäuÃerten Absichten, gegen den Iran militärisch vorzugehen, hinterlassen Wirkung, insbesondere weil sie international nicht verurteilt werden. Politiker in Teheran messen ihnen
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