Zwischen Krieg und Terror
tritt die Organisation, die die Selbstmordattentäter ausbildet, verstärkt öffentlich in Erscheinung.
Als ich auf dem Friedhof von Teheran Freiwillige des Komitees treffe, wissen viele der Vermummten nicht, gegen und für wen sie ihr Leben opfern sollen. Einige behaupten, ihr Kampf würde sich gegen Terrorismus wenden. Einer der potenziellen Selbstmordattentäter stellt seinen Entschluss sogar infrage: »Eigentlich sollte man jetzt Friedensarbeit leisten. Aber wenn es sein muss, sind wir bereit, unsere moralische Pflicht zu erfüllen.« Ein Reservoir an Selbstmordattentätern stellt auch das Heer der Flüchtlinge aus den unterschiedlichsten Ländern dar. Für Attentate in Afghanistan können im Iran lebende Afghanen rekrutiert werden. Auch unter den mindestens zweihunderttausend irakischen Flüchtlingen lieÃen sich genügend Freiwillige auftreiben.
Neben den potenziellen Selbstmordattentätern, die aus ihren Absichten kein Hehl machen, dürfte Iran über zusätzliche Kräfte verfügen, die bei Anschlägen im Ausland eingesetzt werden können. Man muss davon ausgehen, dass vor allem in den Jahren nach der Revolution unterschiedlichste Kommandos ausgebildet wurden, die auch heute sofort in Aktion treten können. Zahlreiche Morde an Gegnern der Islamischen Republik im Ausland zeigen die Fähigkeit der iranischen Führung, auÃerhalb des Landes Terroranschläge zu organisieren.
Zur Gefahr einer durch die Konfrontation mit Iran ausgelösten neuen Terrorwelle gehört auch, dass die Islamische Republik weltweit Anhänger mobilisieren kann. In vielen arabischen Staaten leben schiitische Minderheiten, von denen einige Aktivisten in einer Krise loszuschlagen bereit wären. Und auch Sunniten könnten auf der Seite Irans in einen Konflikt eingreifen - wie viele es sind, hängt davon ab, wie sich das Verhältnis der beiden Glaubensrichtungen entwickelt.
Der iranischen Führung wird nach einem Angriff von auÃen jedes Mittel recht sein, diese Hilfstruppen zu aktivieren, um den Krieg über die Grenzen des eigenen Territoriums auszuweiten. Immer wieder haben Politiker in Teheran versichert, nicht nur Iran werde im Falle von Sanktionen oder eines Krieges leiden. Wer auf ein Einlenken Irans als Reaktion auf einen Angriff setzt, der dürfte enttäuscht werden. So groà die Ãbertreibungen über die militärischen Möglichkeiten der iranischen Streitkräfte auch sein mögen, so falsch wäre es, ihre Schlagkraft zu unterschätzen. Das Land dürfte über genügend Waffensysteme verfügen, um gegnerische Truppen in längere Kampfhandlungen zu verwickeln. Ãberdies bietet die Weite des Landes nahezu unbegrenzte Rückzugsräume.
Ãhnlich wie beim Kampf der Israelis gegen die Hisbollah im Libanon würden ausländische Truppen im Iran auf Kommandos treffen, die vor allem aus dem Hinterhalt zuschlagen. Auch die iranischen Streitkräfte werden im Kriegsfall einer offenen Feldschlacht ausweichen. Hinzu kommt, dass weder im Irak noch im Süden Libanons Luftangriffe die gegnerischen Truppen ausschalten konnten. Die Kommandos der Hisbollah verfügen wie Teile der Aufständischen im Irak über gut ausgebildete Kämpfer, die sich auf Guerillataktiken verlegt haben. Nach dieser oder einer gleichartigen Strategie werden auch iranische Einheiten operieren. Neben den regulären Truppen der Armee und der Revolutionswächter sind in den vergangenen Jahren zwei Millionen Kämpfer für einen Einsatz gegen die US-Streitkräfte ausgebildet worden und in paramilitärischen Verbänden organisiert.
Entsprechende Einheiten waren 2001 in Afghanistan und 2003 im Irak während der von den USA geführten Kriege im Einsatz. Sie würden im Kriegsfall erneut in den Kampf geschickt werden, diesmal aber gegen US-Soldaten. Auch im Südirak oder in den Mittelabschnitten der iranisch-irakischen Grenze sollten iranische Kommandotrupps in der Lage sein, ähnliche Angriffe auszuführen. In den ländlichen Regionen spielt die Autorität der Regierungen von Kabul und Bagdad eine nur unwesentliche Rolle, ein Umstand, der iranischen Truppen das Agieren jenseits der eigenen Grenze erleichtert.
Damit dürften Vorstellungen der Planer aus dem Pentagon, Iran mit einem Luftkrieg zum Einlenken in der Atomfrage zu zwingen oder die Herrschaft der religiösen Führung zu beenden und das politische System zu
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