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Zwischen Krieg und Terror

Titel: Zwischen Krieg und Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Tilgner
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ändern, militärisch kaum zu realisieren sein. Selbst heftigere Angriffe als die während des Krieges gegen Irak im Frühjahr 2003 würden die Herrschaftsstrukturen in Teheran nicht übermäßig erschüttern. Denn Geheimdienste und Polizeikräfte sind auf solch eine Entwicklung vorbereitet. Sie werden jede aufkommende oppositionelle Regung im Keim ersticken. Zudem existiert im Iran derzeit keine politische Kraft, die sich einen Angriff erhofft, um in diesem Moment eine politische Offensive gegen die Regierung oder gar den Versuch einer Revolte zu wagen. Des Weiteren ist der Nationalismus so stark ausgeprägt, dass es sich selbst Gegnern des derzeitigen Systems verbietet, einen Krieg zur Verschärfung der innenpolitischen Auseinandersetzungen zu nutzen. Auch nach dem irakischen Angriff 1980 waren die ersten Kriegswochen durch nationale Solidarität geprägt, die innenpolitischen Auseinandersetzungen begannen erst, als der Vormarsch der irakischen Truppen zum Stehen gebracht und die ersten gegnerischen Einheiten zurückgedrängt werden konnten.

Verhandlungen statt Eskalation
    Mit ihrer Taktik der Konfrontation werden weder Iran noch die USA die bestehenden Probleme lösen können. Die beiden Kontrahenten haben sich in messianischen Absichten verfangen und sind bisher nicht kompromissbereit. »Integration oder Isolation« aufseiten des Westens und Unnachgiebigkeit um jeden Preis aufseiten Irans erweisen sich nur auf den ersten Blick als erfolgreiche Konzepte. In Teheran sind Präsident Ahmadinejad und seine Anhänger bereit, ein Scheitern der Verhandlungen in Kauf zu nehmen. In den USA sind es neokonservative Kreise, die ein Stocken der Verhandlungen nutzen werden, um die Regierung in Washington zu einer Eskalation zu drängen.
    Dabei können langwierige Verhandlungen sehr wohl erfolgreich sein. Im Konflikt zwischen Libyen und den USA hat es zwölf Jahre gedauert, bis Libyen seine Versuche, eine Atombombe zu bauen, aufgab und die USA ihre Sanktionern einstellten, obwohl das Ghaddafi-Regime nicht gestürzt wurde.
    Außenministerin Condoleezza Rice verfolgt seit dem Frühjahr 2005 eine Neuorientierung in der US-amerikanischen Iranpolitik, die sie als Sicherheitsberaterin noch strikt abgelehnt hatte. In einem ersten Schritt wurde dem Land das völkerrechtlich zustehende Recht auf Nutzung der Atomtechnologie auch eingeräumt. Angesichts der dramatisch zunehmenden Probleme der USA im Irak sucht Rice eine vorsichtige Entspannung des Verhältnisses mit dem Iran. Von ihr gewünschte Gespräche über eine Beruhigung der Lage im Irak haben nicht stattgefunden, aber mit der Bereitschaft, das Angebotspaket zur Beilegung des Atomkonflikts zu unterstützen, sind die USA im April 2006 einen bedeutenden Schritt auf die religiöse Führung im Iran zugegangen.
    Dieser Umorientierung liegt auch das Bemühen zugrunde, in der Atomfrage eine sich einige internationale Koalition gegenüber dem Iran aufzubauen. Daraus entwickelt sich die Möglichkeit zumindest indirekter Kontakte zwischen Washington und Teheran. Die Verhandlungen zur Lösung der Atomfrage können auch genutzt werden, um Spannungen zwischen den USA und Iran abzubauen. Schnelle Erfolge schließen sich aus, da die seit siebenundzwanzig Jahren bestehenden Differenzen zwischen den Regierungen in Washington und Teheran nicht innerhalb weniger Monate ausgeräumt werden können.
    Diese Politik muss auch dann nicht scheitern, wenn sie mit der Sanktionsdrohung des Weltsicherheitsrats kombiniert wird. Denn Androhungen von Sanktionen können nur dann nachhaltig wirken, wenn sie mit Kompromissangeboten, Verhandlungsvorschlägen und einer anhaltenden Verhandlungsbereitschaft verbunden werden. Mit ihrer vorsichtigen Öffnung Richtung Teheran holt die US-Regierung nur etwas nach, um das sich iranische Politiker seit Jahren bemüht haben: nämlich eine Verbesserung des Verhältnisses zwischen beiden Ländern. Selbst Präsident Ahmadinejad hat mit seinem Brief an seinen US-Kollegen in einer verzerrten Weise diese Politik fortgesetzt. 1
    Der Libanonkrieg erschwert diese Bemühungen. Einerseits versucht Iran, die Kämpfe zwischen Israel und der Hisbollah zu nutzen, um von der Atomfrage abzulenken. Andererseits wird Teheran aber auch geschwächt, weil die Hisbollah möglicherweise an militärischer Kraft einbüßen und künftig nicht mehr als Hilfstruppe in einen

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