Zwischen Krieg und Terror
In bestimmten Kriegsphasen mag solch eine Taktik zwar noch die gewünschten Erfolge bringen, doch bei der militärischen Unterstützung des Aufbaus einer demokratischen Gesellschaft ist sie zum Scheitern verurteilt. Wenn schon normale Menschen als Feinde gelten - und das sind sie in den Augen vieler US-Soldaten, die in den Sunnitengebieten eingesetzt sind -, dann steigt die Zahl der Toten unter der Zivilbevölkerung. Auch damit ist zu erklären, dass der gröÃte Teil der Iraker der Ãberzeugung ist, die Amerikaner wollten gar nicht für ihre Sicherheit sorgen. Generalleutnant Peter Chiarelli, der stellvertretende Kommandeur der US-Streitkräfte im Irak, hat für die Soldaten im Irak inzwischen Sonderkurse zu moralischen Werten der Truppe und der Ethik auf dem Schlachtfeld angeordnet.
Meist werden die von Soldaten verübten Straftaten erst Wochen oder Monate später bekannt. Dazu gehört skandalöserweise auch die Vergewaltigung und Ermordung einer vierzehnjährigen Irakerin: Sie musste nach dem an ihr begangenen Verbrechen zusammen mit ihren Eltern und einer jüngeren Schwester sterben. Zehn Wochen lang wurde diese Untat in der Kleinstadt Mahmudiyah südlich von Bagdad von Angehörigen der US-Einheit, in der die Täter Dienst tun, vertuscht. Ein Soldat offenbarte die Vergewaltigung und die Morde erst, als seine Einheit ein Antistressprogramm absolvierte, nachdem zwei Soldaten des 502. Infanterieregiments von Irakern zu Tode gefoltert worden waren. Das Training soll verhindern, dass Soldaten sich aus Wut über den Tod von Kameraden zu Vergeltungsaktionen gegen die irakische Bevölkerung hinreiÃen lassen. Möglicherweise handelt es sich bei der Ermordung der beiden Soldaten um einen Racheakt von Verwandten oder Bewohnern des Dorfes für die Vergewaltigung und den Tod des Mädchens sowie den Mord an der Familie. Das Verbrechen geschah, nachdem das Mädchen bereits Tage von US-Soldaten belästigt worden war und die Eltern beschlossen hatten, es zu einem Verwandten zu schicken. Für den einundzwanzigjährigen Hauptbeschuldigten Steven Green ist das Töten von Irakern, »wie eine Ameise zu zerquetschen«. Vier Wochen vor dem Verbrechen erklärte er einem Korrespondenten der Washington Post : »Du tötest jemanden, und dann sagst du: âºLos, wir holen uns eine Pizza.â¹Â« Dann schildert Green einen konkreten Fall: »Ich habe einmal auf einen Typen geschossen, der nicht an einem Kontrollposten angehalten hat, und es war, als wäre nichts gewesen.« 14 Trotz einer Vorstrafe war der damals Neunzehnjährige Anfang 2005 als Freiwilliger von der Armee akzeptiert worden, weil das Verteidigungsministerium die Aufnahmebedingungen entschärft hatte, um den Mangel an Soldaten auszugleichen. Während seiner etwa halbjährigen Dienstzeit in der Region um Mahmudiyah waren acht der aus 110 Mann bestehenden Kompanie, in der Green Dienst tat, getötet worden.
Erschreckend ist die Kaltschnäuzigkeit Greens und seiner Kameraden. Zuerst erschieÃen sie die Eltern und deren sechsjährige Tochter, dann vergewaltigen sie die vierzehnjährige Abeer Al Janabi und bringen sie ebenfalls um. Sie übergieÃen die Ermordeten mit Benzin und legen einen Brand, um die Spuren zu verwischen. Später wird das Verbrechen Aufständischen angelastet, US-Soldaten nehmen eine Spurensicherung vor und fotografieren sogar Opfer und Tatort. Während die Nachbarn von den Belästigungen des Opfers durch US-Soldaten wissen und diese auch des Verbrechens beschuldigen, kommen die Ermittler der Einheit zu einem gegenteiligen Ergebnis. Wie tief müssen kulturelle Gräben sein, um nach solch einer unfassbaren Tat Nachbarn nicht zu vernehmen oder deren Hinweisen nicht zu folgen.
Welche Auswüchse die Verharmlosung von Verbrechen an Irakern annimmt, wird an einem Lied ersichtlich, in dem ein US-Marineinfanterist die Ermordung irakischer Zivilisten verherrlicht. Auf dem vier Minuten langen Video singt ein junger Soldat in Tarnanzug und Kampfstiefeln zur Gitarre: »Ich schnappte ihre kleine Schwester und stellte sie vor mich. Als die Kugeln flogen, spritzte das Blut zwischen ihren Augen, und dann lachte ich wie ein Wahnsinniger.« Und dann steigert sich Korporal Joshua Belile noch: »Ich pustete diese kleinen Arschlöcher in die Ewigkeit. Sie hätten wissen müssen, dass sie es mit den Marines zu tun hatten.« 15 Das Machwerk betitelt er mit
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