Zwischen Krieg und Terror
ist, desto mehr wird den Feinden der USA geholfen.
Insbesondere Ende 2003 und Anfang 2004 befinden sich Saudis unter den Selbstmordattentätern, die identifiziert werden. 6 Auf einem Flug von Bagdad in die jordanische Hauptstadt Amman offenbart mir ein sunnitischer Politiker, der mit der US-Verwaltung im Irak zusammenarbeitet, Einzelheiten über die Rekrutierungspraxis Zarqawis. Während Iraker Geld dafür bekommen, dass sie sich für einen Selbstmordanschlag zur Verfügung halten, müssen Saudis hohe Summen zahlen, damit sie für ein Attentat ausgebildet werden und dieses später auch ausführen dürfen. Im Umfeld einiger Prediger in Mekka wimmele es von solchen Freiwilligen, höre ich. Sie seien bereit, bis zu 10 000 Dollar zu zahlen. Zarqawi benötigt Geld und Leute für seine Anschläge, die saudischen Freiwilligen bieten ihm beides zugleich. Natürlich ist es schwieriger, einen Ausländer zu einem Ziel zu leiten, da Einheimische nicht auffallen. Doch angeblich wird die Zahlung mit diesem Zusatzaufwand begründet.
Nach Schätzungen, die sich auf Berichte arabischer Geheimdienste stützen, stellen die Algerier die gröÃte Gruppe der im Irak agierenden Ausländer aus arabischen Staaten. 7 Immerhin stammt jeder zehnte der vermuteten 3000 Ausländer aus Saudi-Arabien. Von dort kommen keine armen Schlucker, sondern vor allem Sprösslinge gut situierter Mittelschichtfamilien aus der Region Hejaz an der Küste des Roten Meeres. Sie wollen sich an den Kämpfen beteiligen, um die Ungläubigen aus Irak zu vertreiben und den Folterskandal von Abu Ghraib zu rächen. Bis zum Juli 2005 wendet die saudische Regierung umgerechnet eine Milliarde Euro auf, um die Grenze zum Irak besser zu überwachen und Terrorbereite am Einsickern in den Irak zu hindern, denn in Bagdad nimmt man an, dass die Hälfte der Selbstmordattentäter bei den Anschlägen der Jahre 2003 und 2004 aus Saudi-Arabien stammt.
Propagandaoffensive der Terroristen
Internetaufrufe und Hilfeersuchen von Aufständischen und Terroristen im Irak ziehen die Aktivisten aus der gesamten arabischen Welt an. Vor allem Zarqawi erweist sich als Meister der Propaganda. Während seine Kommandos den Angehörigen oder Bewohnern der von ihnen kontrollierten Dörfer und Quartiere das Fernsehen verbieten, nutzt der AchtunddreiÃigjährige selbst modernste Technologien, um neue Kämpfer zu rekrutieren. Anders als die Iraker hat der Jordanier Erfahrung im Umgang mit Medien. Während seines ersten Aufenthalts in Afghanistan hatte er im Frühjahr 1990 für ein islamisches Nachrichtenblatt geschrieben. Um den 11. September 2001 herum war Zarqawi erneut in Afghanistan und konnte dort erleben, wie die damals nur unter islamischen Aktivisten bekannte Al-Kaida-Organisation und deren Anführer Bin Laden innerhalb weniger Tage weltweit traurige Berühmtheit erlangten.
Gerade der Zwang, im Geheimen zu operieren und die Ziele des Kampfes nicht offen nennen zu können, verstärkt die Bedeutung von Videobotschaften und Internetnachrichten für die Aufständischen und die Terroristen. Zarqawi nutzt das Internet, aber auch Zeitungen und das Fernsehen sehr geschickt, um die von ihm lancierten Aktionen publik zu machen. Besser als andere weià er, dass der Bericht über eine Tat, vor allem ihre fotografische Dokumentation, in manchen Fällen eine wesentlich gröÃere Wirkung zu erzielen vermag als die Tat selbst.
Für die kleinen, sehr oft isoliert agierenden Untergrundorganisationen wird die Nutzung neuer Technologien rasch immer wichtiger. Dieser dramatische Wandel ist für die Beteiligten auch deshalb so aufregend, weil das Land jahrzehntelang von ausländischen Medien und in den letzten Jahren der Diktatur Saddam Husseins vom Internet abgeschnitten war. Die Untergrundgruppierungen stellen Aufnahmen von ihren Anschlägen ins Netz und verteilen DVDs mit Propagandamaterial an Journalisten. Nur zu oft sind dies die einzigen Beweise, die sie für ihre Taten liefern können. Und Zarqawi ist ein Meister im skrupellosen Gebrauch der Medien.
Mahmoud Abbas, der mir seit 2003 viele Fernsehbeiträge geschnitten hat, bietet mir zweimal Aufnahmen von Terroristen an. Jedes Mal bittet er mich inständig, keine Kopien zu ziehen und die Aufnahmen in meinen Berichten nicht zu nutzen. Damit sei sein Leben und das seiner Familie gefährdet. Denn sollten die Hintermänner seiner
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