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Zwischen Krieg und Terror

Titel: Zwischen Krieg und Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Tilgner
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für Puristen werden, die sich dem Dienst Allahs verschrieben haben. Dieses Aufbäumen der Wüste gegen die Globalisierung kann das schlechte Gewissen unzähliger einflussreicher Araber nutzen, die den weltlichen Verführungen erlegen sind. Reiche Gläubige spenden nicht nur Millionen, um sich damit von ihren Sünden freizukaufen, sie bilden auch eine Art unsichtbaren Schutzwall um Al Kaida. In ihren Augen ist es keine Schandtat, der Organisation zu helfen, sondern ein Beitrag, dem Verfall von Sitte und Moral entgegenzutreten. Wer diese kulturelle Schizophrenie nicht versteht, kann den Kampf gegen Al Kaida nicht erfolgreich führen. Junge Attentäter sind für viele respektierte Bürger arabischer Staaten Helden, obwohl sie bei ihren Selbstmordanschlägen Frauen und Kinder mit in den Tod reißen. Solange Terror nicht als Mord, sondern als Teil eines legitimen Kampfes verstanden wird, wachsen Freiwillige nach.

Anschläge im Westen
    Â»Wie sie uns überall angreifen, werden wir sie überall angreifen.« Ajman Al Sawahiri nennt keine konkreten Ziele, der Stellvertreter Bin Ladens bleibt allgemein. Doch die Drohungen des Vizechefs von Al Kaida richten sich immer öfter auch gegen die Staaten Europas.
    In allen seinen Aufrufen spricht Sawahiri von einem »wir«, das er nicht definiert. Gerade in der Verschwommenheit liegt die Wirkung, da unterschiedlichste Menschen und Gruppen einbezogen werden können. Sawahiri nutzt genau wie Bin Laden Video- und Audiobotschaften, um den eigenen ideologischen Einfluss auf radikalisierte Gläubige in allen Teilen der Welt zu verstärken und Al Kaida als Leitorganisation im Netzwerk des Terrors auszubauen. Verstärkt sollen militante Islamisten angesprochen werden, die in der Diaspora in den Ländern Westeuropas leben.
    Wie überall in der Welt verstreute Studenten einer Fernuniversität werden Al Kaidas Sympathisanten zentral gelenkt und ausgebildet. Eine Möglichkeit bietet dabei das Internet. Kampfansagen gegen den Westen für Terrorbereite werden genauso verbreitet wie ideologische Anleitungen, Testamente von Selbstmordattentätern und Bilder ihrer Anschläge. Vor allem Zarqawi legte Wert auf eine systematische Verbreitung von Anleitungen zum Bombenbau. Mehrfach werden ins Internet gestellte Handbücher überarbeitet und in einigen Fällen sogar die Wirkung der Sprengsätze gezeigt. Da Aufnahmen der Anschläge von London über Bosnien bis Kaschmir im Internet zu sehen sind, können radikale Islamisten in Europa sehr schnell das Gefühl entwickeln, sich als Einzelne einem globalen Kampf gegen das Böse anzuschließen.
    Einige der Aktivisten haben in Lagern in Afghanistan eine Ausbildung erhalten, andere greifen auf Erfahrungen aus dem Militärdienst in ihren Heimatländern zurück. Rabei Osman Ahmed, ein Ägypter 9 , wird in Italien verhaftet und beschuldigt, die Attentate von Madrid mit vorbereitet zu haben. Über das Internet habe er Aktivisten rekrutiert und angeleitet, ohne direkten persönlichen Kontakt zu pflegen, steht in der Anklageschrift. Erfahrungen aus seinem Militärdienst bei einer auf den Einsatz von Sprengstoff spezialisierten Einheit der ägyptischen Armee nutzt Ahmed genauso wie Tonbandaufzeichnungen und auf CDs gebrannte Aufnahmen von Anschlägen und Anleitungen, die aus dem Internet stammen. In seiner Online-Bibliothek findet die Polizei Materialien über unterschiedlichste Anschläge, auch über den im saudi-arabischen Khobar, und gleichzeitig Aufnahmen Gedichte vortragender Kinder, deren Väter in Guantanamo inhaftiert sind.
    Mit solchen Videos überwinden Ahmed und andere Radikale in der Fremde Europas ihre Einsamkeit, in der sie leben. Da sie nicht wirklich in die Gesellschaften integriert werden, in denen sie leben, können einzelne Islamisten ihr Gruppengefühl über das Internet entwickeln. Doch auch persönliche Kontakte lassen sich knüpfen. Mohammad Atta und seine Hamburger Gruppe wurden durch ein Training in Lagern Afghanistans auf die Anschläge von New York vorbereitet. Einige der Täter fühlen sich eng verbunden, weil sie sich sehr gut kennen, vom selben Prediger in der Hamburger Al-Quds-Moschee beeinflusst werden und Überzeugungen gemeinsam festigen. Es sind isolierte Zellen, deren Vorbereitungen für Anschläge von einem Hauptquartier finanziert werden und deren Aktionen ferngesteuert sind.
    Nach den Angriffen auf

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