Zwischen Leidenschaft und Liebe
Beute. Offenbar verliebte sie sich in jeden Mann, den sie kennenlernte.
Harry setzte sich wieder auf den Stuhl neben ihrem Bett und nahm ihre Hand in seine Hände. »Ich warb erst deines Geldes wegen um dich, aber dann habe ich mich in dich verliebt.«
Claire mußte noch heftiger weinen, und Harry küßte ihre Fingerspitzen.
»Ich war so wütend auf dich, als ich letzte Woche nach Edinburgh reiste. Ich hatte begriffen, daß dir das Jagen keine Freude macht und daß du nur mitgekommen bist, weil. . . Ich konnte mir nicht denken, aus welchem Grund du mich begleitet hast. Ich mußte einsehen, daß du die Jagd haßt. Du sahst immer so unglücklich aus und so ... naß, wenn wir nach Hause kamen.«
Harry lächelte sie an. »Weißt du, wo ich die letzten vier Tage verbracht habe?«
Claire schüttelte den Kopf und schneuzte sich abermals. Natürlich hatte Trevelyan ihr erzählt, wo Harry gewesen war, aber sie wußte nicht, ob sie ihm das glauben konnte.
Harry grinste. »Ich habe mich von meiner Mätresse verabschiedet.«
Claire hob den Kopf und sah ihn an.
»Ja«, sagte Harry. »Ich war so wütend auf dich, daß ich dachte, ich sollte ein paar Tage bei einer Frau verbringen, die ehrlich und treu ist und mich nicht belügt.
Als ich in Edinburgh ankam, ging ich sofort zu Olivia und erzählte ihr alles von dir.« Harry kicherte. »Ich dachte, Livie würde mich umarmen und sagen, was für eine schreckliche Frau du seist - aber weißt du, was sie gemacht hat?«
Claire schüttelte den Kopf.
»Sie lachte. Ich dachte, sie würde jeden Moment platzen. Zuerst machte mich das so wütend, daß ich fast wieder gegangen wäre; aber dann sagte Livie zu mir: >Sie muß dich sehr liebhaben.<«
Claire blickte Harry mit großen Augen an.
»Ja, das war es, was sie sagte - jede Frau, die ihre Tage damit verbringen würde, mit mir im Regen auf dem Schießstand zu sitzen, müßte mich lieben.« Er seufzte. »Livie ist noch nie mit mir auf die Jagd gegangen. Egal. Livie meinte, wenn sie dein Geld hätte und sich damit jeden Mann kaufen könne, den sie haben wollte, würde sie nicht einmal für den Prinzen von Wales im Regen sitzen.«
»Scheint eine nette Frau zu sein«, murmelte Claire.
»Das ist sie. Sie würde dir gefallen. Ich meine, wenn du sie kennenlernen könntest, aber ich schätze, das kannst du nicht.« Er schwieg einen Moment und sah sie an. »Claire, warum hast du geweint?«
Bevor Claire ihm eine Antwort geben konnte, strömten wieder Tränen über ihre Wangen.
Harry stand auf und stellte sich vor das große Porträt, das den Eingang zu den Geheimgängen bildete. »Es ist wegen Trevelyan, nicht wahr?«
Claire schwieg, und Harry blickte auf sie zurück. Zum erstenmal sah Claire, wie dieses hübsche Gesicht sich mit Ärger überzog. »Du brauchst mir nicht zu antworten. Alle Frauen verfallen ihm. Jede Frau auf dem Antlitz dieser Erde. Wo er auch hinkommt - die Frauen lieben ihn alle. Sie wollen alle mit ihm leben.« Er sah auf den Boden. »Wirst du auch mit ihm gehen?«
»Ich ... ich glaube nicht.«
Harry blickte sie scharf an. »Aber du würdest gern mit ihm gehen, nicht wahr?«
Claire konnte ihm darauf keine Antwort geben. Wollte sie das wirklich? Wollte sie sich einem Mann anvertrauen, der so zynisch war wie Trevelyan? Wollte sie mit einem Mann leben, der so viel erlebt hatte? Wollte sie einen Mann haben, der so selbständig und kalt war wie er?
Harry merkte, wie sie mit sich rang und ging zu ihr. Er nahm ihre Hände wieder in seine und bedeckte sie mit Küssen. »Claire, sag mir, daß ich noch eine Chance habe. Bitte, sag mir, daß ich noch nicht aus dem Rennen bin. Ich werde dich nicht darum bitten, mit mir auf die Jagd zu gehen. Ich werde dich um nichts bitten, was du nicht tun möchtest. Ich weiß, daß ich nicht so aufregend bin wie Trevelyan, aber ich kann dir einiges bieten, was er dir nicht bieten kann.«
Er hob die Ledertasche vom Bett auf. »Schau dir das an. Während ich in Edinburgh war, habe ich alle Schulden deiner Mutter bezahlt. Sie hat einen Haufen Kleider für sich bestellt. Ich mußte einen Gainsborough verkaufen, um ihre Schulden begleichen zu können. Das Gemälde ist schon seit Jahren im Besitz unserer Familie, aber du warst mir dieses Opfer wert.
Und hier - ich habe von meinen Anwälten Geld für deine kleine Schwester anlegen lassen, das treuhänderisch verwaltet wird. Das ist eine Methode, um deine Eltern daran zu hindern, ihr Geld auszugeben. Ich habe auch ein neues Testament aufgesetzt.
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