Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zwischen Leidenschaft und Liebe

Titel: Zwischen Leidenschaft und Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
Vom Netzwerk:
den letzten Rest Soße aus der Pfanne, nahm ein schmutziges Messer und eine rußige Gabel aus dem Krug, kehrte zu seinem Schemel an der Wand zurück und begann zu essen. Nach dem ersten Bissen betrachtete er Angus mit neuem Respekt. Das Steak war in der Tat köstlich.
    »Es würde nicht halb so gut schmecken, wenn es nicht gestohlen wäre«, meinte Claire. »Und darf ich Sie jetzt etwas fragen, Mylord? Können Sie auch singen, ein Instrument spielen oder Gedichte vortragen?«
    Trevelyan mußte bei ihrer Frage lachen. Der olle MacTarvit und singen! Das mußte sich anhören wie ein Ochsenfrosch.
    Angus ignorierte Trevelyans Gegenwart und antwortete: »Ich kann ein bißchen was von Bobbie Burns auswendig.«
    »Von meinem Lieblingsdichter!«
    Eine Stunde lange beobachtete und hörte Trevelyan zu, wie MacTarvit die romantischen Gedichte von Schottlands geliebtem Robert Burns vortrug. Trevelyan hatte diese Gedichte natürlich gelesen. Sie hatten ihm nie viel bedeutet, aber jetzt, als er Angus sie vortragen hörte, änderte er seine Meinung. Binnen Minuten standen Tränen in Claires Augen.
    »Bist du sicher, daß du eine Amerikanerin bist, Kind?« fragte Angus.
    »Ich bin so schottisch, wie Sie es sind, Angus MacTarvit«, erwiderte sie mit dem gleichen schweren Akzent. »Es ist nur so, daß meine Familie lediglich ein Weilchen auf Besuch war in Amerika - nur die letzten ein- oder zweihundert Jahre.«
    Der alte Mann lachte mit ihr. »Und was hast du jetzt noch für einen Wunsch, Mädchen?«
    Trevelyan stand auf. »Wir müssen aufbrechen. Ich habe noch zu arbeiten und ...« Er hätte ebensogut zum Fenster hinausreden können, so wenig nahmen die beiden von ihm Notiz.
    »Ich wünschte, jemand würde mir etwas auf dem Dudelsack Vorspielen«, sagte Claire. »Seit ich in Schottland bin, habe ich noch keine Dudelsackmusik gehört.«
    Trevelyan verdrehte die Augen, als die beiden einen Blick tauschten, der zu besagen schien, daß dies das größte Unglück sei, das einem Menschen in seinem Leben widerfahren könne.
    »Ich werde mich sofort darum kümmern«, versprach der alte Mann und eilte aus seiner Hütte.
    »Wir müssen zurück nach Bramley. Ich habe noch zu arbeiten und...«
    »Dann gehen Sie«, unterbrach ihn Claire. »Ich bin sicher, daß Lord MacTarvit mich nach Hause bringen wird. Oder Sie können Harry heute abend, wenn er von der Reise zurückkommt, sagen, wo ich bin. Er kann mir dann einen Wagen schicken.«
    Was sie sagte, machte Sinn, und Trevelyan wußte, daß ihre Sicherheit hier nicht gefährdet war. Dem Ausdruck auf MacTarvits Gesicht nach zu schließen, hätte er sie sicherlich mit seinem Leben verteidigt, was jedoch nicht heißen sollte, daß man sie allein das schottische Hochland bereisen lassen konnte. Soweit er Claire inzwischen kannte, würde sie vielleicht in einen Torfweiher fallen, essen bis sie platzte, oder sich sinnlos betrinken - aber daß sie hier in Gefahr war, glaubte er nicht.
    »Ich bleibe«, sagte er.
    Sie lächelte ihn an und schob ihren Arm unter seinen. »Es kann Ihnen nur guttun, wenn Sie ein bißchen aus Ihrem Turm herauskommen«, sagte sie, trat einen Schritt zurück und blickte ihn an. »Wissen Sie eigentlich, daß Sie jetzt viel besser aussehen als an dem Morgen, an dem wir uns kennenlernten? Ihre Haut hat nicht mehr diesen Stich ins Grüne.« Sie hob die Hand, legte sie unter sein Kinn und drehte sein Gesicht nach links und dann nach rechts.
    Kaum hatte sie ihn berührt, wußte sie schon, daß sie das nicht hätte tun dürfen. Ihr war warm geworden vom Essen, dem Whisky und MacTarvits Gastfreundschaft, und Trevelyan fühlte sich nur allzu menschlich an. Es hätte eine geschwisterliche Geste sein sollen, mit der sie ihm sagen wollte, daß er mit jedem Tag hübscher aussah - aber als ihre Hand seine Haut berührte, sah er sie mit diesen seltsamen Augen so eindringlich an, daß sie zurückwich.
    »Ich ... ich denke, wir sollten mal nachschauen, was Lord MacTarvit für uns vorbereitet.«
    Trevelyan lächelte. Er wußte genau, was sie in diesem Moment empfand. Und warum auch nicht? Sie war jung und gesund, und er, wenngleich sie ihn mehrmals einen »alten Mann« genannt hatte, stand in der Blüte seines Lebens. Grinsend verließ er mit ihr die Hütte. Ihm wurde schwindlig und er mußte sich am Türpfosten festhalten. Er stand einen Moment still, weil es ihn Überwindung kostete, die behagliche Wärme der Hütte aufzugeben und sich der Kälte auszusetzen, die er bis ins Knochenmark spürte.

Weitere Kostenlose Bücher