Zwischen Leidenschaft und Liebe
Mädchen?«
Oman sah sie an und nickte.
»Ich möchte, daß Sie zu ihr gehen und ihr den Auftrag geben, der Familie zu sagen, ich sei krank. Niemand soll erfahren, daß ich heute Nacht nicht in meinem Zimmer bin. Bringen Sie meine Schwester dazu, daß sie Harry sagt, ich sei zu krank, um ihn sehen zu können ...« Sie blickte zur Seite. Was sollte sie nur mit dieser schrecklichen Miss Rogers anstellen? Brat würde da schon etwas einfallen. »Sagen Sie meiner Schwester, daß niemand wissen darf, wo ich bin. Ich werde sie gut dafür bezahlen.«
Oman nickte noch einmal, ehe er das Zimmer verließ. Claire ging zu Trevelyan zurück. »Was kann ich für Sie tun?« fragte sie ihn.
»Mir ist kalt. So furchtbar kalt.«
Sie zögerte keine Sekunde, legte sich zu ihm ins Bett und hielt ihn in ihren Armen, um ihn zu wärmen. Sein Körper wurde von so starken Fieberkrämpfen erschüttert, daß sie selbst am ganzen Körper zitterte.
Sie drückte ihn an sich, strich über sein feuchtes Haar und redete beruhigend auf ihn ein, als wäre er ein Kind. Es war befremdend und anheimelnd zugleich, einen Männerkörper zu spüren. Er klammerte sich an sie, als hätte er Angst, sie könne ihn verlassen.
»Ruhig, mein Liebes«, flüsterte sie. »Schlaf jetzt, schlaf ein.«
Sie wußte nicht, ob er sie gehört hatte, aber ihre Worte schienen ihre Wirkung nicht zu verfehlen, und als sie seinen breiten Rücken streichelte, wurde er ruhiger.
Er barg sein Gesicht an ihrem Hals, legte sein Kinn auf ihre Schulter, und dann, endlich, hörten die Schüttelkrämpfe allmählich auf. Sie strich über seine Schläfen, glättete sein schwarzes Haar und lächelte. Er kam ihr jetzt nicht mehr so groß vor, so verletztend durch seinen Zynismus und seinen sie erbitternden Glauben, daß die Welt schlecht sei. In diesem Augenblick erschien er ihr wie ein kleiner, einsamer Junge, der sie brauchte. Sie küßte ihn auf den Scheitel, als er sich an sie schmiegte.
Nach einer Stunde kam Oman zurück und sagte: »Erledigt.«
Claire, die Trevelyan an sich gedrückt hielt, blickte nur kurz zu ihm hoch. Aber als er ihren Blick zurückgab, erschrak sie.
Etwas an ihm war verändert. Da er mit ihrer kleinen Schwester verhandelt hatte, hatte sie eine ungefähre Vorstellung davon, was sich abgespielt haben mußte.
»Wo ist denn Ihr Smaragd hingekommen?« fragte sie, als sie sah, daß er nicht mehr an seinem Turban steckte.
Oman zuckte nur mit den Achseln.
»Haben Sie ihr den Edelstein geliehen oder geschenkt?«
»Ich habe ihn ihr nur für die nächsten drei Tage geliehen. Der armselige Stein kann nur davon profitieren, daß er von einem so jungen und so schönen Geschöpf getragen wird.«
»Brat«, schnaubte Claire leise und blickte wieder auf den in ihren Armen schlafenden Mann hinunter. Egal, wie hoch der Preis gewesen sein mochte, den ihre Schwester für ihre Dienstleistung verlangt hatte - sie würde ihre Sache gut machen, wie Claire aus Erfahrung wußte. Zweifellos würde sich Brat entzückt daran machen, ein Lügengewebe zu fabrizieren, das die Leute im Haupthaus in den Glauben versetzte, Claire befände sich auf ihrem Zimmer und dürfe nicht besucht werden.
Gegen Mitternacht schlief Trevelyan tief genug, daß Claire sich aus seiner Umklammerung lösen konnte. Einen Moment lang stand sie an seinem Bett und blickte auf ihn hinunter. Sie war so erschöpft, daß sie über den Zustand der Müdigkeit längst hinaus war. Die beiden langen Fußmärsche, das stundenlange Tanzen und die Angst, die sie ausgestanden hatte bei der innigen Berührung mit so einer schweren Krankheit, wie Trevelyan sie hatte, waren so zermürbend gewesen, daß sie am liebsten in einem Federbett versunken wäre und sich nie mehr daraus erhoben hätte.
Er lag auf dem Rücken und schlief endlich fest, seine so bezwingenden Augen waren geschlossen. Sie beugte sich über ihn und strich ihm die feuchten Strähnen aus der Stirn. Sein Haar war zu lang, aber irgendwie stand ihm das. Oman hatte Kerzen im Zimmer angezündet, und während sie Trevelyans Gesicht berührte, betrachtete sie ihn genauer. Sie hatte zu ihm am Nachmittag gesagt, seine Haut habe diesen Stich ins Grünliche verloren, und das stimmte noch immer. Sie hatte nun eine gesunde Bräune.
Sie legte die Fingerspitzen auf die lange Narbe an seiner linken Wange, dann auf die Narbe an seiner rechten Wange und fragte sich, wie sie zustande gekommen waren. Neugierig setzte sie sich auf den Bettrand und tastete sein Gesicht ab. Hohe
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