Zwischen Licht und Dunkel
wurde.
Auch saltfiskur , salzkonservierter Fisch, ist aus Island nicht wegzudenken. Meistens Kabeljau, ist er andernorts auch unter der Bezeichnung Baccalao bekannt. Nicht nur auf dem isländischen Ernährungsplan spielt er schon lange eine wichtige Rolle. Einmal war er die Exportware Islands. Bereits um 1800 sollen die ersten Schiffe, bis zum Rand mit Salzfisch beladen, in die weite Welt hinaus gegangen sein. Wer es einfach haben will, kann saltfiskur in Wasser kochen, so wie es schon seit jeher üblich ist. Dazu Kartoffeln, Gelbe Rüben und ein Stückchen Butter … fertig.
Authentisches Island-Gefühl verbreitet außerdem Lýsi , Fischöl oder Lebertran, mit dem der Start in den Tag nur zu gerne begangen wird. Schon bei Kindern wird größter Wert auf den täglichen Löffel Lýsi gelegt. Das wäre „altmodisch und romantisch“, wie einem Zeitungsartikel zu entnehmen ist. Das altbewährte Mittelchen überzeugte auch mich von seinem Gesundheitswert, dank seines hohen Gehaltes an Vitaminen und Omega-3-Fettsäuren, aber als reines Öl kann ich lýsi bis heute beim besten Willen nicht schlucken. Doch zu meinem Glück gibt es das auch in Kapselform.
Nun aber zum isländischen Lammfleisch, einem völlig natürlichen, biologischen Produkt – ohne dass dieses Prädikat extra ausgelobt werden müsste. Schließlich verbringt der Schafnachwuchs fast sein ganzes kleines Leben draußen bei Mama auf der Weide oder sogar in völliger Freiheit und ernährt sich erst von Muttermilch, dann von wilden Kräutern. Das Ergebnis ist geschmacklich einzigartig und von höchstem Gesundheitswert.
Im Winter tummeln sich an die 450.000 Schafe auf isländischem Boden. Damit überrunden sie die menschlichen Inselbewohner zahlenmäßig bereits, bevor dann im Laufe des Frühlings die Lämmer zur Welt kommen. Bis zum Herbst hat sich deutlich mehr als eine Million der netten Vierbeiner zum Grasen bis auf die abgelegensten Hochlandweiden verzogen. Sie möglichst alle wieder zu finden, ins Tal zu treiben und ihren Besitzern zuzuordnen, bevor in den Bergen der erste Schnee fällt, ist jedes Jahr eine große, mit Spannung erwartete Aufgabe. Dieser Schafabtrieb im September, réttir genannt, ist in der Tat das Herbstereignis, das die Landwirte einer Region gemeinsam angehen. Schon seit Jahrhunderten zählt es zu den Zusammenkünften mit echtem Sozialwert. Erntedankfest auf isländisch vielleicht. Oder Volksfest auf dem Lande. Reitertrupps sind manchmal tagelang im Hochland unterwegs und übernachten in einfachen Berghütten, bevor sie wieder ins Tal hinunter kommen, Schafherden unterschiedlichen Ausmaßes vor und zwischen sich hertreibend. Nicht nur in Irland, Schottland und Neuseeland kann es folglich zu Schafstau auf der Straße kommen. Zielort des Abtriebes sind zunächst große Pferche mit kreisrundem, zentralem Sammelplatz, von dem aus viele kleine Türchen in tortenstückähnliche Segmente führen, für jeden Bauern eines. Von dort aus werden die Tiere später in den heimischen Stall verfrachtet. Erst einmal heißt es jedoch, sie aus dem Durcheinander in der Mitte nach Ohrmarkierung und somit Besitzer zu sortieren. Hierfür packen alle verfügbaren Hände mit an oder versuchen es zumindest, vom Kleinkind bis zum Opa. Auch der Neuling und Neugierige darf ran ans Schaf, hat sich ein réttir -Besuch doch längst zum festen Bestandteil, wenn nicht sogar Höhepunkt eines herbstlichen Islandbesuchs gemausert. Das ist vielleicht ein buntes, lustiges Bild, das die Lachmuskeln schwer strapaziert! Ein einziges Ziehen und Zerren, Scheuchen und Hampeln, Kräftemessen zwischen Schaf und Mensch. Ich hätte nicht gedacht, dass Schafe so hoch springen und derartige Haken schlagen können. Besonders köstlich ist der menschliche Nachwuchs, der am Schaf hängt wie die Maus am Presssack und oft genug vom Schaf in die nächste Ecke verschleppt wird. Gleichzeitig dürfte diese Herbstaktion die landesweit größte Ausstellung an wolligen Islandpullovern sein. Die haben sich, mit knallig-orangefarbenen Gummioveralls darüber, offensichtlich als praktikabelste Kampfausrüstung bewährt. Schließlich arten derartige Sammel- und Sortiermaßnahmen regelmäßig in echte Schlammschlachten aus. Auch Lieder dürfen bei diesem Spektakel nicht fehlen, ebenso wenig wie der eine oder andere wärmende, oft starke Tropfen und auch einmal ein Tänzchen.
Was die küchentechnische Zubereitung von Lammfleisch angeht, überlasse ich die Ehre einer gelungenen Keule oder eines
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