Zwischen Licht und Dunkel
Alkoholverbot, angesichts der verheerenden Folgen, die der Konsum von geistreichen Getränken leider allzu oft nach sich zieht. Ein Jahr später war es beschlossene Sache. Aber na ja … so einfach ließ man sich den Alkohol nicht verbieten und statt dessen wurde schwarz gebrannt. Außerdem lässt sich bekanntlich mit der Alkoholsteuer die Staatskasse aufstocken … 1922 wurde dann der Import von spanischem Wein erlaubt, um im Gegenzug die Ausfuhr von Salzfisch in den Süden zu erleichtern. Der Verkauf und folglich Konsum von Bier war allerdings noch bis 1989 illegal mit der nicht ganz handfesten Begründung, Bier würde Jugendliche zum frühen Alkoholkonsum verleiten. Denn die behalfen sich statt dessen mit harten Sachen …
In trockenen Zahlen ausgedrückt konsumierte im Jahr 2007 jeder mindestens fünfzehnjährige Islandbewohner 7,5 Liter Alkohol. Das ist zwar ein guter halber Liter mehr als in Schweden und fast 1 Liter mehr als in Norwegen, aber vergleichsweise wenig gegen fast 10 Liter in Deutschland und 10,5 Liter in Finnland. Großbritannien und Dänemark schauten noch etwas tiefer ins Glas und Irland hatte gleich knapp 13,5 Liter zu verdauen, bei einem OECDDurchschnitt von 9,7 Litern.
Ist es also doch nicht so schlimm um die isländische Leber bestellt, wie es sich mir rein gefühlsmäßig aufdrängt? Ich erinnere mich mit ungutem Gefühl an meinen ersten Betriebsausflug. Kaum hatte der eigens hierfür bereitstehende Kleinbus den Parkplatz verlassen, kam das Flaschenbier zum Vorschein. Nach einer guten Stunde hatten wir unser Ziel erreicht, ein stilvolles Restaurant, in dem ein ebensolches Menü auf uns wartete. Als Belohnung für harte Arbeitswochen, die hinter uns lagen. Bereits als der Hauptgang serviert wurde, waren zwei Kollegen in Führungsposition so betrunken, dass sie mit den Fingern in der Mahlzeit herumbohrten und grölten. Den Restaurant-Angestellten blieb nichts anderes übrig, als die übrigen Gäste ins Nebenzimmer auszulagern. Ich für meinen Teil hatte meine Lektion für die Zukunft gelernt und ziehe mich seitdem von alkoholhaltigen Feierlichkeiten rechtzeitig zurück.
Ich war auch dabei, als mein junger und wirklich sympathischer Arbeitskollege mangels Stehvermögen nach Hause geschickt werden musste. Handgreiflichkeiten im Partygerangel der Innenstadt kenne ich zwar nur aus den Medien, aber in unserer Nachbarwohnung war die Polizei regelmäßig zu Gast, oft mehrmals in der Woche, um Drohgebrüll und fliegenden Möbeln Einhalt zu gebieten. Bis unsere Hausgemeinschaft diese Mitbewohner loswurde, verging über ein Jahr. Grund für Peinlichkeiten geben derartige Ausrutscher aber nicht. Das Leben geht am nächsten Tag weiter, als wäre nichts geschehen. Ohne Bange darf man seinem Chef wieder vor die Augen treten. Und umgekehrt. Man muss sich ja für nichts schämen.
Ein ganz spezielles Partywochenende ist besonders legendär und folgenreich: das Verslunarmannahelgi , der Handelsfeiertag am ersten Augustmontag einschließlich des davor liegenden Wochenendes. Zelten ist ohnehin ein Sommerhit, aber zu besagtem Termin sind Nächte unter Islands Himmel geradezu Pflicht. Diese wilden Tage sind Zeitungsberichten zufolge auch besonders dazu geeignet, zum Beispiel Papas nagelneuen Jeep den Fluten eines Gletscherflusses zu opfern, da das Furten wohl doch nicht so einfach war wie es zunächst aussah. Gefeiert bis zum Umfallen wird an diesen Tagen auch auf dem Outdoor- Musik-Festival der Insel Heimaey, wo sogar der Golfplatz vorübergehend zur Zeltstadt wird. Heimaey liegt als Teil der Westmännerinseln nur einen Katzensprung vor der Südküste der „Hauptinsel“. Auf überdurchschnittliche Feier-Aktivitäten deutet alleine schon die Tatsache hin, dass etwa neun Monate nach dem Intensiv-Wochenende auffallend viele Kinder auf die Welt kommen. Tatsächlich sollen laut Statistik die meisten Isländer am 28. April Geburtstag haben, ziemlich genau eine Schwangerschaftsdauer nach dem Verslunarmannahelgi .
Für mich sind die isländischen Feier- und Trinkgewohnheiten nichts. Schon ein ganz normales Weggehen am Wochenende funktioniert ungefähr so: Da angesichts der allgemeinen Preislage ein reiner Kneipen- Rausch auf die Dauer zu teuer wird, ist es üblich, zunächst auf häuslichem Boden für eine angemessene alkoholische Grundlage zu sorgen. Ist der zollfreie Vorrat vom letzten Einkauf im Duty Free-Laden am Flughafen bereits aufgebraucht, steht als Vorbereitung auf ein erfolgreiches Partywochenende der
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