Zwischen Liebe und Intrige
würde.
Als
sie sich im Salon umsah, musste Sadie widerwillig die erstaunliche
Veränderung anerkennen, die Leons Leute in dieser kurzen Zeit
bewerkstelligt hatten. Die üppigen Blumenarrangements lenkten
den Blick geschickt von der schäbigen Einrichtung ab, und es war
ein genialer Einfall gewesen, einige der alten Werbeplakate von
Francine zu rahmen und an die Wände zu hängen.
Sadie
folgte der jungen Frau und erstarrte, als sie auf der kleinen
Tribüne, die am Ende des Raumes errichtet worden war, Leon
erblickte.
Das
Erste, was sie nach Leons Zurückweisung getan hatte, war, in ein
anderes Hotel umzuziehen. Sie wohnte jetzt in einer kleinen Pension
direkt in Grasse, so dass sie nicht riskierte, Leon zufällig
über den Weg zu laufen. Als sie ihn jetzt nach Stunden
wiedersah, musste sie feststellen, dass sein Anblick denselben Effekt
auf sie hatte wie ein Glas Wasser auf einen Verdurstenden.
Er
stand mit dem Rücken zu ihr, und obwohl ihr Schmerz sofort
wieder aufflammte, konnte sie den Blick nicht von ihm wenden.
Sehnsüchtig prägte sie sich sein Bild in allen Einzelheiten
ein für die bittere Zeit ohne ihn, die vor ihr lag.
Normalerweise
war sie immer tolerant und großzügig anderen gegenüber,
aber sie war zu wütend und zu verletzt, um Verständnis für
Leon aufzubringen. Sie glaubte ihn zu hassen, obwohl sie ihn in
Wirklichkeit liebte, und dafür bedauerte sie sich selbst.
Von
seinem Platz auf der Tribüne aus, den er nicht zuletzt wegen des
guten Überblicks gewählt hatte, hatte Leon Sadie sofort
bemerkt, ebenso wie die Tatsache, dass sie ihn offenbar ignorierte.
Er presste die Lippen zusammen. Die ganze Nacht hatte er kein Auge
zugetan, aber nicht etwa, weil der stellvertretende
Vorstandsvorsitzende seines Unternehmens ihn angerufen und ihn vor
weiteren Schwierigkeiten aus den eigenen Reihen gewarnt hatte.
Nein,
nicht die Anfeindungen und die offenen Zweifel an seinen
unternehmerischen Fähigkeiten durch ein Vorstandsmitglied namens
Kevin Linton waren es, die Leon den Schlaf geraubt hatten. Dafür
war allein Sadie verantwortlich! Und nun war er ernsthaft versucht,
zu ihr hinüberzugehen und sie mit allen Mitteln – die gar
nicht vertraulich und intim genug sein konnten, ginge es nach ihm –
dazu zu bringen, ihn nicht länger zu ignorieren. Er hatte solche
Sehnsucht nach ihr …
Leons
Züge wurden noch angespannter. Bisher hatte es niemand
geschafft, sich zwischen ihn und sein Engagement für die Firma
zu drängen. Und dass es ausgerechnet Sadie war, die Frau, vor
der sein Pate und Anwalt ihn gewarnt hatte …
Doch
Brad kannte Sadie nicht so, wie er sie kannte. Kein anderer Mann
würde sie je so kennen lernen, das schwor er sich. Ginge es nach
ihm, würde kein anderer sie mehr anfassen, geschweige denn …
Plötzlich
merkte er, dass er nahe daran war, die Kontrolle zu verlieren. Seine
Gefühle drohten mit ihm durchzugehen, und wenn er sich nicht
zusammennahm …
Aus
dem Augenwinkel sah er, wie ein Mann auf Sadie zutrat, sie anlächelte
und im Begriff war, sie zu berühren. Leon sah rot, Adrenalin
schoss durch seine Adern, sein Puls raste, doch da sprach ihn die
Leiterin der PR-Agentur von der Seite an.
"Ich
denke, es sind alle anwesend. Wir sollten mit der Konferenz beginnen.
Die Presseleute werden schon unruhig."
In
diesem Moment führte der Fremde galant Sadies Hand an die
Lippen. Verwirrt hörte die PR-Managerin, wie Leon ein leises,
zorniges Grollen von sich gab.
"Merci,
Monsieur Fontaine", sagte Sadie höflich zu dem Mann, der
sich lobend über das Parfüm geäußert hatte, das
sie trug. Lächelnd, aber energisch entzog sie ihm ihre Hand.
"Komm,
Sadie. Leon möchte uns beide auf der Tribüne haben",
verkündete Raoul, der plötzlich neben ihr aufgetaucht war
und sie beim Arm nahm.
Sadie
spürte, wie Leon und die PR-Managerin sie beobachteten, als sie
gemeinsam mit Raoul auf die Bühne zuging. Sie wandte das Gesicht
ab, hob stolz das Kinn und sah demonstrativ an Leon vorbei.
Als
sie aus den Augenwinkeln einen eisigen Blick von ihm auffing, fragte
sie sich voller Eifersucht, ob die elegante Französin an seiner
Seite heute Nacht das Bett mit ihm teilen würde.
Der
Gedanke war so qualvoll, dass sie am liebsten laut aufgeschrien
hätte. Hilflos beobachtete sie, wie Leon ans Mikrofon trat.
"Hoffentlich
geht das hier schnell über die Bühne", zischte Raoul
ihr zu. "Je eher ich Leons Scheck in der Tasche habe, desto
besser. Dafür, dass du gleich um einige hunderttausend
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