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Zwischen Mond und Versprechen

Zwischen Mond und Versprechen

Titel: Zwischen Mond und Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Delany
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keinen Platz mehr und stand allein vor einem Marmortischchen, auf dem alle möglichen Dinge standen, von kunstvoll verzierten Lackdöschen bis hin zu bemalten Eiern, auf denen der heilige Georg und heilige Frauen abgebildet waren.
    Pietr sah zu mir herüber, ließ sich aber nichts anmerken. Also hatte er seiner Familie noch nichts von mir erzählt. Von mir, die er ständig in dunkle Ecken zog, um einen Kuss zu erhaschen. Ich unterdrückte meine Wut, denn vor den Augen der anderen hätte ich ihn schlecht erwürgen können. Also beschäftigte ich meine Hände mit etwas anderem. Ich nahm eine der Nippsachen vom Tisch.
    Es war eine dieser russischen Puppen, in der andere, kleinere Puppen steckten. Irgendwie passte sie zur Einrichtung des Zimmers: ein Touch Altes Europas in einer amerikanischen Kleinstadt. » Toll, eine Puppe in… «
    » Matrjoschka « , verbesserte mich Sarah, als wollte sie eine Art Präventivschlag gegen mich führen.
    » Sie lässt sich nicht… «, begann Alexi, aber ich hatte sie schon gepackt, drehte und öffnete die äußerste Schale der eierförmigen Puppe.
    » …öffnen « , beendete Alexi seinen Satz und sprang auf. Die anderen Familienmitglieder sahen mich erschrocken an. Pietrs Augen schienen zu glühen.
    Ich wurde knallrot. » Verzeihung « , flüsterte ich, während mein Gesicht vor Scham brannte, » ich wusste nicht, dass ich sie nicht… «
    Alexis Hand ruhte schwer auf meiner Schulter, seine Augen auf der Matrjoschka, als hielte ich einen Geist in der Hand. » Njet « , sagte er. » Wir haben es alle versucht. Wir haben sie nie aufgekriegt. «
    Catherine stand in der Tür, sie trug ein Tablett mit Tassen, Keksen und Kuchen, die um eine riesige Teekanne aus Porzellan angerichtet waren. Sie starrte mit offenem Mund zu uns herüber und begann zu zittern.
    » Das ist vielleicht wie bei einem Erdnussbutterglas « , sagte ich und versuchte, die eigenartigen Blicke zu ignorieren, mit denen die Rusakovas das Ding in meiner Hand betrachteten. » Ihr wisst schon. Man probiert immer wieder, es zu öffnen, und plötzlich klappt es irgendwie und niemand weiß warum. «
    Die Teekanne und die Teller auf dem Tablett klirrten in Catherines zitternden Händen. Max nahm ihr das Tablett ab und stellte es auf ein Beistelltischchen. » Setz dich « , sagte er. Sie gehorchte, ohne ihren Blick von meinen Händen zu wenden.
    Alexi streckte seine Hand aus und ich reichte ihm die Matrjoschka – Mensch , manchmal hasste ich Sarah wirklich für ihre Art mit neuen Wörtern um sich zu werfen. Er stelle die erste Puppe auf den Tisch, drehte sie wieder zu und wollte die zweite öffnen. Er zog vor Anstrengung eine Grimasse.
    » Geht nicht « , sagte er und reichte sie mir.
    » Mhm. « Ich drehte einmal kurz und offen war sie. Wieder zuckten die anderen erschrocken zusammen.
    Ich bekam eine Gänsehaut. » Hab ich doch gesagt. Wie Erdnussbutter. «
    Alexi stellte eine weitere Puppe vor mich hin. » Und jetzt die « , sagte er eigentümlich bestimmt.
    » Unsere Eltern haben sie vor unserer Geburt machen lassen. « Catherine flüsterte. » Sie erzählten, eine merkwürdige kleine Frau in einem winzigen Laden in Brighton hätte sie ihnen beschrieben, als sie sich zum Spaß die Zukunft von ihr weissagen ließen. « Sie holte Luft, faltete die Hände im Schoß und begann zu erzählen. » Sie fühlten sich verpflichtet, genau ihren Anweisungen zu folgen. Sie sollte genau wie die Sergei Posad Matrjoschka aussehen. Aber sie haben uns nie gesagt, was die Anweisungen der alten Frau noch enthielten. Oder was sich in der Puppe befindet. Es ist immer ein Familiengeheimnis geblieben. Wir haben oft versucht, sie zu öffnen– ohne Erfolg– wir haben gedacht, dass sie sich gar nicht öffnen ließe, dass sie aus einem Stück bestünde. «
    Alexi nahm mir die kleiner werdenden hohlen Holzpüppchen aus der Hand, stellte sie in einer Reihe auf und forderte mich auf, die nächste zu öffnen. Auf dem Tisch standen jetzt drei Püppchen. Ich sah sie mir genauer an. » Komisch. Irgendwie sehen sie euch ähnlich, oder? Bis auf die Erste « , meinte ich.
    » Unsere Mutter « , sagte Max leise.
    » Oh, dann ist das Catherine « , sagte ich, nahm das Püppchen und sah zu Pietrs Schwester hinüber. Sie besaßen eindeutig Ähnlichkeit. Ich runzelte die Stirn. » Bist du zuerst auf die Welt gekommen? «
    » Zwei Minuten früher « , bestätigte sie.
    » Autsch. «
    Vor mir stand Sarah. Sie griff an mein Kinn. » Lass auch mal jemand anderen probieren

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