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Zwischen Mond und Versprechen

Zwischen Mond und Versprechen

Titel: Zwischen Mond und Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Delany
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unglaublich.
    Ich lächelte ebenfalls und wurde rot.
    » Kommt, ihr zwei « , befahl Kent barsch.
    Gemeinsam und viel einträchtiger als noch heute Morgen spazierten wir Richtung Schwesternzimmer zur Leibesvisitation. Kent ging mürrisch zwischen uns.
    Die Schulkrankenschwester machte die Tür auf und sah Pietr kurz an. Dann blieb ihr Blick an mir hängen. Sie grummelte etwas. Klar, sie hatte mich natürlich längst als Problemfall abgestempelt. Ich bezweifelte, dass dieser Besuch ihre Meinung ändern würde. Nichtsdestotrotz lächelte ich sie an.
    Kopfschüttelnd verschwand sie im hinteren Teil des Zimmers. Unter einer Schwesternstation stellte man sich eigentlich größere, freundlichere Räume vor. In Wirklichkeit befand sich die Station in einem der kleinsten Räume der Schule. Außer einem Waschbecken gab es hier nur noch einen alten Seifenspender, einen ausrangierten Kühlschrank, einen halb zerfallenen Schreibtisch und zwei schäbige Schränke. Und fünf Aktenschränke, von denen keiner zum andern passte.
    Die Krankenschwester rollte zwei Metallrahmen mit angedeuteten Vorhängen herbei, die nach meiner Einschätzung aus einer Zeit stammten, als weder Pietrs noch meine Eltern an Nachwuchs gedacht hatten. In Schulen sammelt sich jede Menge Zeugs an, das mich an die alten Kriegsfilme erinnert, die sich Mom und Dad früher angeschaut haben, wenn Annabelle Lee und ich eigentlich schlafen sollten und sie es sich auf dem Sofa gemütlich gemacht hatten. Durch die ständigen Etatkürzungen ähnelten die Schulen echten Kriegsgebieten.
    Die Gestelle wurden einander gegenüber geschoben. » Du hier und du hier « , sagte die Schwester trocken.
    Wir nahmen unsere Plätze ein.
    » Zieht eure Oberbekleidung aus « , befahl sie.
    Wir gehorchten, und Officer Kent verkündete, er wolle solange unsere Schließfächer durchsuchen. Wieder zog ich Schuhe und Socken aus. Jeans. Pietrs Pulli.
    Ich legte alles auf den Stuhl hinter meinem Vorhang. Ich hörte die Tür aufgehen.
    » Hier alles in Ordnung? « , fragte jemand.
    » Alles in Ordnung, Officer Paul « , murmelte die Schwester. » Meine Güte? Igitt!Was ist das für ein Gestank? «
    » Tut mir leid. Mein Drogenhund hat auf meine Stiefel gepinkelt. «
    » Er hat Sie angepinkelt? « , fragte sie entsetzt zurück.
    » Er hat überallhin gepinkelt « , erwiderte er betreten.
    » Also… « , ich hörte das Quietschen ihrer Schuhe, als sie zwischen unseren Vorhängen hindurch ging, » das ist ja nicht zum Aushalten. « Sie war zur anderen Seite des Zimmers gegangen und ich hörte sie schnaufen. Ich linste zwischen den Vorhängen hindurch. Ein Fenster knarrte und eine Brise wehte herein.
    Plötzlich schirmten uns die Vorhänge nicht mehr ausreichend ab. Der Wind schlug sie flatternd zur Seite. Und ich sah Pietr. Der mich ansah.
    Mit einem Aufschrei riss ich meinen Vorhang wieder zurecht und hielt ihn mit zitternden Händen in Position.
    » Oh! « Ich hörte, wie das Fenster wieder geschlossen wurde. » Sie! « Sie meinte bestimmt den Kriminalbeamten. » Hinaus! «
    Die Tür ging auf und wieder zu.
    Pietr lachte und sagte: » Achten Sie nicht auf den Mann hinter dem Vorhang! «
    Ich zitterte am ganzen Leib, musste aber trotzdem über sein schlagfertiges Zitat aus dem Zauberer von Oz lachen. Ich erinnerte mich daran, einmal gelesen zu haben, dass, wenn ein Mensch errötet, alle entblößten Hautpartien rot werden. Das glaubte ich sofort, denn als ich da in meiner Unterwäsche stand, hatte ich das Gefühl, in Flammen zu stehen.
    Die Schwester eilte herbei und schüttelte den Kopf, diesmal entschuldigend. Sie durchsuchte meine Kleider, dann gab sie sie mir rasch zurück und sagte, ich könne mich wieder anziehen. Erst dann ließ ich den Vorhang wieder los. Ich fing an zu lachen. Pietr hinter seinem Vorhang erwiderte mein Lachen.
    Eigentlich war es gar nicht schlimm gewesen. Ich ging im Sommer immer gerne zum Schwimmen, und die Badeanzüge, die ich mir in Junction kaufte, wurden jedes Jahr knapper. Was Pietr gesehen hatte, war auch nicht mehr als das, was er an jedem Strand zu sehen bekam.
    Hinter dem anderen Vorhang raschelten ebenfalls Kleider und so wusste ich, dass Pietr auch sein Okay bekommen hatte. Und wie war das für mich gewesen, Pietr beinahe nackt zu sehen? Ich hatte gesehen, dass er ein Boxershort-Typ und kein Slip-Typ war. Na und? Ernsthaft. Es mochte komisch klingen, aber ich wusste, dass sich zwischen uns nichts verändert hatte, nur weil ich Pietr so gesehen hatte– auch

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