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Zwischen Mond und Versprechen

Zwischen Mond und Versprechen

Titel: Zwischen Mond und Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Delany
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Ihre Muskeln zuckten, aber sie blieb still stehen, als ich mit dem einen Fuß in den Steigbügel fuhr und mich hinaufzog. » Und los geht’s! « , raunte ich und schnalzte ein wenig mit den Zügeln.
    Im Trab ging es hinaus, zwei geisterhafte Gestalten auf dem Weg zu einem geheimen Ziel, über baumgesäumte Wege, wo Dunkelheit und Mondlicht miteinander rangen.
    Wir kamen gut voran. Die Straßen und Wege waren menschenleer, in den meisten Häusern flackerte nur das bläuliche Licht der Fernseher, vor dem die Bewohner den Abend verbrachten. Manchmal drangen Wortfetzen von Gesprächen, Fernsehshows oder Werbung an mein Ohr. Ansonsten war nur das stete Klacken von Rios Hufen auf dem Asphalt zu hören. In diesem Teil der Stadt mussten wir die Brücke über den Wanido River überqueren. Die Wellen schlugen gegen die Brückenpfeiler und übertönten das Klappern von Rios Hufen. Dann ging es durch das alte Viertel, wo mich die matt erleuchteten viktorianischen Häuser mit ihren Holzverkleidungen begeisterten– und natürlich Pietrs Haus, aus dem ein warmes, einladendes Licht fiel.
    Catherine saß auf der Verandatreppe. Rio ging direkt auf sie zu und schnaubte ihr ins Gesicht. Ihre schwarzen Haare flogen wie von einem Windstoß nach hinten. Catherine lachte über Rios Begrüßung. » Gott sei Dank, dass ihr gekommen seid « , meinte sie, während sie aufstand. Mir war nicht recht klar, an wen diese Worte gerichtet waren. Sie streichelte Rios Nase. » Wenn er nur mit mir reden würde « , fuhr sie fort und sah mich kopfschüttelnd an. » Aber er spricht nicht mit mir. Ich hoffe, dass du mehr Glück hast. «
    Ich stieg ab und warf die Zügel über das Verandageländer. » Dann geht es ihm also nicht gut? «
    » Kannst du dir doch vorstellen « , sagte sie plötzlich ernst.
    » Ja. «
    » Was braucht sie? « , fragte Catherine und streichelte Rio.
    » Ach, ein bisschen Wasser– wenn du einen Eimer voll entbehren kannst. « Ich nahm den Sattel und die Decke ab.
    » Ja, klar. «
    » Weiß sonst jemand, dass ich hier bin? «
    » Bis jetzt nicht, aber bald « , sagte sie unheilvoll.
    » Ist das ein Problem? «
    » Das werden wir früh genug erfahren, oder? « Dabei zwinkerte sie. Als ob es dadurch leichter werden würde.
    Ich ließ Catherine allein und ging, auf meiner Unterlippe kauend, in das Haus.
    Pietr saß auf der untersten Treppenstufe am Ende der großen Diele. Seine düstere Miene entspannte sich, als er mich hereinkommen sah. Ich machte die Tür hinter mir zu.
    » Wie geht es dir? « , fragte ich.
    Er lächelte angestrengt. » Ganz gut. « Das war eine glatte Lüge. Er stand auf, nahm meine Hand und führte mich die Treppe hinauf.
    » Wohin gehen wir? « , fragte ich atemlos– was aber, trotz der Größe des Hauses, nicht an dem vor uns liegenden Treppenaufstieg lag.
    Pietr drehte sich zu mir um. » In mein Zimmer. Was hast du gedacht? «
    Mein Herz schlug mir bis zum Hals. War das nicht genau das, wovor mein Vater mich immer gewarnt hatte? Zu einem Kerl aufs Zimmer zu gehen? Was bildete ich mir nur ein? Ich zog meine Hand zurück. » Ich glaube nicht, dass… «
    Er sah mich an und zog eine Augenbraue nach oben. Jetzt merkte ich auch, dass von dem Quadunfall keine Narbe zurückgeblieben war. Krass, er war genau wie der verrückte Wolverine aus Dads Comic-Sammlung.
    » Was meinst du wohl, was in meinem Zimmer geschehen wird? « , fragte er. Er klang nicht mehr bekümmert, sondern amüsiert.
    Ich stammelte etwas– mein Hirn ging im Leerlauf.
    Catherine kam eilig die Treppe hinauf und stieß mich mit dem Ellbogen an. » Ich habe ihr Wasser gegeben, und keine Sorge, in Pietrs Zimmer ist noch nie etwas Interessantes passiert « , beruhigte sie mich. » Das ist der vergeistigste Raum unseres Hauses. « Sie quetschte sich an uns vorbei, ihre Schritte verloren sich im Stockwerk über uns. Ich hörte eine Tür auf und wieder zu gehen.
    Pietr verzog sein Gesicht.
    » Geh du voran « , murmelte ich.
    Oben angekommen, erblickte ich vier Türen. Eine stand offen und ging offenbar in ein Badezimmer. Aus einer anderen, ganz rechts, hörte ich Musik und sah einen Lichtschein unter der Tür. » Catherines Zimmer « , informierte mich Pietr. » Und hier Max. Alexi schläft unten. «
    Er öffnete die letzte Tür und drehte an einem altmodischen Lichtschalter.
    Die plötzliche Helligkeit machte Catherines eigenartige Aussage deutlich.
    » Wow, du liest anscheinend eine Menge « , sagte ich, als ich die voll bepackten Bücherregale

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