Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars
Gas & Dash?«
»Ja, so heißt er, glaube ich. Dort haben mein Freund und ich uns gestritten. Wegen des Autos. Ich wollte nicht mehr fahren, aber auch nicht ihn ans Steuer lassen. Darüber haben wir gestritten, als wir auf der Straße unterwegs waren … die Straße entlanggestolpert sind … die Stagg Road hinabgestolpert sind …«
Neal lächelte wie jemand, der einen Scherz schon oft gehört hat.
»Jedenfalls ist dieser Kerl mit einem großen alten Pick-up vorbeigekommen, der um die Scheinwerfer herum mit diesem Plastikzeug gegen Rost beschichtet war.«
»Bondo?«
»Ja, so heißt das, glaube ich.« Dabei wusste sie verdammt gut, dass das Zeug so hieß. Ihr Vater hatte den Hersteller fast im Alleingang erhalten. »Als er ausgestiegen ist, habe ich gedacht, der fährt seinen Pick-up nicht, der hat ihn wie ein Kleidungsstück an. Das weiß ich noch gut.«
Als sie das Blatt mit dem Autogramm über den Schreibtisch zurückschob, sah sie, dass Betsy Neal jetzt grinste. Irgendwie ließ das den leichten Farbunterschied zwischen den Augen noch deutlicher hervortreten. »Gott, ich weiß vielleicht tatsächlich, wen Sie meinen!«
»Wirklich?«
»War er groß oder richtig groß?«
»Richtig groß«, sagte Tess. Sie empfand ein seltsam aufmerksames Glücksgefühl, das aber nicht im Kopf, sondern mitten in ihrer Brust zu sitzen schien. So fühlte sie sich sonst, wenn die Fäden irgendeines ungewöhnlichen Plots sich zu straffen begannen und ihn wie einen Seesack zusammenzogen. Wenn das passierte, war sie jedes Mal überrascht
… und doch nicht überrascht. Nichts kam dieser Befriedigung gleich.
»Ist Ihnen aufgefallen, ob er am kleinen Finger einen Ring getragen hat? Mit einem roten Stein?«
»Ja! Wie ein Rubin! Nur zu groß, um echt zu sein. Und eine braune Mütze …«
Neal nickte eifrig. »Mit weißen Flecken. Dieses verdammte Ding trägt er seit zehn Jahren. Der Kerl, von dem Sie reden, ist unter dem Spitznamen Big Driver bekannt. Ich weiß nicht genau, wo er wohnt, aber er ist von hier, aus Colewich oder Nestor Falls. Ich sehe ihn manchmal - Supermarkt, Baumarkt, Wal-Mart, in solchen Läden. Und wer ihn einmal gesehen hat, vergisst ihn nicht mehr. Sein richtiger Name ist Al Irgendwas-Polnisches. Sie wissen schon, einer dieser Zungenbrecher. Strelkowicz, Stancowitz, irgendwas in dieser Art. Ich wette, dass ich ihn im Telefonbuch finden könnte, seinem Bruder und ihm gehört nämlich ein Fuhrunternehmen. Es heißt Hawkline, glaube ich. Oder vielleicht auch Eagle Line. Jedenfalls irgendwas mit einem Vogel. Soll ich versuchen, ihn zu finden?«
»Nein danke«, sagte Tess freundlich. »Sie haben mir sehr geholfen, und mein Taxifahrer wartet.«
»Okay. Tun Sie sich nur selbst einen Gefallen, und meiden Sie in Zukunft Ihren Freund. Und meiden Sie das Stagger Inn! Aber wenn Sie jemandem erzählen, dass ich das gesagt habe, muss ich Sie natürlich aufspüren und umlegen.«
»Das wäre nur fair«, sagte Tess lächelnd. »Ich hätte es verdient.« An der Tür drehte sie sich noch einmal um. »Tun Sie mir einen Gefallen?«
»Wenn ich kann.«
»Sollten Sie Al Irgendwas-Polnisches in der Stadt begegnen, erwähnen Sie bitte nicht, dass Sie mit mir gesprochen haben.« Sie lächelte breiter. Das tat zwar ihren geschwollenen
Lippen weh, aber sie tat es trotzdem. »Ich möchte ihn überraschen. Mit einem kleinen Geschenk oder so.«
»Kein Problem.«
Tess hielt noch einen Augenblick länger inne. »Ich mag Ihre Augen.«
Neal zuckte mit den Achseln. »Was angeborene Defekte betrifft, ist das ein guter. Als Kind bin ich oft damit aufgezogen worden, aber jetzt …«
»Jetzt ist er ein Vorteil für Sie«, sagte Tess. »Sie sind in ihn hineingewachsen.«
»Das stimmt wohl. Als ich Anfang zwanzig war, habe ich gelegentlich sogar als Model gearbeitet. Aber wissen Sie was? Manchmal ist es besser, aus etwas herauszuwachsen. Zum Beispiel seinen Geschmack für gewalttätige Männer zu überwinden.«
Dazu gab es eigentlich nichts weiter zu sagen.
26
Tess überzeugte sich davon, dass der Motor ihres Expedition ansprang, dann gab sie dem Taxifahrer zwanzig statt zehn Dollar Trinkgeld. Er bedankte sich und fuhr in Richtung I-84 davon. Sie folgte ihm, aber nicht bevor sie Toms Kabel wieder in die Buchse des Zigarettenanzünders gesteckt und ihn eingeschaltet hatte.
»Hallo, Tess«, sagte Tom. »Wie ich sehe, machen wir einen Trip.«
»Nur nach Hause, Tommy-Boy«, sagte sie, verließ den Parkplatz und war sich sehr bewusst, dass sie
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