Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars
imstande gewesen wäre, ihrer Mutter zu erklären, wonach sie Ausschau hielt, und ihr von dem Dunkleren Mädchen erzählt hätte, das nicht ganz sie selbst war. Dabei war es nicht das Mädchen gewesen, das sie interessiert hatte, es war niemals das Mädchen gewesen. Interessiert hatte sie die Vorstellung, hinter den Spiegeln liege eine ganze neue Welt, und wenn man durch dieses andere Haus (das Dunklere Haus) gehen und aus der Tür treten könne, erwarte einen dort der Rest jener Welt.
Natürlich hatte diese Idee sich wieder gegeben, und dank einer neuen Puppe (die sie nach dem Pfannkuchensirup, den sie so liebte, Mrs. Butterworth nannte) und einer neuen Puppenstube war sie zu akzeptableren Kleinmädchenphantasien übergegangen: kochen, putzen, einkaufen, das Baby ausschimpfen, sich zum Abendessen umziehen. Jetzt, nach all den Jahren, hatte sie doch einen Weg durch den Spiegel gefunden. Nur erwartete sie in dem Dunkleren Haus kein kleines Mädchen; stattdessen gab es anscheinend einen Dunkleren Ehemann, der die ganze Zeit hinter dem Spiegel gelebt und dort schreckliche Dinge getan hatte.
Ein gutes Stück zu einem fairem Preis, sagte Bob gern - ein Buchhaltermotto, wenn es je eines gegeben hatte.
Aufrecht und die Luft schnüffelnd - eine Antwort auf Na, wie geht’s? , die jeder Junge in jeder Gruppe von Jungpfadfindern, die er jemals auf dem furchterregenden Dead Man’s Trail hinter dem Einkaufszentrum Golden Grove geführt hatte, gut kannte. Eine Antwort, die manche der Jungen zweifellos noch als erwachsene Männer wiederholen würden.
Gentlemen bevorzugen Blondinen, vergiss den nicht. Weil sie nicht warten wollen …
Aber dann überwältigte der Schlaf Darcy, und obwohl diese sanfte Nährmutter sie nicht weit tragen konnte, glätteten die Falten auf ihrer Stirn und in den Winkeln ihrer geröteten, verschwollenen Augen sich etwas. Sie war dem Bewusstsein nahe genug, um sich zu bewegen, als ihr Mann in die Einfahrt abbog, aber nicht genug, um aufzuwachen. Das hätte sie vielleicht getan, wären die Scheinwerferstrahlen des Suburban über die Zimmerdecke gehuscht, aber Bob hatte sie schon eine halbe Straße vorher ausgeschaltet, um sie nicht aufzuwecken.
8
Eine Katze streichelte ihre Wange mit samtweicher Pfote. Ganz leicht, aber sehr nachdrücklich.
Darcy versuchte sie wegzuwischen, aber ihre Hand schien eine halbe Tonne zu wiegen. Und dies war ohnehin nur ein Traum - es musste einer sein, weil sie keine Katze hatten. Gibt es andererseits in einem Haus genügend Katzenhaare, muss es irgendwo eine geben, sagte ihr Verstand, der ums Aufwachen kämpfte, ihr durchaus vernünftig.
Jetzt streichelte die Pfote ihren Pony und die Stirn darunter, und das konnte keine Katze sein, weil Katzen nicht reden konnten.
»Wach auf, Darce. Wach auf, Schatz. Wir müssen miteinander reden.«
Eine Stimme, sanft und wohltuend wie die Berührung. Bobs Stimme. Und keine Katzenpfote, sondern eine Hand. Bobs Hand. Nur konnte das nicht seine sein, weil er in Montp…
Sie riss die Augen auf, und da war er tatsächlich, saß neben ihr auf der Bettkante und streichelte ihr Gesicht und ihr Haar, wie er es manchmal tat, wenn sie gesundheitlich nicht ganz auf dem Posten war. Er trug einen Dreiteiler von Joseph A. Bank (dort kaufte er alle seine Anzüge und nannte das Geschäft - ein weiterer seiner halb amüsanten Ausdrücke - »Joss-Bank«), aber Weste und Hemdkragen waren aufgeknöpft. Sie konnte sehen, dass ein Ende seiner Krawatte wie eine rote Zunge aus seiner Jackentasche ragte. Der Bauch quoll ihm über den Gürtel, und ihr erster zusammenhängender Gedanke war: Du musst wirklich etwas gegen dein Übergewicht tun, Bobby, es ist nicht gut für dein Herz.
»Wa…?« Es kam als fast unverständliches Krächzen heraus.
Er lächelte und streichelte weiter ihr Haar, ihre Wange, ihren Nacken. Sie räusperte sich und versuchte es noch einmal.
»Was machst du hier, Bobby? Es muss schon …« Sie hob den Kopf, um auf seinen Wecker zu sehen, aber das nutzte natürlich nichts. Sie hatte das Zifferblatt zum Fenster hin weggedreht.
Er sah auf seine Armbanduhr. Er hatte gelächelt, während er sie wachgestreichelt hatte, und er lächelte auch jetzt. »Viertel vor drei. Nachdem wir telefoniert haben, habe ich
fast zwei Stunden lang in meinem dummen alten Motelzimmer gesessen und mir einzureden versucht, dass nicht stimmen konnte, was ich dachte. Andererseits hätte ich nicht Karriere gemacht, wenn ich wahrheitsscheu wäre. Also habe ich
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