Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars
Traum gedacht hätte, wenn ich mir nicht zuvor jene 35 Dollar hätte leihen müssen: Ich nahm eine Hypothek über 750 Dollar auf. Letztlich werden wir alle in selbst gebauten Fallen gefangen. Das ist meine Überzeugung. Letztlich werden wir alle gefangen.
In Omaha betrat in derselben Woche ein junger Mann, der einen Trapperhut trug, ein Pfandhaus und kaufte dort eine vernickelte Pistole Kaliber.32. Er zahlte die 5 Dollar mit Scheinen, die er zweifellos einer halbblinden alten Frau in dem Laden mit dem Blue-Bonnet-Girl-Schild unter Gewaltandrohung abgenommen hatte. In derselben Woche marschierte ein junger Mann, der eine flache Schirmmütze trug und ein Halstuch über Mund und Nase hochgezogen hatte, in Omaha in die Filiale der First Agricultural Bank, zielte mit einer Pistole auf Rhoda Penmark, die hübsche junge Kassiererin, und verlangte alles Geld aus der Schublade. Sie gab ihm ungefähr 200 Dollar, hauptsächlich schmuddelige Einer und Fünfer, wie sie Farmer zusammengerollt in den Brusttaschen ihrer Latzhosen haben.
Als er sich abwandte und seine Beute mit einer Hand in die Hosentasche stopfte (wobei er offensichtlich nervös einige Scheine zu Boden fallen ließ), trat der beleibte Wachmann - ein pensionierter Polizeibeamter - auf ihn zu und sagte: »Sohn, das willst du wahrlich nicht tun.«
Der junge Mann schoss mit seiner Kaliber.32 in die Luft. Mehrere Leute kreischten. »Ich will Sie nicht erschießen«, sagte der junge Mann hinter dem Halstuch, »aber notfalls tu ich’s. Zurück an diese Säule, Sir, und bleiben Sie dort stehen, wenn Sie wissen, was gut für Sie ist. Ich hab einen Freund, der den Ausgang bewacht.«
Der junge Mann rannte hinaus und riss sich dabei schon das Halstuch vom Gesicht. Der Wachmann wartete noch etwa eine Minute, dann ging er mit erhobenen Händen (er war unbewaffnet) hinaus - für den Fall, dass draußen wirklich ein Freund lauerte. Es gab natürlich keinen. Hank James hatte in Omaha keine Freunde außer der einen Freundin, die sein Kind unter dem Herzen trug.
Ich nahm 200 Dollar meiner Hypothek in bar mit und ließ den Rest in Mr. Stoppenhausers Bank. Dann ging ich einkaufen: im Eisenwarengeschäft, im Sägewerk und im Lebensmittelgeschäft, in dem Henry einen Brief von seiner Mutter hätte bekommen können … wenn sie noch gelebt hätte, um einen schreiben zu können. Ich verließ die Stadt bei Nieselregen, der zu einem peitschenden Regen geworden war, bis ich nach Hause kam. Ich lud das frisch gekaufte Bauholz und die Schindeln ab, fütterte und molk die Kühe und schaffte dann meine Einkäufe - vor allem Zucker, Salz und Grundnahrungsmittel, die knapp wurden, seit Arlette nicht mehr die Küche beaufsichtigte - in die Speisekammer. Als ich damit fertig war, setzte ich auf dem Holzherd Wasser für ein Bad auf und zog meine feuchten Sachen aus. Ich holte den Packen Scheine aus der Brusttasche meiner verknitterten Latzhose, zählte das Geld und stellte fest, dass ich noch fast 160 Dollar hatte. Wozu hatte ich so viel Bargeld mitgenommen? Weil ich in Gedanken woanders gewesen war. Wo, bitte schön? Natürlich bei Arlette und Henry. Von Henry und Arlette ganz zu schweigen. Das war so ziemlich alles, woran ich an diesen Regentagen dachte.
Ich wusste, dass es keine gute Idee war, so viel Bargeld im Haus zu haben. Es gehörte wieder auf die Bank, wo es ein bisschen Zinsen verdienen konnte (wenn auch bei weitem nicht genug, um die Hypothekenzinsen auszugleichen), während ich mir überlegte, wie es sich am zweckmäßigsten verwenden ließ. Aber bis dahin sollte ich es an einem sicheren Ort aufbewahren.
Als Erstes fiel mir die Schachtel mit dem roten Nuttenhut ein - und wieso auch nicht? Dort hatte sie selbst ihr Geld gebunkert, und es hatte dort weiß Gott wie lange sicher gelegen. Mein Packen Dollarscheine war zu dick, um unter das Band zu passen, also würde ich ihn einfach in
den Hut selbst legen. Das Geld würde ja auch nur so lange dort bleiben, bis ich einen Grund fand, wieder in die Stadt zu fahren.
Ich ging splitternackt ins Schlafzimmer und öffnete dort die Schranktür. Ich schob die Schachtel mit ihrem weißen Kirchenhut beiseite, dann griff ich nach der anderen. Ich hatte sie im Fach so weit nach hinten geschoben, dass ich mich auf die Zehenspitzen stellen musste, um sie zu erreichen. Um die Schachtel führte ein Gummiband herum. Ich hakte einen Finger darunter, um sie nach vorn zu ziehen, nahm flüchtig wahr, dass die Schachtel viel zu schwer zu sein schien - als
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