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Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Titel: Zwischen Olivenhainen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Wirthl
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Leslies so ordentlich gekämmte Haare, aber das störte sie nicht. Beinahe hätte sie laut den Text des Songs mitgesungen. Sie hielt sich rechtzeitig zurück. Einige Autos, die dem Tempo angemessen vor ihnen herfuhren, zauberten ein Grinsen auf Raffaellos gebräuntes Gesicht, und keine Sekunde später gab er noch mehr Gas und brauste im Zickzack zwischen den Fahrzeugen hindurch, bis er sie alle überholt hatte. Er fing sich empörtes Hupen und wildes Gestikulieren ein, aber das schien ihm nur noch mehr Spaß zu bereiten.
    „Du bist so was von lebensmüde!“, rief Leslie gegen die Musik an. „Hast du mal darüber nachgedacht, was passiert, wenn du bei der Geschwindigkeit einen Unfall baust?! Ich habe ehrlich gesagt nicht vor, so früh zu sterben!“ Auf der Stelle bremste Raffaello ab – und Leslie fühlte sich schon geehrt, weil ihm ganz offensichtlich ihr Leben wichtig war – aber dann fluchte er, setzte brav den Blinker und hielt auf der Standspur, auf der ein weißer Lieferwagen parkte, genau derselbe, den er gestern so übermütig überholt hatte. Zwei Polizeibeamte standen mit ernsten Gesichtern am Heck und bedeuteten Raffaello und Leslie, aus dem Wagen zu steigen. Beunruhigt und sogar ein wenig ängstlich blickte Leslie zu Raffaello hinüber, der ihr verkniffen zulächelte.
    „Polizeikontrolle“, erklärte er leise. „Das machen die hier in Palermo ziemlich oft. Hast du deinen Ausweis dabei?“ Zu Tode erschrocken fing Leslie an, in ihrer Handtasche zu kramen und fand ihn Gott sei Dank in ihrem Portemonnaie. Erleichtert hielt sie ihn den Beamten unter die Nase. Himmel, was hätte sie getan, wenn sie den vergessen hätte? Sich auf dem nächsten Revier wiedergefunden, vermutlich.
    Die beiden Männer, der eine groß und ziemlich dick, der andere klein und schlaksig, schienen sich nicht im Geringsten für Leslie zu interessieren. Sie warfen lediglich einen flüchtigen Blick auf ihren Ausweis, dann nahmen sie Raffaellos unter die Lupe. Sie redeten irgendetwas auf Italienisch und Leslie bemerkte mit Entsetzen, dass sie Raffaello dabei mit sehr scharfen Blicken bedachten. Aber der stand nur cool da, die Hände in den Hosentaschen und die Sonnenbrille auf der Nase – doch die zog er ab, als einer der beiden Polizisten ihn dazu aufforderte. Ein seltsames Blitzen erschien in den Augen des Mannes und wieder wechselten die beiden einige aufgeregte Worte, dann richtete sich einer der beiden, der Dicke, an Raffaello. Leslie verstand kein Wort von dem, was sie da sprachen, doch sie hörte Unbehagen, Wut und irgendeine herablassende Mischung aus Spott und einem zuckersüßen Lächeln aus Raffaellos Stimme heraus. Es schien ganz so, als wolle er die beiden Beamten provozieren. Warum zur Hölle tat er das?!
    „Setz’ dich wieder ins Auto, Leslie“, sagte er kurz auf Englisch – und sie gehorchte, erleichtert, dass sie scheinbar nicht weiter von Interesse war. Die Polizisten fotografierten das Nummernschild des Maseratis, unterhielten sich noch kurz, und nachdem einer der beiden irgendetwas in sein Notizbuch geschrieben, und der andere etwas in sein Funkgerät genuschelt hatte, erlaubten sie Raffaello endlich weiterzufahren. Leslie atmete auf.
    Nach der Kontrolle fuhr Raffaello nicht mehr ganz so schnell, bis sie um die nächste Kurve bogen – dann gab er wieder Gas. Die Musik hatte er ausgeschaltet. Verbissen starrte er auf die Straße. Die Knöchel an seinen Fingern färbten sich weiß. Beinahe sah es aus, als wolle er das Lenkrad erwürgen.
    „Was … war das eben?“, fragte Leslie schließlich. Raffaello holte scharf Luft.
    „Die kontrollieren hier auf der Strecke ziemlich oft Hunderte von Autos“, sagte er. „Außerdem war ich viel zu schnell, wie du sicher bemerkt hast.“ Irgendwie konnte sich Leslie nicht vorstellen, dass ihm die Summe eines Strafzettels derart die Laune verderben würde.
    „Warum werden denn so viele Kontrollen durchgeführt?“, fragte sie.
    „Wegen der … Cosa Nostra . Oder der ‚Mafia‘, wie sie international bekannt ist“, erwiderte er, fast spöttisch.
    „Ah ja …“, machte Leslie. „Gibt es denn hier so viele von … denen?“ Er lachte amüsiert auf.
    „Leslie“, sagte er, „du wärst überrascht, wo du sie überall antreffen könntest.“ Sie schluckte. Und dachte an Annes Zeitungsartikel.
    „Stimmt es denn?“, fragte sie.
    „Was?“
    „Na, diese ganzen Mafiageschichten. Die Morde, die Geldwäsche und so …?“ Seine Finger schlossen sich noch fester

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