Zwischen Olivenhainen (German Edition)
nett. Sie war also nur „Kram“? Nun, dann war er es mit Sicherheit auch. Mario lächelte Leslie freundlich zu.
„Wenn du willst, gebe ich dir das Rezept“, bot er an, doch sie schüttelte den Kopf.
„Nicht nötig.“
„Sicher?“
„Ja.“
Nach der Pizza tischte Mario ihnen einen seltsamen Nachtisch auf, den Leslie nicht kannte. Irgendetwas Puddingartiges, nur viel cremiger. Es widerstrebte ihr, das Zeug zu essen, aber aus Höflichkeit tat sie es doch. Sie hatte Mario jede Einzelheit ihres Wiedersehens mit Raffaello auf der Straße erzählen müssen und das Gefühl gehabt, dass auch Raffaello nicht sonderlich erfreut über die Neugier seines Freundes war. Jedenfalls hatte er die ganze Zeit über mit ausdruckslosem Gesicht auf seinem Stuhl gesessen.
„Ich komme gleich wieder“, entschuldigte sich Mario nach einer Weile, stand auf und verschwand in der riesigen Küche. Leslie konnte Raffaello praktisch aufatmen hören.
„Glaub ihm kein Wort“, raunte er ihr zu. Sie grinste.
„Schon gut, ich weiß, dass du nicht heulst. Du ziehst lieber deine Sonnenbrille auf. Aber vergessen wir den ‚vergangenen Kram‘ “, fügte sie etwas kühler hinzu. Raffaello erwiderte nichts. Eine ganze Weile lang starrte er nur gequält vor sich auf den Tisch. Beinahe war er ihr fremd. So kannte sie ihn gar nicht. Wo waren sein alt bekanntes Pokerface und die lockeren Sprüche geblieben?
„Krieg ich deine Handynummer?“, fragte er irgendwann in die Stille hinein.
„Was?!“ Er sah sie eindringlich an. Mach schon, schien sein Blick zu sagen, mach schon, bevor Mario wieder kommt. Aber warum hatte er sie nicht vorher gefragt? In der Küche hörte Leslie Töpfe klappern, Mario würde tatsächlich bald wieder zurückkommen.
„Okay …“, murmelte sie noch immer ein wenig überrascht und nannte ihm ihre Nummer, die er gleich blitzschnell in sein Handy eingab. Er lächelte.
„ Grazie “, sagte er leise und ließ das teure Ding wieder in seiner Hosentasche verschwinden. Dann kam Mario zurück. Er blickte von Raffaello zu Leslie und wieder zurück, ganz so, als habe er jedes Wort genau mit angehört.
„Seht ihr euch wieder?“, fragte er, als er sich setzte und eine Schale mit Obst auf den Tisch stellte, die allerdings niemand von ihnen anrührte. Raffaello antwortete nicht.
„Nein“, sagte Leslie schnell und zog sich einen seltsamen Blick von Raffaello zu.
„Schade“, sagte Mario, aber er sah nicht so aus, als glaubte er ihr. Sie glaubte es ja selbst nicht. Zumindest ein Teil von ihr. Und dieser Teil schaute eindeutig zu oft zu Raffaello hinüber. Das beunruhigte sie extrem. Das angespannte Schweigen schien beinahe unerträglich, als Marios Telefon klingelte.
„ Scusi “, sagte er und verschwand um die Ecke in die Diele, um abzunehmen.
„Raffaello?“, rief er keine Sekunde später. „Für dich!“ Raffaello verzog das Gesicht, lächelte Leslie entschuldigend zu, stand auf und schlenderte dann langsam zu Mario. Wenig später war Mario zu Leslie zurückgekommen, die nervös auf ihrem Stuhl saß und mit ihren Haaren spielte. Dann hörte sie Raffaello fluchen. Ziemlich laut. Mario kräuselte die Lippen.
„Autsch“, machte er. Scheinbar war es ein recht übles Schimpfwort gewesen. Raffaello sprach auf Italienisch, leise und eindringlich, aber Leslie konnte ihm anhören, dass er angespannt war. Vielleicht sogar besorgt. Kurze Zeit später erschien er im Türrahmen, seine Miene verriet nicht das Geringste. Da war es wieder, das Pokerface, nach dem sie vorhin so verwundert gesucht hatte. Er sagte etwas auf Italienisch zu Mario, der daraufhin schlagartig todernst wurde. So kannte Leslie ihn gar nicht. Beide wirkten mit einem Mal schrecklich fremd auf sie. Was zum Teufel hatte der Typ am Telefon gesagt? Und warum rief er Mario an, um Raffaello zu sprechen? Mit ernster Miene wandte sich Raffaello nun an Leslie.
„Leslie“, sagte er, „ich will nicht, dass du wieder sauer auf mich bist, aber … ich muss weg. Das eben war wichtig, irgendwas läuft im Unternehmen nicht so, wie es sollte und da muss ich hin.“ Irgendwie hatte sie so etwas erwartet. Jedenfalls überraschte es sie nicht. Sie verspürte nur eine große Portion Enttäuschung. Sie antwortete nicht gleich.
„Es tut mir wirklich leid“, sagte Raffaello, „aber es ist –“.
„Sehr wichtig“, unterbrach Leslie ihn. „Schon verstanden. Dann mach dich mal an die Arbeit.“
„Du bist sauer“, sagte er trocken. Aber sie schüttelte den
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