Zwischen Olivenhainen (German Edition)
zischte er. „Willst du mich erschießen?! Das Ding ist geladen!“ Er legte den Zeigefinger auf den Abzugshahn, dann sicherte er die Waffe. Klick. Leslie musste an Francesco denken. Dieses ‚Klick‘ würde sie nie im Leben vergessen. Und sie würde so ein Ding niemals gebrauchen. Nie. Da konnte er sich auf den Kopf stellen.
„Siehst du, so geht das“, sagte er und hielt Leslie das gesicherte Mordgerät wieder entgegen.
„Ich nehme das nicht“, sagte sie entschlossen. „Ich bringe niemanden um!“ Raffaello verdrehte verzweifelt die Augen, nahm ihre Hand und legte die Pistole einfach hinein. Unwillkürlich schloss Leslie die Finger darum.
„Das sollst du auch gar nicht“, sagte er und musterte sie eindringlich. „Sie dient dir zur Verteidigung.“
„Wegen der Killer, die hinter mir her sind?“, fragte sie trocken. „Glaubst du, die sind uns bis hierher gefolgt?“
„Ich weiß es nicht.“
„Sehr beruhigend.“
„Theoretisch könnten sie überall sein. Jeder, der auf der Straße unterwegs ist, könnte es sein“, sagte Raffaello. Leslie schluckte. Und schauderte. „Du meinst, … die erschießen mich? Einfach so? Auf offener Straße vor tausenden Zeugen?“ Der Ausdruck auf seinem Gesicht sagte alles.
„Oh Shit …“, murmelte Leslie kläglich. „ich will nicht sterben!“
„Wirst du nicht.“
„Aber vielleicht erschieße ich mich aus Versehen selbst mit dem Ding?!“, jammerte sie und wollte ihm die Waffe wieder in die Hand drücken, aber er nahm sie an beiden Schultern und blickte ihr fest in die Augen.
„Leslie, sie ist gesichert. Versenke sie in deiner Handtasche, wenn du willst. Ich verlange nicht, dass du sie im Ausschnitt versteckst oder so, nur, hab’ sie dabei!“ Kläglich sah sie zu ihm auf.
„Aber –“
„Tu es mir zuliebe“, sagte er leise. Entrüstet stieß Leslie die Luft aus.
„Du bist so –“. Aber er legte ihr einfach einen Finger auf die Lippen und brachte sie zum Schweigen.
„Bis nachher“, sagte er, hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen und verschwand um die Ecke. Leslie stand da, die Pistole in der rechten Hand, und blickte ihm empört nach. Er hatte es schon wieder getan. Schon wieder! Er hatte sie dazu gebracht, ihm zu vertrauen und zu kapitulieren, ohne zu protestieren. Wie zur Hölle schaffte er das immer?
„Mann, Scheiße …“, jammerte sie und blickte auf die Waffe hinunter. Dann holte sie tief Luft, schob die Pistole unter ihre Bluse und huschte so schnell sie konnte zurück zu Serafina, die bereits im Auto saß und auf sie wartete. Hastig ließ Leslie sich auf den Beifahrersitz fallen und zog das Mordgerät unter ihrer Bluse hervor. Sie traute sich nicht, das Teil in ihrer Handtasche zu verstecken.
„Wohin?“, presste sie zwischen den Zähnen hervor. „Ins Handschuhfach?“ Serafina hatte sie die ganze Zeit über amüsiert beobachtet und jetzt lachte sie laut auf.
„Gib mal her“, sagte sie, nahm Leslie die Pistole ab und betrachtete sie genauer. Sie zog eine Augenbraue in die Höhe.
„Schick“, sagte sie anerkennend und reichte sie Leslie wieder. „In deiner Handtasche ist sie gut aufgehoben, denke ich.“ So schnell sie konnte, versenkte Leslie das Ding zwischen ihrem iPod, dem Handy und einem Foto von ihrem kleinen Bruder, dann hob sie hastig den Kopf und blickte sich um. Niemand war zu sehen auf dem großen Innenhof, Raffaello war längst verschwunden. Außer Roberto und Lorenzo, die oben auf der Marmortreppe standen und sich unterhielten. Großer Gott, hatten sie die Waffe bemerkt? So leichtsinnig, wie Serafina das Teil durch die Luft geschwenkt hatte, mit Sicherheit. Und dann kam Leslie der Gedanke, dass das vielleicht ganz normal war für Serafina. Ebenso für Roberto und Lorenzo, den Auftragskiller, von dem sie noch nicht einmal wusste, ob er es tatsächlich war. Ganz gewöhnlich, versuchte sie sich einzureden, es ist nichts Außergewöhnliches, eine Waffe mit sich herumzuschleppen. Jedenfalls hier nicht. In dieser Gesellschaft. Ach du großer Gott!
„ Va bene , dann mal los“, sagte Serafina und startete den Motor. Leslie konnte sich erst entspannen und etwas von ihrem Schock erholen, als sie sich kilometerweit von dem protzigen Palazzo entfernt hatten und auf einer völlig leeren Landstraße dahinsausten.
„Hat er dir denn wenigstens gezeigt, wie man damit umgeht?“, fragte Serafina, als sie eine Stunde später in einem kleinen Straßenkaffee saßen und einen Espresso schlürften.
„Hm … nicht so
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