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Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Titel: Zwischen Olivenhainen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Wirthl
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Cantuccini gegessen habe, ist es ganz o. k.“ Er grinste spitzbübisch, dann griff er in seinen Gürtel und schob ihr gleich darauf etwas über den Tisch zu. Die kleine, silberne Pistole, die er ihr in Kalabrien gegeben – und wieder abgenommen hatte.
    „Hatte ich vergessen dir zu geben“, sagte er und lächelte schief. „Ich denke, ich werde es dir richtig beibringen.“ Leslie starrte ihn nur an. Dann auf die Pistole. Sie schüttelte den Kopf.
    „Nein“, sagte sie, „ich fasse das Teil nicht noch mal an!“ Raffaello schloss für Sekunden die Augen.
    „Leslie, bitte –“
    „Vergiss es! Glaubst du, nach meinem Missgeschick letztes Mal versuche ich es noch mal?!“ Er nickte ernst.
    „Ich bringe es dir bei –“
    „Aber du bringst mich aus der Fassung!“ Ups. Jetzt war es gesagt. Sie biss sich auf die Unterlippe und lugte vorsichtig hinter ihren langen Haaren zu ihm hoch. Ein schelmisches Grinsen stahl sich auf sein Gesicht, seine tiefbraunen Augen blitzten auf.
    „Tue ich das …?“, fragte er genüsslich. „Ist ja nett zu hören.“
    „Pfffft“, entgegnete Leslie bloß, schaute ihm nicht in die Augen und kaute weiter auf ihrem Toast herum.
    „Lass uns gleich nach dem Frühstück üben“, sagte Raffaello dann und Leslie hätte wetten können, dass er selbstzufrieden bis über beide Ohren grinste, aber sie widerstand dem Drang, zu ihm hinzusehen.
    Zwischen den uralten Olivenbäumen war es angenehm schattig, doch über dem dichten, trockenen Gras stand die Luft. Schwüle Hitze stieg vom Boden auf. Raffaello schlenderte lässig neben Leslie her, in einer Hand seine Pistole, in der anderen Leslies. Er sah zum Fürchten aus mit den Dingern. Wie ein Auftragskiller. Licht und Schatten huschten abwechselnd über sein ebenmäßiges Gesicht und beinahe wäre Leslie stehen geblieben, um ihn einfach nur zu betrachten, aber sie riss sich zusammen und lief ihm nach, immer tiefer hinein in den Olivenhain. Die knorrigen Äste waren mittlerweile so dicht geworden, dass einige sich in ihrem Kleid verfingen oder ihre Schultern streiften.
    Schließlich blieb Raffaello stehen und drehte sich zu ihr um. Hinter ihm konnte Leslie in einiger Entfernung einen dicken, alten Baumstamm sehen, der vollkommen durchlöchert war. Wahrscheinlich von früheren Schießübungen.
    „Das hier müsste reichen“, sagte er. „Die nächsten Nachbarn wohnen zwar acht Kilometer entfernt, aber so einen Pistolenschuss hört man hier auf dem flachen Land meilenweit, wenn man keinen Schalldämpfer benutzt.“ Dann trat er auf sie zu.
    „Dann will ich dich mal aus der Fassung bringen“, sagte er und grinste. „Mach es einfach genauso, wie ich es dir in Kalabrien gezeigt habe, ja?“ Leslie schnaubte verächtlich durch die Nase, zögerte einen Moment, doch dann nahm sie ihre Pistole, die Raffaello ihr entgegenhielt, begutachtete sie kurz hin und hergerissen – dann zielte sie auf den dicken Baumstamm.
    „Leslie, vorsichtig, nicht zu –“ setzte Raffaello warnend an, doch da hatte sie schon abgedrückt. Der Schuss war gründlich danebengegangen. Eigentlich hatte sie den Stamm treffen wollen, aber die Kugel war pfeifend weit daran vorbeigesaust und irgendwo in der trockenen, harten Erde stecken geblieben. Sie drehte sich zu Raffaello um. Der hob anerkennend eine Augenbraue und grinste schief.
    „Vollkommen daneben“, bemerkte er fröhlich.
    „Ach?“, machte Leslie. „Du hast hier ja auch nirgendwo eine Zielscheibe oder so.“
    „Die hättest du genauso wenig getroffen.“ Unverschämtheit. Sie warf ihm einen bitterbösen Blick zu, hob die Waffe, zielte erneut – doch bevor sie abdrücken konnte, war Raffaello hinter sie getreten. So dicht, dass ihr eine Gänsehaut über den Rücken jagte. Sie versuchte, ruhig zu atmen, während er betont langsam seine rechte Hand über ihren Arm gleiten ließ, bis er ihre Hand erreicht hatte und ihren Griff um die Pistole korrigieren konnte. Die Härchen in ihrem Nacken stellten sich auf, als er sprach.
    „Halte die Pistole mit beiden Händen, wenn du dich dadurch sicherer fühlst.“ Aber ihre Linke ließ sich nicht bewegen – die hatte Raffaello in seine genommen. Sie rührte sich nicht. Achtete nur darauf, ruhig zu atmen. Sie hörte ihn leise lachen.
    „Ich hab’ das Gefühl“, raunte er, „dass du langsam aus der Fassung gerätst.“ Sie konnte sein Grinsen praktisch spüren.
    „Nein“, log sie, „noch lange nicht! Lass mich jetzt schie–“. Seine Lippen berührten ihren

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