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Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Titel: Zwischen Olivenhainen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Wirthl
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Armen in der Luft herumruderte und schließlich nach hinten kippte. Unsanft landete sie im hohen Gras auf dem Hinterteil. Ein ersticktes „Au …“ entwich ihr, dann ließ sie sich rückwärts ins Gras fallen und suchte mit den Augen den Baum nach Raffaello ab. Der saß noch oben auf dem Baum und blickte zu ihr hinunter, erst erschrocken, doch als er sah, dass es ihr gut ging, breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus – und dann lachte er sich kaputt. Bis Leslie zähneknirschend aufstand, ihn an den teuren Lackschuhen packte und ihn geradewegs zu sich herunter zog. Mit einem erschrockenen Aufschrei landete er neben ihr im Gras, rieb sich eine Sekunde lang den rechten Arm – an seine Verletzung hätte sie verdammt noch mal denken können – bevor er sich neben ihr auf den Rücken legte, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, und tief ausatmete. Über ihnen lugte der gleißend blaue Himmel zwischen den Olivenzweigen hervor.
    „Auf dem Baum war es schöner“, sagte Raffaello irgendwann.
    „Hm“, machte Leslie nur – und schloss die Augen. Mit einem Mal spürte sie, wie müde sie war, schließlich hatte sie seit gestern Nacht kein Auge zugetan. Zu vieles war dazwischengekommen. Antonio. Gosetti. Mario. Und Raffaello. Das Zirpen der Grillen wirkte wunderbar einschläfernd, im Schatten ließen sich die heißen Temperaturen einigermaßen ertragen – und Raffaello lag an ihrer Seite. Mit diesem Gedanken schlief sie tatsächlich einfach so ein. Mitten im hohen Gras unter einem alten, knorrigen Olivenbaum.

48
    Als sie die Augen aufschlug, war Raffaello nicht mehr da. Sie brauchte einen Moment, um sich zu orientieren, ehe sie registrierte, dass es mittlerweile stockfinster geworden war. Nur das helle Licht des Vollmondes streifte die Äste der Olivenbäume und das Gras. Ansonsten war es erschreckend dunkel um sie herum. Unbehaglich setzte Leslie sich auf, strich sich das lange Haar aus dem Gesicht und tastete sich dann langsam an dem alten Baumstamm hinauf, bis sie sicher auf den Füßen stand, ohne mit dem Kopf gegen einen der Äste geprallt zu sein.
    „Raffaello?“, brachte sie leise hervor, doch er antwortete nicht. Natürlich nicht. Er hatte sie ja netterweise schlafen lassen. Aber hätte er sie nicht wenigstens bei Einbruch der Dunkelheit wecken können? So musste sie sich stolpernd und fluchend zwischen den Olivenbäumen entlangtasten, bis sie nach einer gefühlten Ewigkeit den schwach erleuchteten Pool vor sich glitzern sah. Zwei Kerzen flackerten an dessen Rand auf – und dann entdeckte sie Raffaello. Er saß nur in Badehose bekleidet am Pool, die Beine im Wasser versenkt und blickte mit fröhlich blitzenden Augen zu ihr auf. Neben ihm standen zwei Gläser mit irgendeinem Getränk, das Leslie in der Dunkelheit nicht erkennen konnte, und ein riesiger Teller mit einer noch größeren Pizza darauf.
    „Na endlich!“, begrüßte Raffaello sie, als sie bei ihm angekommen war. „Setz dich. Ich verhungere.“ Zögernd ließ sie sich neben ihm nieder, versuchte krampfhaft, nicht allzu offensichtlich auf seinen Oberkörper zu starren, der in dem flackernden Kerzenlicht wirklich hinreißend vorteilhaft aussah, und ließ die Beine in das angenehm kühle Wasser gleiten.
    „Ich hatte vergessen, dass du tief und fest schlafen kannst wie ein Stein“, sagte Raffaello belustigt, stellte den Pizzateller auf seinen Knien ab und reichte Leslie ein riesiges Stück. „Ich dachte, du wachst nach zehn Minuten auf – aber nichts da.“ Er lachte leise und biss von seiner Pizza ab. Nachdem Leslie probiert hatte, hob sie eine Augenbraue.
    „Tiefkühlpizza?“, sagte sie. „Ich dachte, die ist unter deiner Würde?“ Raffaello grinste.
    „Ich hatte nichts anderes da – und weil es mitten in der Nacht ist, wollte ich Mario nicht gerade aus seinen süßen Träumen reißen, um ihn darum zu bitten uns eine Pizza zu backen“, erklärte er mit vollem Mund.
    „Verstehe“, entgegnete sie, zupfte etwas Rucola von ihrem Stück und hielt es ihm hin.
    „Den magst du nicht?!“, entrüstete er sich. „Himmel, das ist doch gerade das Beste! Na, dann gib her.“ Damit nahm er ihr das ekelhafte Grünzeug aus der Hand und schob es sich genüsslich in den Mund. „Was hältst du von ein wenig schwimmen?“, fragte er dann und sie meinte, irgendetwas in seinen dunklen Augen schalkhaft aufblitzen zu sehen – aber da hatte er sich sein Stück Pizza auch schon zwischen die Zähne geklemmt und war ins Wasser gesprungen.

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