Zwischen Olivenhainen (German Edition)
nach Palermo zu bringen, aber dann habe ich mir gedacht, dass du vielleicht auch gerne mal eine andere Gegend sehen würdest. Außerdem ist die Bucht wirklich umwerfend.“
Das war ganz nett, fand Leslie, dass er sich das überlegt hatte und sie fühlte sich fast ein wenig geschmeichelt.
„Wie sieht es da aus?“, fragte sie aufgeregt.
„Wie in der Karibik“, sagte er fast stolz grinsend.
Eine Weile fuhren sie schweigend weiter. Der schwarze Maserati schoss über die Straße wie einer der Schatten, die sich langsam unter der Sonne ausstreckten. Felsiges, trockenes Gebiet umgab sie, aber es war recht grün. Am Rande der Autobahn wuchsen einige dürre Sträucher und ab und zu kamen sie an einem einsamen Gehöft oder einem kleinen Dorf vorbei. Zu ihrer Linken erstreckte sich das Meer, das glitzernd in alle Farben des morgendlichen Himmels getaucht war.
Die Sonne stieg immer höher und Leslie bemerkte, dass es vollkommen windstill war. Keine einzige Welle kräuselte die Oberfläche der See. Hier und da tuckerten einige frühe Fischer auf ihren Kuttern herum, aber der Rest der Inselbewohner schien noch zu schlafen oder gerade erst dabei zu sein zu erwachen.
‚ I hope I’m old before I die ‘, sang Robbie Williams ihnen ununterbrochen ins Ohr. Scheinbar hatte Raffaello eine CD gebrannt und den Song gleich tausendmal darauf gespeichert, um nicht immer wieder zurückspulen zu müssen. Leslie blickte zu ihm herüber. Er hatte seine Sonnenbrille aufgesetzt und bewegte die Lippen lautlos zum Text mit. Er konnte ihn offenbar auswendig.
„Du magst den Song, oder?“, fragte sie ihn.
Er nickte.
„Ich bin auch Robbie-Fan“, sagte sie und fragte sich im selben Moment, ob ihn das überhaupt interessierte. Aber es würde einen besseren Eindruck machen, sich mit ihm zu unterhalten, als nur stumm neben ihm zu sitzen. Aber er antwortete auch darauf nicht und mit einem Mal hatte Leslie das Gefühl, dass er mit den Gedanken ganz woanders war. Sehr freundlich.
„Gosetti heißt übrigens wirklich Matteo mit Vornamen“, sagte sie schließlich und plötzlich regten sich seine Gesichtszüge wieder. Sie hatte es geschafft. Was ihm allerdings an Mr. Gosetti so wichtig erschien, war ihr schleierhaft.
„Tatsächlich?“, entgegnete Raffaello scheinbar desinteressiert, aber Leslie bemerkte die leichte Unruhe in seiner klaren Stimme.
„Ja“, sagte sie nur. Wenn ihn das Thema so brennend interessierte, sollte er jetzt anfangen, Fragen zu stellen.
„Er ist mit seiner Familie von Italien nach Schottland gezogen, wusstest du das?“, sagte er plötzlich. Das war Leslie neu. Sehr neu. Sie schüttelte den Kopf.
„Woher weißt du das?“, entgegnete sie. Was zum Teufel hatte Raffaello mit Gosetti zu tun? Es wurde Zeit, dass sie ihn danach fragte. Immerhin hatte sie von Gosetti schon einige mehr oder weniger hilfreiche Antworten bekommen.
„Ist dein Vater bei Gosettis Versicherung?“, fragte sie. „Kennt ihr euch daher?“ Raffaello lachte trocken auf.
„Versicherungen“, sagte er verächtlich. „Naja, nicht direkt …“
„Aber dein Vater ist Politiker?“ Ein grimmiger Ausdruck trat plötzlich auf sein Gesicht.
„Nein“, sagte er knapp.
„Nein? Mr. Gosetti hat das erzählt …“
Da machte das Auto plötzlich einen Schlenker auf die gegenüberliegende Fahrbahn, als Raffaello sie entsetzt ansah. Wut lag in seinem Blick – zumindest soviel sie unter den schwarz getönten Gläsern seiner Sonnenbrille erkennen konnte. Zu Tode erschrocken klammerte sich Leslie am Sitz fest und rutschte tiefer hinein, bevor Raffaello, scheinbar nach einigen Sekunden ebenso erschrocken, das Lenkrad wieder herumriss und auf ihre Fahrbahn zusteuerte.
„Hast du einen Führerschein?“, fragte sie kleinlaut. Er blickte verbissen auf die Straße. Irgendwie hatte sie sich ihr Date anders vorgestellt.
„ Sì .“, sagte er.
„Aber du bist doch noch gar nicht achtzehn!“
„Das spielt keine Rolle für uns.“
„Uns?“
„Ach, vergiss es“, sagte er schroff und dann, nachdem er eine Weile betroffen geschwiegen und Leslie gerade beschlossen hatte, dass sie von nun an schmollen würde: „Was hat Gosetti denn noch so alles über mich erzählt?“ Fast klang er lauernd und Leslie begann, sich unwohl zu fühlen.
„Er hat uns wohl gesehen, als wir uns unterhalten haben“, sagte sie, nicht sicher, ob sie noch beleidigt sein wollte.
„Allerdings …“, knurrte Raffaello. „Was hat er dich gefragt? Hat er dir mehr über mich
Weitere Kostenlose Bücher