Zwischen Olivenhainen (German Edition)
erzählt?“
Leslie zögerte. „Hast du etwas gegen ihn?“
„ Merda , Leslie, beantworte doch bitte erst meine Frage!“
‚ Merda ‘ hieß ‚Scheiße‘, so viel war ihr inzwischen auch klar. Wie nett. Sie holte tief Luft um sich zu beruhigen.
„Er hat nur gesagt, dass dein Vater in der Politik sei und er gelegentlich mit ihm und deiner Familie zu tun hätte. Mehr auch nicht. Kein Grund, gleich so auszurasten, wenn du mich fragst.“
Er schwieg verbissen. „ Scusi .“, sagte er dann und es klang aufrichtig. „Eigentlich hatte ich vor, mir mit dir einen schönen Tag zu machen. Manchmal erfährt man nur Dinge von heute auf morgen, die einen ein wenig aus der Fassung bringen.“
Er lächelte mild. Jetzt schwieg Leslie peinlich berührt. „Mir mit dir einen schönen Tag machen“, hallte es in ihren Gedanken wider und plötzlich schlug ihr Herz höher, auch wenn sie versuchte, es nicht zu beachten.
„Um deine Frage zu beantworten: ja, ich habe den Führerschein schon gemacht, habe ihn nur zu Hause vergessen.“
Entsetzt musterte sie ihn „Du hast ihn also gar nicht dabei?!“
Er zuckte die Schultern und mit einem Mal wirkte er wieder so lässig wie eh und je, nicht mehr so angespannt. Auch seinen Griff um das Steuer hatte er gelockert.
„Nein“, entgegnete er leichthin.
„Und wenn uns die Polizei anhält?“ Immerhin fuhr er viel zu schnell.
„Ach, das krieg ich schon hin, glaub mir, Leslie.“ Ein verschmitztes Lächeln trat auf sein Gesicht und Leslie entspannte sich wieder. Er faszinierte sie immer mehr. Irgendwie. Auf der einen Seite völlig erwachsen, auf der anderen waghalsig und scheinbar leicht aus der Ruhe zu bringen. Sie musste grinsen.
„Was ist so lustig?“, fragte er.
Sie schüttelte den Kopf. „Ich hab’ nur über dich nachgedacht“, sagte sie.
„Ich fühle mich geehrt“, entgegnete er grinsend. „Und zu welchen Entschluss bist du gekommen, wenn ich fragen darf?“
„Dass du faszinierend bist.“ Hätte sie das wirklich sagen sollen? Vielleicht verstand er es völlig falsch. Das Macholächeln erschien auf seinem Gesicht, aber er sagte nichts mehr.
Bestimmt eine Stunde fuhren sie durch die Hitze, allerdings ließ sie sich aufgrund der Klimaanlage relativ gut aushalten. Die Sonne stieg immer höher, der Himmel hatte ein fast unwirklich klares Blau angenommen und die Landschaft um sie herum war wenig abwechslungsreich, aber Leslie starrte trotzdem gebannt aus dem Fenster. Immer häufiger reihten sich Häuser aneinander und auch auf der Straße kamen ihnen bald immer mehr Autos entgegen. Die Straße, auf der sie fuhren, wurde zu einer Landstraße, die ins Dorf hineinführte, sodass Raffaello murrend das Tempo drosseln musste, um keines der Fahrzeuge vor ihnen über den Haufen zu fahren und Leslie schätzte, dass er mehr an seiner Angeberkarre hing, als er zugeben wollte.
„Wir sind gleich da“, sagte Raffaello und sein Fuß wippte ungeduldig auf und ab, da er nicht einfach so das Gaspedal durchtreten konnte. „Falls wir irgendwann nochmal schneller vorankommen“, knurrte er und hupte, aber das half nichts. Der Verkehr war zu dicht, als dass er hätte jedes einzelne Auto überholen können, obwohl Leslie nicht daran zweifelte, dass er das schaffen würde.
Bald tauchten die ersten Häuser am Rand der Straße auf und nach einem halben Kilometer tuckerten sie gemächlich durch die kleine Stadt Tindari.
„Tindari wurde im ersten Jahrhundert nach Christus zum größten Teil von einem Erdrutsch zerstört“, erklärte Raffaello und Leslie fragte sich, ob er den Reiseleiter spielen wollte. „Es gibt hier noch viele antike Bauten der Griechen und Römer mit wunderbaren Mosaikfußböden oder ein Theater, von dem man einen wirklich ausgezeichneten Blick auf die Liparischen Inseln hat.“
„Aha“, machte Leslie nur, denn auf einmal war Raffaello an den Rand der Straße gefahren, von wo aus sie auf das türkisblaue Meer blicken konnten. Und auf die Lagune ‚ Di Oliveri ‘.
Es sah wirklich aus, wie in der Karibik. Weiße Sandbänke, die aus dem Wasser schauten, Wasser so klar wie in der Südsee und Boote, schneeweiße Boote, ach was, Schiffe. Nicht viele, nur vier Stück lagen im flachen Wasser vor Anker, drei davon waren recht klein, aber ganz schön. Das vierte Schiff war riesig. Mindestens 30 Meter lang musste es sein, wenn nicht sogar noch länger. Schneeweiß und blank poliert war es. Es musste verdammt teuer gewesen sein. Und es war dasselbe, das sie schon im
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