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Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Titel: Zwischen Olivenhainen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Wirthl
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verraten?
    „Aha“, machte Anne, „nett, dass du mir das endlich mal sagst.“ Sie knuffte Leslie freundschaftlich in die Seite und beugte sich weiter aus dem Fenster, sodass Leslie schon Angst bekam, sie könne hinausfallen und unten auf der Straße landen.
    „Aber der Name ist schön“, sagte Anne. „Wie diese Pralinen mit den Kokosflocken.“ Sie grinste matt zu Leslie herüber.
    „Ich glaube nicht, dass er nach Kokos schmeckt“, sagte Leslie und musste grinsen.
    „Probier doch mal“, schlug Anne vor und lachte leise.
    Leslie verzog das Gesicht. „Nein danke.“
    Eine starke Windböe wehte ihr das lange Haar aus dem Gesicht und der schwere Vorhang hinter ihnen blähte sich kurz auf. Wie ein samtenes Gespenst legte er sich gleich darauf wieder auf Annes und Leslies Rücken.
    „Bist du traurig, weil du ihn nicht mehr siehst, bevor wir fahren?“, fragte Anne leise.
    Leslie schüttelte den Kopf. „Weiß nicht“, murmelte sie. „Nein, bin ich nicht.“
    „Aber du denkst doch laufend über ihn nach, oder?“, sagte Anne und blickte sie von der Seite her an. Leslie sah hinunter auf die Straße und die Dächer der Autos, die am Rande parkten. Auf dem glänzenden Lack spiegelten sich ganz schwach die Sterne.
    „Nicht direkt über ihn“, sagte sie. „Über das Gespräch mit Gosetti, aber wie gesagt: Ich mache mir zu viele Gedanken.“ Anne legte ihr einen Arm um die Schultern.
    „Vergiss das alles, Leslie“, sagte sie leise. „Lass uns morgen Antonio reinlegen, so wie er es bei dir getan hat, und genieße den vorletzten Tag, den wir noch haben, ja?“ Vielleicht hatte Anne recht. Vielleicht war es wirklich besser, die ganze Sache einfach zu vergessen. Sie würde Raffaello nie wieder sehen, daran bestand kein Zweifel.
    „Er weiß nicht, dass ich in zwei Tagen nach Hause fliege“, sagte sie.
    „Vielleicht ist das besser so“, meinte Anne.
    „Aber mir hat er Bescheid gesagt, dass er nach Rom fährt.“
    „Hör auf, über ihn nachzudenken, Leslie. Ich sag’s dir ja nur ungern, aber ich schätze, du solltest dich damit abfinden, dass es nur ein Ferienflirt war.“ Darüber hatte Leslie schon nachgedacht, wenn auch nicht gerne. Sie nickte.
    „Ich weiß“, murmelte sie leise. „Ist trotzdem Scheiße.“ Im Haus gegenüber erlosch das letzte Licht, das noch brannte. Ein Auto fuhr auf der Straße vorbei, die Musik laut aufgedreht, aber es war rot, nicht schwarz und Leslie schalt sich selbst für ihre dumme Hoffnung.
    „Es ist nie ruhig hier, ist dir das aufgefallen?“, sagte Anne. Leslie lauschte. Sie hörte den sanften Wind und in der Ferne Autos. Hupen. Und das laute Knattern der Vespas, die man in den Straßen von Palermo zu Hunderten sah. Wie eine wild gewordene Schar Insekten hörten sie sich an. Das Dröhnen wurde lauter und im nächsten Augenblick sah Leslie vier Kamikazefahrer auf ihren Vespas vorbei brausen. Dann wurde es wieder ruhiger.
    „Ich würde gerne mal auf so einem Ding fahren“, sagte Anne. Sie ließen das Fenster über Nacht offen, auch wenn es ziemlich warm wurde im Zimmer, aber Leslie mochte den Geruch der Orangenblüten und irgendwie verscheuchte das auch ihre wirren Gedanken.
    Anne hatte ihren Wecker auf halb acht gestellt, weil sie noch joggen gehen wollte und Melissa begleitete sie – allerdings nur zum „Frühshoppen“, wie sie es nannte, weil es am Morgen noch nicht ganz so schrecklich voll war. Leslie brachte die beiden noch bis zum Eingang des Hotels und stahl sich dann in den Speisesaal, um sich eine Banane vom Buffet mit aufs Zimmer zu nehmen. Sie wollte das Risiko, erneut auf Mr. Gosetti zu treffen, nicht noch einmal eingehen und verschwand deshalb so schnell sie konnte auf ihr Zimmer, wo sie sich in aller Ruhe auf das Fensterbrett setzte und die Banane aß. Immer wieder blickte sie auf Annes Wecker, den sie sich vor ihre Knie gestellt hatte. Gegen Mittag tauchten Anne und Melissa wieder auf. Anne verschwand sofort im Bad und Melissa fing an, ihre drei neuen Kleider anzuprobieren, die sie gekauft hatte und ihr – Leslies Meinung nach – ein klein wenig zu eng waren, aber sie sagte lieber nichts. Sie musste sich innerlich auf ihren Auftritt im ‚Conte‘ vorbereiten. Nervös spielte sie mit der Bananenschale, ritzte mit dem Daumennagel ein Gesicht hinein und schrieb ein „L“ daneben. Und ein „R.“ Dann stand sie auf und beförderte die Schale in den Mülleimer.
    Als Anne fertig war, kam sie aus dem Bad, um Leslie das passende Outfit für ihren

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