Zwischen Olivenhainen (German Edition)
Auftritt zusammenzusuchen. Ein schwarzes Top mit der Aufschrift: „ I do what I want “, aber bevor Anne ihr noch den kürzesten Minirock aufschwatzen konnte, den sie besaß, war Leslie so schnell sie konnte in ihre alten Fetzenshorts geschlüpft. Den Rock fand sie unmöglich. Und wenn sie sich recht erinnerte, hatte Anne das Ding auch nie getragen, nachdem sie es unbedingt haben musste. Anne lieh ihr ihre roten Ohrstecker in Herzform und dann musterte sie Leslie zufrieden.
„Jetzt siehst du so aus, als könntest du Antonio getrost das Herz brechen, aber Schuhe mit Absätzen wären nicht schlecht …“ Doch Leslie bestand darauf, ihre schwarzen Sandalen anzuziehen. Sie hasste Schuhe mit Absätzen. Bevor Anne auch noch mit einem knallroten Lippenstift auftauchen konnte, schnappte sich Leslie ihre Tasche und setzte die Sonnenbrille auf – und fühlte sich fast ein bisschen wie Raffaello. Irgendwie selbstbewusst. Bereit, es Antonio heimzuzahlen.
Zwanzig Minuten später betrat Leslie allein das ‚Conte‘ . Anne und Melissa wollten die Situation von draußen beobachten und sich dann ganz zufällig zu Leslie an den Tisch gesellen. Antonio war nicht da. Zumindest konnte sie ihn nicht sehen, nur der alte Mann mit dem Bierbauch stand hinter dem Tresen und sofort, als Leslie das Café betrat, drehte er sich um und brüllte in die Tür, die hinter dem Tresen in den Lagerraum führte: „Antonio! Deine Freundin!“ Dann grinste er Leslie zu, wobei er einige goldene Zähne entblößte, und zog sich mit einer übertriebenen Verbeugung zurück in den Lagerraum. Keine Sekunde später tauchte Antonio im Türrahmen auf und grinste so breit und seine braunen Augen glitzerten so fröhlich, dass es Leslie fast schon wieder leidtat, was sie im Schilde führte.
„Leslie! Schön, dass du da bist“, sagte er und streifte sich seine Schürze über den Kopf. „Möchtest du draußen essen oder hier drin? Welches Eis? Moment, ich hole die Karte!“ Aufgeregt verschwand er wieder hinter dem Tresen und kramte dahinter herum. Leslie trat langsam auf einen der Tische in der Nähe der Tür zu und setzte sich, tat fast gelangweilt und schob sich die Sonnenbrille ins Haar. Lässig lehnte sie sich zurück und schielte aus den Augenwinkeln nach draußen. Anne und Melissa lehnten an der Hauswand auf der anderen Straßenseite und Melissa konnte es nicht lassen, Leslie zuzuwinken. Sie winkte nicht zurück. Antonio erschien mit drei verschiedenen Karten und setzte sich zu ihr an den Tisch.
„Ich hab’s gewusst“, sagte er grinsend.
„Was?“, entgegnete Leslie und schlug einer der Karten auf.
„Dass du herkommst.“
„Aha“, machte Leslie. Sie nahm sich die Sonnenbrille aus dem Haar und steckte sie sich ans T-Shirt. Das war das Zeichen. In wenigen Minuten würden Anne und Melissa die Tür hereinspazieren.
„Ich nehme ein Joghurteis“, sagte Leslie. Sie würde es nicht essen. Natürlich nicht. Sie mochte kein Eis, aber hauptsächlich war es das fiese Unterbewusstsein, das noch immer mit dem Thema Essen haderte. „Können wir uns eins teilen?“, fragte sie und lächelte zuckersüß zu Antonio herüber.
„ Sì , Leslie, natürlich!“, entgegnete er freudestrahlend. „Ich bring nur schnell die Karte weg und hole unser Eis.“ Damit verschwand er im Lagerraum und gleich darauf hörte Leslie das Läuten des Windspiels über der Tür. Anne und Melissa kamen auf sie zu und grinsten.
„Leslie! Wir wussten gar nicht, dass du hier bist! Was für ein Zufall!“, rief Anne laut genug, dass Antonio sie hören konnte.
„Hi Anne, hi Meli“, sagte Leslie. „Setzt euch doch, Antonio kommt auch gleich.“ In der Tat kam Antonio gleich. Eine Sekunde später spurtete er hinter dem Tresen hervor, auf dem Gesicht einen verwirrten Ausdruck und Leslie fühlte sich mit einem Mal richtig gemein. Es war auch nicht richtig, was sie hier tat. Das war ihr nur allzu klar. Und dass es alles zu gestellt und eingeübt wirkte und dass Antonio gleich dahinter gekommen war. Mist, dachte sie, aber dann blickte sie trotzig zu Antonio auf, als dieser mit ihrem Joghurtbecher vor ihnen auftauchte.
„Dein Eis, Leslie“, sagte er und stellte es vor ihr auf den Tisch. „Was möchten deine Freundinnen?“ Anne und Melissa bestellten sich Spaghettieis. Leslie rührte ihres nicht an. Allein schon aus Schuldgefühlen. Shit , was hatte sie nur angerichtet? Möglich, dass sie Antonio wirklich verletzt hatte, stärker, als sie annahm? Es war kindisch von ihr
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